Mittwoch, 11. Dezember 2024

Wie Ingelore Weihnachten fand

 2018

 




 

Wie Ingelore Weihnachten fand



ihr wundert euch sicher warum ich alle Einträge der letzten sechs Jahre gelöscht habe. Aber es ist mir etwas schlimmes passiert im Internet und hat mich viel Geld und Nerven gekostet, aber es ist vorbei. Schwamm drüber!
Eine alte Frau hat einmal zu mir gesagt: Es gibt nichts schlechtes in dem auch etwas Gutes steckt.
Und das stimmt!
Wieder einmal habe ich bemerkt wieviel Menschen mich mögen und schätzen.
Und Liebe und Freundschaft kann man sich nicht kaufen.
Da ich weiß wie gerne ihr meine Geschichten lest, werde ich von vorne anfangen und erst mal die alten Geschichten im neuen Gewand bringen und dabei aufpassen, dass ich die Fallstricke des Internets umgehe.

Weihnachten ist ja meine liebste Zeit und bedeutet auch Hoffnung und Liebe.
Lasst euch mit meinen Geschichte ein Licht anzünden und den grauen Alltag erhellen.In diesem Blog werden nur Bilder von mir, meiner Tochter und ihrem Freund und einigen meiner sehr guten Freunde verwendet!
Weihnachten liegt in der Luft und ich möchte euch auf diese wunderbare Zeit schon ein bisschen einstimmen.

 

Wie Ingelore Weihnachten fand


Es ist eine kalte Septembernacht.
Die Sterne funkeln und der Mond scheint auf die kleine Hütte am Rande des Dorfes.
Oben am Dachfenster steht ein kleines Mädchen und schaut in den sternenklaren Himmel.
Es ist die neunjährige Ingelore.
Wegen der Kälte hat sie sich eine Decke um die Schultern gelegt und hält sie zitternd vorne zusammen.
Traurig denkt sie, ob ihre Mutter wohl im Himmel war?
Pfarrer Broderich hatte gesagt: „Sünder kamen nicht in den Himmel!“
Und ihre Mutter war ja wohl eine Sünderin.
„Flittchen, Hure!“ hatten die Leute im Dorf sie bezeichnet und dass sie, Ingelore ein Bastard sei, weil niemand wusste, wer ihr Vater war.
Vor vier Jahren hatte ihre Mutter sie zur Oma gebracht und war wenig später mit Lutz ihrem damaligen Freund tödlich verunglückt.
Ingelore konnte sich noch genau daran erinnern.
Fünf Jahre alt war sie gewesen, als sie eines Nachts erwachte und ihre Mutter nebenan weinen hörte.
„Das kann ich nicht, sie ist doch mein Kind!“
„Nun, überlege es dir, sie oder ich, ich habe keine Lust das Gör nach Amerika mit zu nehmen“
die Stimme von Lutz klang unerbittlich.
„Aber wohin soll ich sie denn bringen,“ rief ihre Mutter schluchzend.
„Gib sie meinetwegen in ein Heim, oder vergiss sie einfach im Supermarkt!“
Ingelore hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. Wie sehr sie den Freund ihrer Mutter doch hasste.
Eine Weile war es still im Nebenzimmer, dann hörte sie Mama mit stockender Stimme sagen:
„Meine Mutter lebt in einem Dorf bei Heidelberg, vielleicht kann ich sie zu ihr bringen?“
„Gut, morgen fahren wir hin, ja eher wir das Gör los sind, umso besser. Aber nun komm, sei lieb zu mir, gib mir einen Kuss!“
Ingelore aber vergrub ihr Gesicht im Kissen, damit niemand ihr Schluchzen hörte.
Sie zitterte am ganzen Körper vor Angst und fühlte sich so allein und einsam.
Wenn es auch nicht immer schön war bei Mama, besonders wenn sie mal wieder einen neuen Freund hatte, so war das doch ihr zuhause, in dem sie sich geborgen fühlte.
Und nun sollte sie weg, für immer, zu einer Oma, von der sie bisher noch nie gehört hatte.
Irgendwann war das Mädchen dann eingeschlafen.
Ihre Mutter hatte rotgeweinte Augen, als sie am nächsten Morgen in ihr Zimmer kam und während sie ihren Koffer packte, erzählte sie etwas hektisch von der Oma, zu der Ingelore für einige Zeit gehen sollte.
Ingelore ließ alles schweigend über sich ergehen. Seit Lutz bei ihnen wohnte schwieg sie sowieso meistens, denn Lutz konnte sehr böse werden, wenn ihm etwas nicht passte.
Still saß sie auch auf dem Rücksitz des Autos und blickte durch das Seitenfenster auf die vorbei fliegende Landschaft.
Sie fuhren durch ein Dorf und hielten vor einem kleinen Häuschen.
„Beeil dich,“ rief Lutz ihnen nach, als sie das
Gartentor öffneten und den Kiesweg entlang auf das Haus zugingen.
Rechts war eine Ziege an einen Pfahl angebunden und meckerte sie an.
Einige Hühner flohen flügelschlagend vor ihnen und eine getigerte Katze saß auf der Fensterbank und blickte ihnen gelangweilt entgegen.
Mama klopfte an die Tür.
Schlurfende Schritte waren zu hören und die Tür öffnete sich einen Spalt.
„Hallo Mama.“
Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete die alte Frau ihre Tochter.
„Lange nicht gesehen, was willst du?“
„Ich wollte dir deine Enkelin Ingelore vorstellen:“
Die Alte warf einen kurzen Blick auf das Kind und bellte unfreundlich.
„Nun, ich habe sie gesehen, du kannst wieder gehen.“
Die Tür fiel ins Schloss.
Die Mama führte Ingelore auf die Bank neben der Tür, stellte den Koffer daneben und sagte:
„Warte hier bis die Oma wieder heraus kommt, sie wird sich um dich kümmern. Leb` wohl!“
Sie umarmte sie flüchtig und lief davon.
Der Motor heulte auf und das Auto fuhr weg.
Still saß Ingelore, mit brav gefalteten Händen auf der Bank.
Stundenlang!
Eine getigerte Katze setzte sich neben sie, als wollte sie sie beschützen.
Als es dämmerte kam die alte Frau aus dem Haus einen Blecheimer in der Hand.
Sie stutzte, als sie das Kind sah, sah sich kopfschüttelnd um, murmelte etwas vor sich hin und
raunzte, „komm rein!“
Das war vor vier Jahren und seitdem ist Ingelore nun bei ihrer Oma.
„Miauuuu“, Minka, die getigerte Katze balanciert geschmeidig über die Dachtraufe und springt dann neben ihr ins Zimmer.
Sie streckt sich, macht einen Buckel und streicht schmeichelnd um die Beine des Mädchens.
Als sich dieses bückt und sie streichelt, schnurrt sie laut.
Minka hat sie als einzige willkommen geheißen und ihr Freundschaft geschenkt und seitdem fühlt Ingelore sich nicht mehr allein.

Bald liegen die beiden eng aneinander geschmiegt im Bett und schlafen tief und fest.

Am nächsten Morgen, nachdem Ingelore sich im Waschhaus mit dem eiskalten Wasser gewaschen hat, eilt sie in die Küche und kniet sich vor den Ofen, um Feuer zu machen, wie es ihre Aufgabe ist.
Ihre Oma kommt mit dem Eimer Milch aus dem Ziegenstall und gießt einen Teil davon in den Topf und schiebt ihn auf den Ofen.
Ingelore hat inzwischen zwei Scheiben Brot von dem großen Laib geschnitten und zusammen mit Butter und Marmelade auf den Tisch gelegt.
Frau Benken schüttet die heiße Milch in zwei dicke Tassen und stellt eine davon vor ihre Enkelin.
Die erste Zeit hat Ingelore sich vor der Ziegenmilch geekelt, aber mittlerweile hat sie sich an den seltsamen Geschmack gewöhnt.
Das Frühstück wird wie immer schweigend eingenommen.
Ingelore stört es nicht, so kann sie ihren Gedanken nachhängen. Heute war der erste Schultag nach den großen Ferien und sie würden eine neue Lehrerin bekommen. Die Tochter vom Apotheker Naumann, der letztes Jahr gestorben war.
Deshalb hatte seine Tochter die Lehrerstelle hier in ihrem Heimatdorf angenommen, um bei ihrer Mutter zu sein.
Wie sie wohl war die neue Lehrerin.
Ingelore war froh, dass Fräulein Hartleitner in Pension gegangen war,denn diese hatte sie immer härter behandelt als die anderen Kinder und war oft ungerecht zu ihr gewesen und mehr als einmal hatte sie Ingelore vor der ganzen Klasse lächerlich gemacht. Fräulein Naumann erwies sich als sehr freundlich und gerecht.
Zum ersten Mal fühlt Ingelore sich nicht vom Unterricht ausgeschlossen, auch war der Unterricht nicht so langweilig wie bei Fräulein Hartleitner und Ingelore macht es richtig Spaß.
Fräulein Naumann duldet auch nicht, dass die anderen Kinder sie verspotten oder ärgern.
Und als der dicke Karl, der Sohn des Bürgermeisters einmal den langen Zopf von Ingelore in das Tintenfass steckt und ihre Kleider danach voller Tinte sind, wird Fräulein Naumann sehr böse.
Karl muss nachsitzen, bekommt eine saftige Strafarbeit und einen Brief nach Hause.
 
Der Bürgermeister hat sich persönlich bei Ingelore und ihrer Oma entschuldigt und sein Sohn muss die Reinigung von seinem Taschengeld bezahlen.
Seitdem wagt keiner mehr Ingelore zu ärgern und diese verehrt ihre Lehrerin seit diesem Tag.
 
Zum ersten Mal in ihrem Leben ist jemand für sie eingetreten.
Der Sohn des Bürgermeisters war ja immer der erklärte Liebling von Fräulein Hartleitner gewesen und wenn er Ingelore etwas antat, dann wurde immer diese bestraft und nicht der Übeltäter.
Das Mädchen merkt, wie gern sie plötzlich in die Schule geht und wie viel Spaß das Lernen macht. Und ihre Noten verbessern sich rapide.
Am Erntedankfest darf sie beim Binden der Garben helfen und Fräulein Nauman bemerkt, was für geschickte Hände das Mädchen zum Basteln hat und wie kreativ sie doch war.
Auch den anderen Mädchen fällt es auf und wenn sie nicht weiter wissen, dann kommen sie zu Ingelore und diese hilft ihnen gerne.
Und so wird das Mädchen stillschweigend in die Klassengemeinschaft aufgenommen.

Mittlerweile ist es schon November und Andrea Naumann sitzt mit ihrer Mutter im Salon bei einer Tasse Tee.
„Weißt du Mama, diese Ingelore ist schon ein besonderes Mädchen, klug, sehr begabt, kreativ, aber auch sehr verschlossen.“
Frau Naumann sieht sie aus ihren gütigen Augen an.
„Sie hat es nicht leicht die Kleine.
Ihre Mutter hat sie bei der Oma abgeliefert wie ein Paket und die alte Benzen, nun sie ist nicht gerade ein fröhlicher Mensch.“
 Andrea nickt.
„Weißt du, was mir Fräulein Hartleitner erzählt hat?
Letztes Jahr ließ sie die Kinder einen Aufsatz schreiben, über ihre Erlebnisse an Weihnachten.
Und Ingelore hat ein weißes Blatt abgeliefert.
Sie bekam eine Sechs!“
Ihre Mutter nimmt einen vorsichtigen Schluck von dem heißen Tee und sieht versonnen aus dem Fenster.
„Ich bin mit Marga,der Großmutter von Ingelore in die Schule gegangen.
Sie hatte keine schöne Kindheit.
Ihr Vater war ein strenger verschlossener Mann und ihre Mutter eine verhärmte verschüchterte Frau.
Sie haben nie Weihnachten gefeiert.
Ich kann mir vorstellen, dass Marga auch heute noch kein Weihnachten feiert.
Wie soll das Kind also über etwas schreiben, das sie gar nicht kennt.
Letztes Jahr hat man sie gesehen, wie sie am heiligen Abend durch das Dorf stromerte und in die hell erleuchteten Fenster sah.
Manche haben sich erschreckt, als sie plötzlich ein Gesicht auftauchen sahen, doch als sie vor die Tür gingen, war sie wie der Blitz verschwunden.“
Andrea schüttelt traurig den Kopf, doch dann erhellt sich ihr Gesicht.
„Mama, wie wäre es, wenn wir ihr dieses Jahr ein unvergessliches Weihnachten bereiten würden?“
„ Gute Idee! Aber nun möchte ich mich etwas hinlegen, meine Knochen schmerzen heute besonders arg“
Frau Naumann blickt aus dem Fenster.
„Morgen wird es schneien, ich spür`s in den Knochen!“ lacht sie.
Andrea hilft ihr aus dem Sessel und umarmt sie.
„Kleiner Wetterprophet!“
Dann flüstert sie.
„Danke, dass du und Papa mir so eine schöne Kindheit gegeben und mir so viel Liebe geschenkt habt.“
Die beiden Frauen sehen sich lächelnd an.
 Am nächsten Tag liegt wirklich eine dicke Schneedecke über dem Land.
Ingelore schippt den Weg zum Gartentor frei, bevor sie frühstückt.
Dann schnappt sie sich ihre Schultasche und macht sich auf den Weg.
Unterwegs trifft sie ein paar Mitschülerinnen und sie liefern sich eine fröhliche Schneeballschlacht.
Nach dem Unterricht nimmt Fräulein Naumann sie zur Seite und fragt sie, ob sie nicht mit ihr für den Weihnachtsbasar, der am 4. Advent vor der Kirche stattfand, etwas basteln wollte.
Ingelore strahlt, doch dann meint sie zaghaft:
„Ich weiß nicht, ob Oma es erlaubt.“
„Dann frag sie doch einfach. Ich erwarte dich um 15 Uhr.“

Pünktlich um 15 Uhr klingelt es an der Villa Naumann und Gretchen, das Hausmädchen lässt Ingelore ein, führt sie in den Salon, wo Mutter und Tochter Naumann Tee trinken.
Ingelore bekommt einen Kakao und ein Stück Gugelhupf, dann geht Andrea mit ihr ins Arbeitszimmer.
Immer wieder staunt die Lehrerin welch wunderschöne Gebilde unter Ingelores Händen entstehen.
Es klopft leise und Frau Naumann trittt herein,
unter dem Arm trägt sie ein dickes großes Buch.
„Seht einmal, was ich gefunden habe. Andrea, dein Buch mit Weihnachtsgeschichten. Soll ich euch daraus vorlesen?“
Sie setzt sich auf den bequemen Sessel, schiebt die Brille auf die Nase und beginnt mit ihrer weichen angenehmen Stimme zu lesen:

" Die kleine Franziska, kurz Franzi, genannt, kniet auf der Fensterbank und drückt ihre Nase an die Scheibe.
„Mama, es schneit!“ ruft sie glücklich und beobachtet staunend die dicken weißen Flocken die dicht und gleichmäßig vom Himmel fallen.
Bald liegt der Garten vor dem Hochhaus unter einer weißen Decke. Auch der Zaun trägt weiße Häubchen und die kahlen Äste der großen Kastanie sehen aus, als hätte man Puderzucker darüber gestreut.
Friedel, ihre Freundin aus dem Nachbarhaus läuft in den Garten und winkt zu Franzi hoch.
„Mama, darf ich in den Garten zu Friedel hinunter?“
„Ja, aber zieh den Schneeanzug an und vergiss Mütze und Handschuhe nicht.“
„Juchhuuuu!“ Das Mädchen springt von der Fensterbank, rennt in ihr Zimmer, zerrt den Schneeanzug aus dem Schrank und schlüpft hinein.
Die Stiefel stehen im Flur, dann stülpt sie sich noch die Mütze über die blonden Locken und schon knallt die Tür hinter ihr ins Schloss.
Friedel und ihr Bruder Klaus formen gerade eine große Kugel.
„Wir bauen einen Schneemann,“ ruft das Mädchen Franzi zu.
„Juchhuuuu!“ ruft diese und mit Feuereifer stürzt sie sich auf die immer größer werdende Schneekugel und zu dritt wälzen sie diese durch den Garten.
Bald ist sie dick genug und der Bauch des Schneemanns ist fertig.
Eine etwas kleinere Kugel wird der Kopf.
Dann stehen die Drei vor dem weißen Gesellen und sehen sich ihr Werk an.
Der alte Hausmeister, der den Gehweg frei gefegt hat, kommt zu ihnen herüber.
Auf seine Schneeschippe gestützt betrachtet er den Schneemann und nuschelt.
„Toll habt ihr das gemacht, aber da fehlt noch einiges.“
Friedel, die den alten Mann sehr gern hat, schimpft er doch nie mit den Kindern, wenn sie mal zu laut waren, nickt ernsthaft.
„Er hat kein Gesicht!“
Der alte Mann schiebt die Mütze zurück und kratzt sich am Kopf.
„Früher haben wir immer Kohlen für die Augen genommen, aber bei den Zentralheizungen heutzutage, gibt es ja fast keine Kohlen mehr.
Kommt mal mit!“
Er führt die Kinder in den Keller zu dem großen Raum, in dem er sein Werkzeug und all die Dinge, die er als Hausmeister so braucht, untergebracht hat.
Er wühlt in einer Kiste und zieht einen Schraubenzieher heraus, der schon etwas stumpf ist, aber einen dicken roten Griff hat.
„Was meint ihr, ginge der als Nase.“
„Ja!“ rufen die Kinder wie aus einem Mund und der alte Xaver reicht ihn an Klaus weiter.
„Sieh mal, dort drüben steht ein alter Besen, der nur noch wenig Borsten hat, hol ihn mal her.“ meint er zu dem Jungen.
Dann beugt er sich wieder über die Kiste und zieht einen verbeulten Eimer hervor, den er Friedel in die Hand drückt, die ihn sofort mit beiden Armen umschlingt.
„Das wäre der Hut, aber was nehmen wir für die Augen?“
Die Kinder sehen ihn erwartungsvoll an.
Xaver kratzt sich am Kinn, dann lächelt er etwas verlegen, greift in die Hosentasche und zieht zwei Kastanien hervor.
„Die trage ich eigentlich wegen meinem Rheuma mit mir herum, aber bis jetzt haben die mir noch nicht geholfen, da kann ich sie dem Schneemann wohl schenken.“
Er reicht sie Franzi, die sie vorsichtig in der Hand verschließt.
Dann verlassen die Vier den Keller und gehen zu dem Schneemann zurück.
Xaver hebt erst Franzi hoch, damit sie die Augen in das Gesicht drücken kann, dann Friedel, die den Blecheimer etwas schief auf dem Kopf platziert.
Klaus, der schon groß genug ist, steckt den Schraubenzieher mitten unter die Kastanienaugen und nun hat der Schneemann eine rote dicke Knollennase im Gesicht.
Überhaupt sieht er gut aus und als der Junge ihm noch den Besen in die Seite steckt, ist er perfekt.
Glücklich betrachten die Kinder ihr Werk.
Der Hausmeister ist bereits wieder auf der Straße, um weiter Schnee zu schippen.
Einige Freunde von Klaus kommen und wollen ihn mitnehmen zum rodeln.
Die Mädchen aber gehen noch zu Friedel zum Spielen.
Nun steht der Schneemann allein da. Immer gerade aus schauen ist doch langweilig.
Die Vögel im Futterhäuschen zwitschern, tschilpen und streiten sich um die Körner und machen soviel Lärm, dass er nicht versteht was sie sagen.
Eine Katze kommt auf ihn zu, ihre Pfoten hinterlassen Abdrücke im frisch gefallenen Schnee. Sie schnuppert an ihm und wendet sich enttäuscht ab.
Ab und zu kommen Leute vorbei und freuen sich als sie den schönen Schneemann sehen und er versucht sich gleich aufrechter hinzustellen.
Er ist stolz auf die lobenden Ausrufe der Vorübergehenden.
Bald wird es dunkel, die Lichter in den Häusern verlöschen, die Straßen sind menschenleer, nur vereinzelt brennen die Straßenlampen.
Auf einmal beginnt es wieder zu schneien und die kecken fröhlichen Schneeflocken setzen sich auf seinen Hut, seine Schultern und seinen dicken Bauch und sie erzählen ihm vom Wolkenschloss der Frau Holle aus dem sie kommen und einst, wenn sie verdunstet sind wieder zurück kehren werden.
Die Turmuhr der nahegelegenen Kirche schlägt zwölfmal. Mitternacht!
Plötzlich erscheint ein leuchtendes strahlendes Licht und eine wunderschöne Frau, ganz in weiß gekleidet, selbst die Haare sind weiß, kommt durch den Garten auf den Schneemann zu.
„Ist das eure Frau Holle?“ flüstert der Schneemann.
„Nein, das ist die Winterfee,“ wispern die Schneeflocken.
Das liebliche Wesen ist nun bei dem Schneemann stehen geblieben.
„Nun lieber Schneemann, ich bin gekommen, um dir deinen Wunsch zu erfüllen.“
„Wo,Wo, Woher weißt du von meinem Wunsch?“ stottert der Schneemann und wird ein wenig rot.
Das liebliche Wesen lächelt.
„Ich weiß alles über meine Geschöpfe des Winters. Mitternacht ist die magische Stunde, in der Wünsche in Erfüllung gehen.“
Sie berührt ihn mit dem Zauberstab und auf einmal hat der Schneemann Arme und Beine. Er juchzt laut und springt auf und ab, wie ein Hampelmann. Der Besen liegt neben ihm im Schnee und der Hut rutscht ihm vom Kopf. Schnell hebt er beide Arme und drückt ihn wieder fest auf sein Haupt.
Die Winterfee hat ihn lächelnd beobachtet und die Schneeflocken, die bei dem Gehopse herunter gefallen sind, liegen kichernd auf dem Boden.
„Nun lauf los und sieh dich um, wie es dein Wunsch war, aber denk daran, beim ersten Sonnenstrahl musst du wieder hier sein. Du willst doch nicht, dass die Kinder weinen, wenn du morgen verschwunden bist.“
Und der Schneemann läuft los, durch die menschenleeren Straßen, hinaus in den Wald.
Erst hier hält er an und verschnauft ein wenig.
Schön war es hier. Die Bäume von majestätischer Höhe trugen alle weiße Schneehäubchen und die weiße Decke auf dem Boden zeigte viele Spuren.
Ein Zeichen, dass der Wald nicht ohne Bewohner war.
Über ihm raschelt es und eine kleine Schneelawine fällt auf ihn herab.
Der Schneemann schüttelt sich und blickt nach oben.
Ein Eichkätzchen flitzt den Stamm hinunter und bleibt neben ihm sitzen.
„Hallo, ich bin Erika und wie heißt du?“
Der Schneemann überlegt einen Moment.
„Ich bin ein Schneemann, ohne Namen.“
„Nun Schneemann ohne Namen, weißt du vielleicht, wo ich meine Wintervorräte versteckt habe?“
Dieser schüttelt den Kopf.
„Es ist zu dumm, eben bin ich aufgewacht, weil ich Hunger habe und mir will einfach nicht einfallen, wo ich mein Versteck habe. Dann muss ich wohl zum Futterplatz.“
„Was ist ein Futterplatz?“
„Der Förster und seine Gehilfen haben eine Futterkrippe errichtet, um den Waldtieren den Winter zu erleichtern. Komm mit Schneemann ohne Namen, hast du Hunger.“
„ Nein, wir Schneemänner müssen nicht essen.
Aber ansehen würde ich mir so eine Futterkrippe gerne.“
Gemeinsam gehen sie nun durch den Wald.
Auf einmal hören sie ein Schnaufen und Prusten hinter sich und erschrocken springen sie zur Seite, als ein kräftiger Keiler an ihnen vorbei prescht.
Eine Truppe Hasen hoppelt herbei.
„Habt ihr das gesehen, dieser ungehobelte Kerl, beinahe hätte er meinen kleinen Tom zu Tode getrampelt!“ empört sich die Hasenmutter.
Der Schneemann, der noch nie einen Hasen gesehen hatte, betrachtet sie aufmerksam.
Das Eichkätzchen stellt ihm nun Gerlinde und ihre Kinder, Tom, Walburga, Bernhard und Kasper vor.
„Und das ist Schneemann ohne Namen.“
Guten Abend, Schneemann ohne Namen, „ ertönt es im Chor.
Dieser verneigt sich, wobei er vorsichtshalber seinen Hut festhält und gemeinsam geht die kleine Gesellschaft weiter durch den Wald.
An der Futterkrippe sehen sie das Wildschwein, das einen großen Eimer umgeworfen hat und nun schmatzend und schnaufend in dem Futter wühlt.
Nicht weit davon steht ein Hirsch mit einem stattlichen Geweih und wirft ab und zu einen verächtlichen Blick auf das Wildschwein.
Von ihm verdeckt stehen einige Rehe, die immer wieder einen scheuen Blick auf den Keiler werfen und dabei vorsichtig mit ihrem weichen Maul das Heu aus der Raufe rupfen.
Die Hasen schlagen einen großen Bogen um das gefräßige Tier und verstecken sich auch hinter dem Rücken das Hirsches.
Der Keiler aber beachtet sie gar nicht. Er hat bis auf den letzten Krümmel alles aufgefressen, dreht sich um und verschwindet laut grunzend im Wald.
Erleichtert atmen die Tiere auf und nun kann sie Erika mit dem Schneemann bekannt machen.
Sie erzählt ihnen, dass die Winterfee ihm erlaubt hat sich ein wenig umzusehen aber er beim ersten Sonnenstrahl wieder zu Hause sein muss.
Der Schneemann erlebt nun ein paar herrliche Stunden mit seinen neuen Freunden. Es wird viel erzählt und gelacht.
Dann sieht der Hirsch zum Himmel und meint.
„Bald geht die Sonne auf. Du musst nach Hause Schneemann ohne Namen.“
Alle verabschieden sich nun von ihm und begleiten ihn noch ein Stück. Das Eichkätzchen aber führt ihn aus dem Wald und als der Schneemann den Kirchturm sieht, weiß er wohin er laufen muss.
Und als die Sonne aufgeht und ihre ersten Strahlen auf die Erde sendet, steht der Schneemann wieder ohne Arme und Beine, still und stumm im Garten. Nur der Besen liegt neben ihm im Schnee.“


Frau Naumann schließt das Buch und legt es neben sich auf das kleine Tischchen. Sie nimmt die Brille ab und lächelt Ingelore an.
„Hat dir die Geschichte gefallen?“
Das Mädchen nickt mit strahlenden Augen.
Sein Blick gleitet zum Fenster, wo große Schneeflocken vom Himmel fallen und es springt auf.
„Ich muss nach Hause!“
„Aber warum so schnell?“

An der Tür dreht sich das Mädchen um.„Ich will einen Schneemann bauen!“

Das Lachen der beiden Frauen verfolgt sie bis auf die Straße.


Daheim angekommen, steckt sie kurz den Kopf durch die Tür und ruft:
„Oma, ich bin wieder da!“
Bald steht ein großer stattlicher Schneemann im Garten.
Später als Ingelore mit Minka im Arm im Bett liegt, denkt sie vor dem Einschlafen.
„Ob mein Schneemann heute Nacht auch spazieren geht?“
 Als Ingelore am nächsten Morgen mit der Schultasche unterm Arm das Haus verlässt, sieht sie, dass ihr Schneemann einen alten ausgefransten Strohhut trägt.
Das war doch der alte Hut der Oma, den Rosa, die Ziege angefressen hatte.
Das Mädchen blickt zurück zum Haus und sieht die Oma am Küchenfenster.
Grinsend hebt Ingelore die Hand und winkt und die Oma lächelt leicht und zaghaft winkt sie zurück.
Beschwingt eilt das Mädchen zur Schule.
Nachmittags um 15 Uhr steht sie wieder vor der
Villa Naumann.
Diesmal geht Frau Naumann gleich mit ins Arbeitszimmer und nimmt das Buch zur Hand.
Und während wunderbare weihnachtliche Gebilde unter den geschickten Händen von Ingelore entstehen hört sie aufmerksam zu.

Als Ingelore am nächsten Tag in die Villa kommt muss sie ihren Kakao mit Andrea allein trinken.

Etwas sehnsüchtig sieht sie später auf den verwaisten Sessel und das dicke Buch auf dem Tischchen.
Andrea, die den Blick bemerkt hat, lächelt.
„Meine Mutter muss heute etwas wichtiges erledigen, aber ich habe eine schöne CD mit Weihnachtsliedern.“
Und bald klingen die herrlichen Töne durch das adventlich geschmückte Zimmer.
Frau Naumann aber steht mit einer großen Tasche in der Hand vor dem ärmlichen Häuschen von Ingelores Oma und klopfte kräftig an die Tür.
Die alte Frau öffnet und sieht sie stumm an.
„Willst du mich nicht herein bitten, Marga?“
Diese dreht sich um und geht in Küche.
Frau Naumann folgt ihr schmunzelnd.
Sie zieht ihren eleganten Mantel aus legt ihn auf das Sofa neben dem Ofen und setzt sich an den Tisch.
Marga hat ihr den Rücken zugewendet und hantiert mit etwas herum.
„Möchtest du Tee?“
„Gerne!“
Bald stehen zwei dampfende Tassen vor ihnen und die alte Frau hat ihr gegenüber Platz genommen.
„Nun Marga, morgen ist Nikolaus und ich werde deiner Enkelin ein Paar Winterschuhe schenken, das will ich dir nur sagen, damit du aus deinem dummen Stolz heraus, dem Mädel nicht die Freude verdirbst.“
Marga presst unwillig die Lippen zusammen, doch
dann grinst sie.
„Christiane versuchst du wieder einmal mit mir dein Pausenbrot zu teilen?“
Die beiden prusten los, wie zwei junge Mädchen und der Bann ist gebrochen.
Und nun geht es ans erzählen, von früher, als sie noch Freundinnen waren.
„Weißt du?“ meint Marga versonnen, dass diese vier Jahr mit dir, meine schönsten Jahre waren?“
Christiane erschrickt ein wenig, sie war immer mit Liebe umgeben gewesen, und als sie ins Gymnasium kam hatte sie sofort viele neue Freundinnen gefunden und das kleine Mädchen aus der Dorfschule bald vergessen.
Aus einem Impuls heraus meint sie.
„Marga, lass uns unsere Freundschaft wieder erneuern. Wir sind beide nicht mehr jung und diesmal wollen wir keine Minute vergeuden.“
Sie reicht ihr die Hand und nach kurzem zögern schlägt diese ein.
Christiane aber greift in die Tasche und zieht ein Wollknäuel heraus.
„Ich möchte dich und Ingelore, die wir sehr ins Herz geschlossen haben für Heilig Abend zu uns einladen. Einen Wintermantel habe ich für deine Enkelin gekauft, er ist rot mit einem weißen Pelzkragen. Da du doch immer so schöne Handarbeiten machen konntest, dachte ich mir, du strickst für das Mädchen einen Schal, eine Mütze und Handschuhe dazu, vielleicht langt die Wolle auch noch für einen Muff.“
Marga nimmt die Wolle und hält sie an ihre Wange.
„Schön weich.“ murmelt sie.
Christiane lächelt.
„Erinnerst du dich noch, wie du für mich immer die Handarbeiten gemacht hast, wenn ich sie mal wieder total verkorkst hatte?“
Sie lächeln sich an.
„Übrigens hat Ingelore deine geschickten Hände geerbt, du sollst sehen welch herrliche Sterne sie gemacht hat für den Weihnachtsbasar. Überhaupt erinnert sie mich oft an dich, sie ist dir sehr ähnlich.“
Marga sieht stumm in ihr Tasse Tee, dann bricht es plötzlich aus ihr heraus.
„ Ach Christiane, ich habe alles falsch gemacht!
Ich habe Ulli geheiratet weil er so fröhlich war und es ihm gelang mich zum Lachen bringen. Du weißt wie streng und ernst mein Vater war und meine Mutter, die sich nie den Mund aufmachen traute.
Doch Ulli war ein Bruder Leichtfuß, dem das Geld nur so zwischen den Fingern verrann und wenn ich ihm Vorhaltungen machte, dann lachte er nur. Dann kam meine Dorle auf die Welt. Sie war ein so schönes Baby und ich liebte sie vom ersten Moment an. Ulli vergötterte seine hübsche Tochter und sie ihn. Er verwöhnte sie wie eine kleine Prinzessin und wenn ich schimpfte, dann war ich immer die böse Mama.
Als Ulli dann verunglückte hat Dorle sich total verändert. Sie redete nicht mehr mit mir und fing an sich mit Jungs herumzutreiben und dann verschwand sie eines Tages bei Nacht und Nebel.
Zehn Jahre später stand sie dann plötzlich mit Ingelore vor meiner Tür. Ich war so verbittert und habe ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen. Und kurz darauf war sie tot!“
Plötzlich fängt Marga zu weinen an, immer heftiger strömen die Tränen aus ihren Augen, als hätte sich ein Damm gelöst und die seit vielen Jahre zurückgehaltenen Tränen losgelassen.
Christiane sitzt ganz still da und legt nur ihre Hände über die verarbeiteten alten Hände ihrer Freundin.
Als das Schluchzen langsam weniger wird, reicht sie Marga ein Taschentuch.
Diese trocknet sich die Tränen und schnäuzt kräftig und steckt es in ihre Schürze, dann lächelt sie.
„Du bekommst es wieder, wenn ich es gewaschen habe, aber vielleicht behalte ich es auch, denn so ein schönes Taschentuch hatte ich noch nie.“
Christiane aber nimmt ihre Hand und sieht sie eindringlich an.
„Marga, wenn wir unsere Kinder zum ersten Mal im Arm halten, dann wissen wir nicht, ob wir immer alles richtig machen und was im Leben auf sie zu kommt und ob wir sie immer vor allem beschützen können. Deine Dorle hat den unruhigen Geist deines Mannes geerbt und sie ist ständig einem Glück nachgejagt, das es gar nicht gibt.
Dort wo sie jetzt ist, hat sie sicher ihren Frieden gefunden.“
„Ich weiß nicht, ob es in der Hölle so friedlich ist!“ meint Marga bitter.
„Marga, wie kommst du denn auf die dumme Idee, dein fehlgeleitetes Kind wäre in der Hölle!“
„Durch Pfarrer Broderick, er war kurz nach Dorles Tod bei uns und wetterte, dass meine Tochter nicht auf seinem Friedhof beerdigt werden würde. Eine so sündhafte Person, die sicher in der Hölle schmort, wäre eine Beleidigung für die vielen aufrechten und ehrlichen Bürger die dort beerdigt wären.“
Christiane schnaubt und flucht:
„So ein verdammter Idiot! Ich konnte den Broderick noch nie leiden, ein Glück dass er in Pension ist, dieser aufgeblasene Wichtigtuer!“
Magda sieht sie verwundert an, dann grinst sie.
„Christiane hast du soeben deine gute Erziehung vergessen?“
Die beiden prusten los wie zwei Teenager.
Doch dann wird Marga wieder ernst.
„Das schlimmste aber war, dass Ingelore auf einmal in der Tür stand und alles mit angehört hat.
Du musst aber nicht glauben,der alte Pfarrer wäre verlegen geworden und hätte freundlich zu dem Kind gesprochen. Nein, jetzt ging er auf Ingelore los, beschimpfte sie als Heidenkind, weil sie nicht getauft war und Kind der Sünde, das einmal neben ihrer Mutter in der Hölle schmoren würde.
Wochenlang hatte die Kleine danach Albträume.“
Christiane schwieg erschüttert.
„Wo liegt denn nun deine Dorle?“
„Ich habe in der Kreisstadt ein Urnengrab gekauft.“
Christiane nickt ernst und meint dann:
„Der neue Pfarrer Gietl ist ein moderner aufgeschlossener Mann, vielleicht kann man mit ihm reden und dein Dorle hierher überführen lassen.“
Margas Augen leuchten auf.
Lange noch reden die beiden Freundinnen miteinander und als Ingelore nach Hause kommt, ist sie ganz erstaunt Frau Naumann bei ihrer Oma zu sehen.
Diese verabschiedet sich und während sie nach Hause geht, denkt sie, wie viel die kleine Ingelore in ihren neun Jahren schon mitmachen musste und trotzdem so ein wunderbares Geschöpf war. So stark wie ihre Oma.

Als Ingelore heute in der Villa eintraf, empfing Grete sie mit einem Kichern, kopfschüttelnd betritt das Mädchen das Zimmer in dem Frau Naumann und ihre Tochter schon auf sie warten.
"Was hat Grete denn?"
"Die ist in Weihnachtsstimmung," lächelt Frau Naumann und als Ingelore sich gesetzt hat, beginnt sie zu lesen.  In diesem Moment pocht es an der Tür, Ketten rasseln und donnernd schlägt etwas blechernes zusammen.
Ingelore zuckt zusammen und blickt erschrocken zur Tür.
„Was ist denn da draußen los?“
Frau Naumann tauscht mit ihrer Tochter einen amüsierten Blick.
Gretchen hat es wohl zu sehr übertrieben.
Schmunzelnd meint Andrea.
„Nun Ingelore heute hat doch der St. Nikolaus Geburtstag. Vielleicht will er dir einen Besuch abstatten.“
Das Mädchen lacht.
„Der Nikolaus ist doch eine Legende und außerdem klang das so,als würden die Köchin und Gretchen einige Töpfe zusammen schlagen.“
Andrea beißt sich auf die Lippen, um nicht laut loszulachen.
Das Kind war einfach zu schlau.
„Weißt du was, wir sehen einfach mal nach.
Sie nimmt Ingelore an der Hand und öffnet die Tür.
Es ist niemand im Flur zu sehen.
Gretchen und die Köchin haben sich versteckt und beobachten leise kichernd was jetzt geschah.
Ingelore sucht mit den Augen den Flur ab dann fällt ihr Blick auf ein Paar wunderschöne Stiefel.
Sie lässt vor Freude einen Quietscher los und bückt sich.
Mit den Stiefeln unter dem Arm und einer Leinentasche in der anderen Hand kommt sie ins Zimmer zurück.
Sie stellt die Tasche vorsichtig auf den Tisch und setzt sich auf den Boden, um in die Stiefel zu schlüpfen.
Dann stolziert sie durch die Stube.
Frau Nauman beobachtet sie schmunzelnd.
„Und passen sie?“
Das Mädchen nickt begeistert, dann fällt sie abwechselnd Mutter und Tochter Naumann um den Hals.
„Danke, danke!“ stammelt sie.
Andrea lächelt. „Hast du denn schon in die Tasche
geguckt.“
Ingelore schüttelt den Kopf und eilt zum Tisch. Vorsichtig zieht sie ein Hexenhäuschen aus dem Beutel und betrachtet es entzückt.
Die Hexe stand vor dem Häuschen mit Hänsel und Gretel, auf dem Dach krümmte eine schwarze Katze ihren Rücken und die freie Fläche um die Figuren und zwischen den zwei kleine Tannenbäumen waren mit Süßigkeiten gefüllt.
„Dieses Hexenhäuschen bekam ich als Kind und nun bekommst du es von mir.“ sagt Andrea leise.
Ingelore streicht vorsichtig über die Porzellanfiguren und denkt träumerisch, wie schön es doch wäre, wenn Fräulein Naumann ihre Mutter sein könnte.
 
Abends als sie der Oma ihre Schätze zeigt, tat diese etwas, was sie bisher noch nie getan hatte.
Sie streicht ihr über den Kopf und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn.
An diesem Abend hat Ingelore der Katze Minka viel zu erzählen, als sie zusammen im Bett kuscheln.

Kurz vor dem 4. Adventssonntag und auch am letzten ihrer Basteltage, sitzt Frau Naumann wieder in ihrem gemütlichen Sessel mit der Brille auf der Nase und dem Buch auf dem Schoß.



 

„Der Stern von Bethlehem

Seit Tagen schon herrscht Aufregung im Himmel, die Engel schwirren umher, der Erzengel Gabriel ist noch strenger und alles war irgendwie anders als sonst.
Mauritzius ein kleiner Engel kauert auf einer Wolke, den Kopf in die Hand gestützt und grübelt darüber nach, was er gehört hat.
Gottes Sohn sollte als Seele in einen kleinen Jungen schlüpfen, den eine Maria einem Josef gebar.
Es hieß, er wolle die Menschen retten.
Mauritzius schüttelt sich bei dem Gedanken, dass der liebenswürdige und nette Sohn Gottes mitten unter diesen Menschen in Zukunft leben sollte.
Und warum müssen diese dummen Geschöpfe überhaupt gerettet werden.
Er, Mauritzius beobachtet sie öfter durch ein Loch in der Wolke und was er sah gefiel ihm gar nicht. Sie stritten, schlugen sich, betrogen sich und waren alles andere als nett zueinander. Dann führten sie wieder Kriege, um anderen ihr Land zu nehmen.
Man musste wohl so gut wie Gott sein, um sie trotzdem zu lieben.
Er, Maurtzius mochte die Menschen überhaupt nicht und bedauerte den lieben Sohn Gottes.
Gisbert sein Freund setzt sich neben ihn.
„Weißt du, dass seit Tagen ein Stern im großen Zimmer eingeschlossen ist.
Er soll den Weisen aus dem Morgenland den Weg zeigen und damit er nicht zu früh los fliegt, hat Gabriel ihn eingesperrt.“
Mauritzius zuckt die Schultern, er hat davon gehört und auch beobachtet wie die Engel sich um das Schlüsselloch scharrten, um einen Blick auf den wunderschönen Stern zu erhaschen.
Ihn interessiert dies nicht, denn er war viel zu traurig über die ganze Sache.
Gisbert zupfte ihn an der Schulter.
„Komm Gabriel hat den Schlüssel stecken lassen, wir wollen uns den Stern betrachten.
Lustlos folgt Maurtzius seinem Freund.
Es steckt tatsächlich der Schlüssel in der Tür.
„Pass auf, dass niemand kommt,“ flüstert Gisbert, dann dreht er den Schlüssel herum und öffnet vorsichtig die Tür.
Etwas stemmt sich dagegen, der Engel purzelt auf den Boden und der Stern schwebt an ihnen vorbei.
Mit offenem Mund starren die zwei Engel dem Stern hinterher.
„Hast du gesehen, wie schön er ist,“ flüstert Gisbert ehrfürchtig.
Mauritzius sieht ihn finster an. „ Ja und hast du bemerkt, dass er entwischt ist und viel zu früh auf der Erde ankommt?“
„Auweia!“
„Ja, auweia, steh auf, wir müssen ihn suchen, bevor er den Himmel verlässt.“
Sie laufen nun durch den Himmel dem Stern nach, dessen langen Schweif sie in der Ferne sehen können. Doch dann ist er auf einmal verschwunden.
Atemlos erreichen sie ein Loch in den Wolken und legen sich bäuchlings hin und sehen hinunter.
Weit unter ihnen schwebt der Stern der Erde entgegen.
„Wir müssen ihm nach und ihn suchen.“ meint Mauritzius entschlossen.
Gisbert wird blass, doch unter dem grimmigen Blick seines Freundes nickt er wenig begeistert.
Sie gehen zusammen zum Sandmännchen.
Natürlich liegt es im Bett und schläft tief und fest.
Schließlich ist es ja die ganze Nacht unterwegs.
Mauritzius rüttelt es sanft.
Das Sandmännchen dreht sich murmelnd um und schläft weiter.
„Bitte, Sandmännchen du musst uns helfen!“
Dieses öffnet die Augen und sieht die beiden Engel nicht gerade freundlich an.
„Wisst ihr Bengel denn nicht, dass ich die ganz Nacht unterwegs war?“
„Doch, aber der Stern von Gottes Sohn ist uns entwischt.“
Nun ist das Sandmännchen hellwach. Es grummelt in seinen Bart und sein Blick ist alles andere als freundlich.
„Ich vermute, ihr habt was damit zu tun?“
Die beiden Engel nicken schuldbewusst.
„Was wollt ihr dann von mir?“
„Kannst du uns helfen auf die Erde zu kommen.“
Seufzend verlässt das Sandmännchen sein warmes Bett, nimmt seinen Sack und folgt den Beiden zu der Wolke.
Er nimmt seinen Sternstaub und lässt ihn durch die Wolken rieseln. Eine breite glitzernde Straße ist zu sehen und die beiden Engel rutschen jubelnd hinunter.
Das Sandmännchen sieht ihnen einen Moment nach, dann dreht es sich um und schlurft zurück in seine Kammer.
Es bemerkt nicht den Erzengel Gabriel der mit verschränkten Armen und einem Lächeln das ganze beobachtet hat.
Mauritzius und Gisbert kommen unten an und landen mitten im Wüstensand.
In der Nähe stehen einige Kamele und glotzen sie dumm an.
Die Beiden rappeln sich auf und klopfen den Sand aus ihren Engelskleidchen.
Ein großes Zelt steht nicht weit vor ihnen und sie gehen vorsichtig darauf zu.
Einer alter Mann sitzt davor,um den Kopf ein weißes Tuch geschlungen und neben sich eine Wasserpfeife.
Er winkt sie heran.
„Ihr gehört wohl auch zu den Fremden, die zur Volkszählung nach Bethlehem wollen.“
„Nein, wir sind E...!“
Mauritzius gibt Gisbert einen Rempler.
„Ist es denn noch weit bis dorthin?“
„Zu Fuß drei Tage, ein beschwerlicher Weg, besonders barfuß.“
Er blickt auf die Füße der Engel.
„Habt wohl kein Geld!“
Er winkt einer jungen Frau und einem Jungen, die Wasserkrüge auf dem Kopf balancieren.
„Großvater , was willst du, wir wollen die Krüge zu Großmutter bringen,“ fragt das junge Mädchen.
Der Alte zeigt auf die Engel.
„Nehmt sie mit, die Großmutter soll ihnen zu Essen geben und Sandalen. Auch soll sie ihnen von der Kleidung von Sali etwas heraus suchen.“
Er wendet sich an die Engel.
„So könnt ihr nicht nach Bethlehem.
Diese kurzen Röckchen sind vielleicht dort geeignet, wo ihr herkommt. Aber hier bei uns brennt die Sonne unbarmherzig vom Himmel, da braucht ihr schon die richtige Kleidung.“
Das Mädchen und der Junge nehmen die beiden Engel mit und während der Junge Sandalen und Kleidung für sie zusammen sucht, setzt ihnen die alte Frau Fladen und Fisch vor.
Sie schöpft mit einer Kelle Wasser aus einem Krug und lässt sie davon trinken.
Nachdem sie sich dann angezogen haben, reicht ihnen die Frau einen großen Wasserschlauch.
„Gute Reise!“ wünscht sie.
Die beiden bedanken sich und als sie am Zelt vorbeikommen, winkt der Alte sie zu sich.
„Hier diesen Esel schenke ich euch. Er ist kräftig genug, euch beide zu tragen.“
Jetzt sehen sie Sali, der grinsend einen Esel hinter sich herzieht.
Die Engel steigen auf und der Alte, seine Frau und
ihre Enkelkinder winken ihnen nach und rufen:
„Gute Reise.“
Als sie eine Weile auf dem Esel geritten sind, meinte Gisbert:
„Diese Menschen waren sehr nett.“
Mauritzius schweigt.
Der Weg führte sie durch die endlose Wüste und sengende Hitze. Nur kurz halten sie an, trinken aus dem Wasserschlauch, gießen etwas in die hohlen Hände und geben dem Esel auch zu trinken.
Als die Sonne wie ein blutroter Ball untergeht, finden sie eine Höhle in der sie schlafen können.
Am nächsten Tag kommen sie in einen Ort.
Am Eingang steht eine kleine Lehmhütte und eine alte Frau tritt gerade heraus.
Sie beschattet die Augen mit der Hand und grüßt.
„Salem, seid ihr auch unterwegs nach Bethlehem zur Volkszählung?“
Die beiden Engel bejahen.
Mitleidig sieht sie ihre verstaubte Kleidung.
„Ihr werdet sicher Hunger und Durst haben. Dort hinten am Brunnen könnt ihr euch waschen.“
Mauritzius und Gisbert waschen sich und betreten dann die Hütte.
Ein Mann, eine junge Frau und zwei Kinder sitzen auf dem Boden und essen aus einer Schüssel.
Die alte Frau, die sie draußen begrüßt hatte, kommt aus dem Hintergrund der Hütte, in der Hand trägt sie einige Fladen. Sie reicht sie der jungen Frau die sie verteilt.
Die alte Frau aber bricht den Fladen, den sie in der Hand hält und gibt jedem der Engel einen Teil.
„Setzt euch und nehmt von dem Hirsebrei.“
Die anderen rückten ein wenig zusammen und still speisen sie, bis die große Schüssel geleert ist.
Der Mann erhebt sich und verlässt die Hütte.
„Mein Schwiegersohn muss aufs Feld.“ erklärt die Frau.
Die Kinder sehen ihre Mutter an.
„Dürfen wir spielen?“
Lächelnd nickt diese, dann wendet sie sich an ihre Gäste.
„Ich werde euren Wasserschlauch füllen und etwas Proviant richten, für eure Weiterreise.“
Und auch sie verlässt die Lehmhütte.
Die alte Frau aber wendet sich mit freundlichem Lächeln an die beiden Engel.
„Bis Sonnenuntergang werdet ihr den nächsten Ort erreicht haben.
Am Eingang steht eine ähnliche Hütte wie unsere, dort wohnt meine Schwester Sarah.
Sagt ihr, dass ihre Schwester Judith euch schickt und sie wird euch aufnehmen.“
Als sie eine Weile auf dem Esel geritten sind, meinte Gisbert begeistert.
„Die Menschen sind aber nett!“
Wieder schweigt Mauritzius.
Auch bei Sarah werden sie freundlich empfangen, bekommen zu Essen und ein Nachtlager.
Am nächsten Tag reiten sie weiter.
Am Nachmittag kommen sie zu einer großen Schafherde.
Die Hirten winken sie herbei und laden sie ein an ihrem Lagerfeuer Platz zu nehmen.
Großzügig werden sie mit Milch, Käse und Fladen bewirtet.
Auf einmal wird es hell und ein Engel erscheint.
Er verkündet den Hirten, dass der Retter geboren sei und als Kind in Windeln in einem Stall in Bethlehem liegt.
Die Hirten sind erst ganz benommen, doch dann stehen sie auf, nehmen zwei Schafe und Proviant und Milch für das Kind und wandern ins nahe gelegene Bethlehem.
Maurtzius und Gisbert folgen mit dem Esel.
In Bethlehmen herrscht großes Gedränge, denn viele Fremde sind in der Stadt und die Hirten stehen etwas ratlos und wissen nicht, in welchem Stall das Kind, das der Messias sein sollte, wohl war.
Mauritzius und Gisbert aber sehen den gesuchten Stern, der über einer Steingrotte schwebt und sie führen die Hirten dorthin.
Staunend scharren sich die rauen einfachen Männer um die Krippe und andächtig sinken sie auf die Knie, denn ein großen Leuchten umgab das kleine Kind.
Der Esel aber stößt ein freudiges „Iaaah“ aus und stellt sich neben die Krippe, auf deren anderen Seite bereits ein Ochse ist.
Plötzlich ist der Erzengel Gabriel da und legt jedem der beiden Engel die Hand auf die Schulter.
Beide werden blass und sehen schuldbewusst zu dem gestrengen Erzengel empor.
Dieser aber lächelt freundlich und erklärt.
„Der Stern von Bethlehem ist keineswegs zu früh auf die Erde gekommen. Gott wollte, dass ihr ihm folgt, damit du Mauritzius die Menschen kennen lernst. Denn es sind nicht alle böse und schlecht.
Es gibt viele gute Menschen und diese zu retten, ist das Opfer das Gott und sein Sohn bringen wohl wert.
Zweifle nie mehr an Gottes Weisheit, lieber Mauritzius.“
Dieser nickt errötend.
„Was wird aus dem Esel?“ fragt Gisbert, der das Tier lieb gewonnen hat.
Gabriel lächelt.
„Das ist der Esel, der die Heilige Familie nach Ägypten bringen wird, um sie vor König Herodes in Sicherheit zu bringen. Nun kommt.“
Und an jeder Hand einen Engel fliegt er in den Himmel.
Und wenn in Zukunft Mauritzius die Menschen durch ein Wolkenloch beobachtet, dann sieht er nicht mehr nur die Bösen, sondern er hält Ausschau nach den Guten.“
 

Frau Naumann lässt das Buch sinken.
„Nun, das ist wohl die letzte Geschichte. Morgen ist der vierte Advent und ihr werdet eure Basteleien auf dem Weihnachtsbasar verkaufen.“
Ingelore ist etwas enttäuscht. War jetzt die schöne in der Villa Naumann vorbei?
Als hätte Andrea ihre Gedanken erahnt, meint sie lächelnd.
„Kannst du morgen früh um sieben Uhr zu uns kommen, dann frühstücken wir gemeinsam und anschließend bauen wir vor der Kirche unsere Basteleien auf.
 Der Verkauf beginnt nach der zehn Uhr Messe, so ungefähr um elf .“
„Ach ja, und bring die Oma mit, die kann mir dann Gesellschaft leisten.“ lacht Frau Naumann.
Eine sehr glückliche Ingelore geht heute nach Haus.  

Am Ende findet Ingelore Weihnachten.
Nicht alles in dieser Geschichte ist erfunden, einiges beruht auf den Kindheitserinnerungen einer sehr guten Freundin, die mir erlaubt hat daraus eine Geschichte zu schreiben.  

Pünktlich um sieben Uhr stehen Marga und ihre Enkelin vor der Villa Naumann. Beide hatten sich fein gemacht.
Ingelore staunt über ihre Oma, die so anders auf einmal ist. Sie lacht und scherzt mit Frau Naumann. Verschwunden ist der strenge mürrische Blick und sie sieht auf einmal jünger und schöner aus.
Der Basar wird ein voller Erfolg. Die Leute scharren sich um ihren Tisch und viele bewundernde Laute ertönen, als sie die hübschen kleinen Krippen und die herrlichen Sterne sehen. Es sind viele Menschen auch aus den Nachbardörfern da und der Stand ist schon halb leer, als Ingelore ihre Oma und Frau Naumann, die Arm in Arm über den Platz schlendern, bemerkt.
Staunend betrachtet Marga die kleinen Krippen. Sie hebt eines der zarten Gebilde hoch und ruft überrascht, „aber da ist ja unsere Minka!“
Ingelore lächelt und freut sich, dass die Oma dies gleich erkannt hat.
Marga stellt die Krippe vorsichtig auf den Tisch und sieht ihre Enkelin stolz und voller Bewunderung an.
„Das hast du wunderschön gemacht. Du bist eine richtige Künstlerin.“
Ingelore läuft um den Tisch herum und fällt ihrer Oma um den Hals. Nach kurzem Zögern drückt diese sie fest an sich.
„Hallo, wird man hier nicht bedient!“ ruft ein älterer Mann etwas ungeduldig.
„Sofort!“
Marga und Christiane sehen noch eine Weile amüsiert zu, wie Ingelore mit dem Mann um den Preis feilscht, dann schlendern sie weiter, um auch die andern Tische zu betrachten.
Ingelore aber legt die Krippe, auf der Minka zu sehen ist, beiseite. Die sollte die Oma zu Weihnachten bekommen.
Andrea hatte ein längeres Gespräch mit Pfarrer Gietl und kommt nun wieder aus der Kirche.
Um ein Uhr war der Tisch leer. Alles war verkauft
und sie hatten beträchtliche Einnahmen, die für einen guten Zweck bestimmt waren.
Andrea zählte das Geld und liefert es dem Pfarrer ab, dieser kommt heraus und reicht Ingelore die Hand.
„Das hast du wirklich gut gemacht. Ich danke dir.“
Das Mädchen errötet vor Freude und macht einen Knicks.
Fräulein Naumann hatte recht, der neue Pfarrer war nicht wie Pfarrer Broderick.
In der Villa Naumann führt Andrea das Mädchen ins Arbeitszimmer.
„ Hier, ich habe noch weihnachtliches Geschenkpapier, damit kannst du die Krippe für deine Oma einpacken.“
Sie hilft ihr dabei und mit den Sternen, die Ingelore auch zurückbehalten hat, wird das Päckchen geschmückt.
Wie zwei Verschwörer betrachten sie ihr Werk.
„Du kannst es ja gleich hier lassen, da ihr sowieso den Heiligen Abend bei uns verbringt.“
Dann gehen sie ins Esszimmer, wo Gretchen bereits aufträgt.
Die vier feiern einen wunderschönen Advent zusammen und als Ingelore glücklich in ihrem Bett liegt, erzählt sie Minka, die geduldig mit geschlossenen Augen zuhört, von ihrem Glück.

Am Mittwoch war Hl. Abend.
Wie staunte Ingelore als sie im Wohnzimmer den großen bis zur Decke reichenden Christbaum sah.
Andrea setzt sich ans Klavier und sie singen Weihnachtlieder und in Ingelores Magen kribbelt es ganz komisch vor Freude und Glück.
Nun darf das Mädchen als erstes ihre Geschenke auspacken und die drei Erwachsenen beobachten sie gespannt.
Jubelnd hält Ingelore den roten Wintermantel an sich und jubelt weiter, als sie die dazu passende Mütze, Schal, Handschuhe und noch einen hübschen kleinen Muff auspackt.
Nun liegt noch ein schweres dickes Paket auf dem Tischchen und als sie das schöne bunte Papier entfernt, kommt das Geschichtenbuch zum Vorschein.
„Damit du auch die anderen Geschichten noch lesen kannst.“ meint Frau Naumann lächelnd.
Das glückliche Mädchen fällt den Dreien abwechselnd um den Hals.
Nun ist Marga dran. Mutter und Tochter Naumann habe sich gegenseitig nichts geschenkt und auch ihre Gäste gebeten, es nicht zu tun.
Zuerst öffnet sie das Geschenk von Ingelore und ist gerührt, als sie die Krippe sieht, die ihr so besonders gut gefallen hat.
Sie nimmt das Mädchen am Kopf und gibt ihr einen liebevollen Kuss.
In dem anderen Paket befindet sich ein Wintermantel und die dazu passende Pelzmütze.
Sie ist ganz stumm vor Freude und hält sich die Mütze an ihre Wange.
Tränen schimmern in ihren Augen und rinnen die Wangen runter, als sie dann den großen Umschlag aufmacht,auf dem ihr Name seht und die beiden Schreiben liest.
Sie umarmt ihre Freundin Christiane.
Das eine war eine Urkunde über eine Grabstätte hier im Ort und das andere eine Bestätigung,
dass am 8. Januar um 10.15 Uhr die Urne der
Dorle Benken von der Kreisstadt P in den Ort S überführt wird.
Marga muss sich setzen und Ingelore sitzt neben ihr und legt ihren Kopf an ihre Schulter.
Die Damen Naumann betrachten die Beiden gerührt.
Vergnügt wird später gefeiert bei, Ingelore zuliebe, Kinderpunsch und Plätzchen.
In der Christmette sitzt Ingelore dann zwischen ihrer Oma und den Damen Naumann.
Nun weiß sie,was das Fest Weihnachten bedeutet.
Es hat mit Liebe zu tun, mit viel Liebe, die man geschenkt bekommt und weiter verschenkt.
Ihr Blick streift Andrea, die sie heute gefragt hat, ob sie sich im Januar taufen lassen will.
Und Andrea wird ihre Taufpatin.
Ingelore lächelt.
Eine Taufpatin war ja auch so etwas ähnliches wie eine Mutter.
Und als sie alle aufstanden und das herrliche Lied:
Stille Nacht, Heilige Nacht... sangen, da sieht Ingelore nach vorne zu dem Jesuskind in der Krippe und ihr Lippen formen: „Danke!“


(c) Lore Platz





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