Das Weihnachtswunder
Endlich schloss sich mit einem Klingeln die Tür hinter dem letzten Kunden. Heute am Tag vor Weihnachten war der Trubel besonders groß.
Gerade die Männer , die ja immer kurz vor Hl. Abend etwas besorgen, wollten ein schönes Schmuckstück für ihre Frauen kaufen.
Aufatmend begann Lieselotte die einzelnen verstreuten Tabletts mit den herrlichen glitzernden Kostbarkeiten in die Vitrine zu räumen, dann ging sie an die Auslage, um mit gekonnter Hand die weihnachtlichen Dekorationen wieder zurecht zu rücken. Sie trat einen Schritt zurück, um ihr Werk zu betrachten.
Obwohl sie nicht gelernte Dekorateurin war, waren ihre Schaufenster wunderschön und oft blieben die Leute draußen stehen, um die schönen Schmuckstücke, die in stilvoller, nicht zu auffälliger Art präsentiert wurden, zu bewundern.
Ella, ihre Chefin, erzählte ihr immer, wie begeistert sich die Kunden über die Schaufensterdekorationen geäußert hätten.
Lieselotte, die schon seit Jahren als 400Euro Kraft hier arbeitete und ein freundschaftliches Verhältnis zu ihrer Chefin hatte, lächelte bei dem Gedanken daran.
Gerne arbeitete sie hier, konnte sie doch für ein paar Stunden dem lieblosen, kalten Zuhause entfliehen.
Auch konnte sie sich etwas eigenes Taschengeld verdienen, denn ihr geiziger Mann hielt sein Geld eisern unter Verschluss. Nur das Nötigste rückte er heraus, wenn es um sie ging. Den beiden Kindern gegenüber war er stets großzügig.
Ella kam aus dem Hinterzimmer. „Mach Schluss für heute. Ich habe uns einen Tee gekocht.“
Bald saßen die beiden Frauen an dem kleinen Tischchen und plauderten, während sie die von Lieselotte gebackenen Plätzchen knabberten.
Ella würde morgen wie jedes Jahr mit ihrer Familie nach Italien zu ihren Eltern fahren.
Taktvoll fragte sie, wie Lieselotte den morgigen Tag verbringen würde, denn sie wusste, dass deren Mann heute auf Kur gefahren war und erst im nächstes Jahr wieder kommen würde.
Lieselotte zuckte die Schultern, da ihre Kinder mit ihren Familien auch weg gefahren waren, würde sie den Abend wohl allein verbringen.
Als sich die beiden Frauen verabschiedeten, drückte Ella ihr ein Kuvert in die Hand.
„Kauf dir was schönes und mach es dir gemütlich,“ murmelte sie und umarmte Lieselotte.
Erst als die gutaussehende Mitvierzigern den Laden verlassen hat, warf sie einen Blick in das Kuvert. 400 Euro, ein ganzer Monatslohn, was für ein Geschenk!
Sie drehte sich um und sah Ella, die ihr grinsend winkte und dann fielen die Jalousien im Laden herunter.
Es hatte zu schneien begonnen und Lieselotte stellte den Kragen ihres Mantels auf, dann ging sie in Richtung ihrer Pfarrgemeinde, bei der sie ehrenamtlich mithalf.
Viele bewundernde Blicke folgten der gepflegten Frau, doch sie bemerkte sie gar nicht.
Ihre Gedanken waren bei ihrer Familie.
Ihr Mann war auf Kur gefahren ohne sich von ihr zu verabschieden.
Ihre Kinder waren mit ihren Familien in wärmere Länder gereist und vor ihr lag ein einsames Weihnachtsfest. Aber das störte sie nicht!
Einsamkeit hatte sie in ihrer lieblosen Ehe genügend kennen gelernt.
Deshalb war sie auch ehrenamtlich in der Pfarrgemeinde tätig.
Sie schmückten bei besonderen Anlässen die Kirchen, bastelten gemeinsam und betreuten die Kinder während der Predigt.
Auch teilten sie Suppen und Kleider an Obdachlose aus.
Es war eine schöne Aufgabe, die sie von ihren Sorgen ablenkte und sie tat gerne etwas Gutes.
Vor sich sah sie schon die Kirche und daneben das erleuchtete Gemeindehaus. Als sie eintrat wurde sie fröhlich begrüßt. Weihnachtslieder ertönten aus einem CD-Player in der Ecke.
Ursel eine fröhliche mollige Frau stand auf der Leiter und brachte eine Girlande an. Am Fuß der Leiter stand Birgit und dirigierte mit laut tönender Stimme: „Mehr nach rechts, halt, halt mehr nach links!“
Schnell entledigte sich Lieselotte ihres Mantels und trat zu dem Weihnachtsbaum und bald hängte auch sie Kugeln und Lametta auf. Dabei schwatzte sie glücklich mit Ria und Betty.
Die Tür ging auf und ein Schwall kalter Luft, begleitet von Schneeflocken drang ins Zimmer.
„Entschuldigt meine Verspätung, aber meine Kleine hat Husten, „ meinte Nicole und schüttelte den Schnee aus ihrem Kopftuch.
„Du hättest doch zu Hause bleiben können,“ rief Ursel von der Leiter herunter, doch Nicole schüttelte den Kopf.
„ Schließlich dürfen meine Kinder morgen hier bei der Bescherung dabei sein. Deshalb ist es Ehrensache, wenn ich bei den Vorbereitungen helfe.“
Betty beugt sich vertraulich zu Lieselotte. „Wird ein trauriges Weihnachtsfest bei den Stegners dieses Jahr. Ihr Mann ist schon längere Zeit arbeitslos, die kleine Jule hat einen bösen Husten und der kleine Armin kann nicht in den Kindergarten, weil das Geld knapp ist. Geld für einen Weihnachtsbaum und gar für Geschenke ist keines das. Und auch das Essen wird wohl mager ausfallen.
Sie kommen Morgen auch zur Bescherung.
Es ist schon traurig, wie schnell man in die Armutsgrenze fällt.“
Sie wendet sich wieder der Schachtel mit den schimmernden Christbaumkugeln zu und wählt dann eine lila Kugel aus und befestigt sie an einem Zweig, der etwas höher liegt. Sie muss sich auf die Zehenspitzen stellen, um ihn zu erreichen.
Lieselotte hat ein Büschel silbernes Lametta in der Hand und beginnt sie einzeln auf den Zweigen zu verteilen, dabei hängt sie ihren Gedanken nach.
Sie kennt Nicole schon längere Zeit.
Eine liebenswerte freundlich Frau und ihre beiden Kinder, der fünfjährige Armin und die achtjährige Jule sind zwei gut erzogene liebe Kinder.
Auch den Mann hatte sie einmal bei einer Feier gesehen und sich gefreut, wie liebevoll er mit den Kindern und seiner Frau umgegangen ist und nun dieses Unglück.
Wenn man noch so unglücklich war, wie sie in ihrer Ehe, so traf man doch immer wieder auf Menschen, denen es noch schlechter ging.
Hatte sie doch eine warme hübsche Wohnung, einen gefüllten Kühlschrank und es ging ihr finanziell gut, dafür sorgte ihr Mann, der einen guten Job hatte. und ihre schönen eleganten Kleider, finanzierte sie mit ihrem Nebenjob und Liebe, die konnte man sowieso nicht kaufen.
Hier nun waren vier Menschen, die sich liebten und zusammen hielten und ihnen fehlte das Geld für ein schönes behagliches Weihnachtsfest.
„Kauf dir was schönes,“ hörte sie Ellas Stimme und gab es etwas Schöneres, als Menschen, die es verdienten, glücklich zu machen?
Lieselotte lächelte und ein glückliches Gefühle durchströmte sie, denn sie wusste nun, was sie tun würde. Leise vor sich hin summend schmückte sie weiter die riesige Tanne.
Nach einiger Zeit waren sie fertig und für die Bescherung der Waisenkinder morgen war alles bereit. Müde aber glücklich zogen die Frauen ihre Mäntel an und verabschiedeten sich voneinander.
Nicole verließ als Erste das Gemeindehaus, denn es drängte sie nach Hause zu ihrem kranken Kind.
Lieselotte eilte ihr nach. „Nicole warte auf mich!“
Die Frau drehte sich ungeduldig um, doch da war Lieselotte auch schon bei ihr und drückte ihr das Kuvert mit dem Geld in die Hand.
„Mach deinen Kinder und deinem Mann ein schönes Weihnachtsfest, „ murmelte sie, umarmte die Verdutzte und eilte beschwingt nach Hause.
Sie fühlte sich unendlich glücklich.
Am nächsten Tag im Gemeindehaus begegnet sie vier glücklich strahlenden Menschen, die sich immer wieder bei ihr bedankten.
Bis es ihr zu viel wurde und sie drohte, ihnen die Freundschaft zu kündigen, wenn sie das Wort „Danke“ noch einmal hörte.
Es wurde ein wunderschöner Hl. Abend, wie er sein sollte, die Kinder freuten sich über die liebevoll verpackten Geschenke und überhaupt lag über dem Ganzen die Liebe und der Frieden, den Jesus durch seine Geburt in die Welt gebracht hatte.
Dieses wunderbare Gefühl nahm Lieselotte mit nach Hause und selbst, als auf ihrem Anrufbeantworter weder von ihrem Ehemann noch von ihren Kinder eine Nachricht war, konnte dies ihre gute Laune nicht mindern.
Sie schenkte sich ein Gläschen Wein ein, legte eine schöne CD auf und ließ den Abend mit einem frohen Gefühl und schönen Gedanken ausklingen. Auch an Silvester hörte sie weder von ihrem Mann noch von den Kindern etwas.
Erst am Neujahrsabend rief ihre Tochter an und wünschte ihr ein frohes neues Jahr, auch dass Papa ihr ein frohes Neujahr wünsche.
Langsam legte Lieselotte den Telefonhörer auf. Ihr Mann war nicht einmal fähig, ihr das selbst zu sagen.
Oh, ja, Schweigen war schon immer seine Waffe, um sie klein zu kriegen. Sie erinnerte sich an die Reise nach Griechenland.
Sie waren etwa sieben Jahre verheiratet und die beiden Kinder noch klein. Da sah sie in einem Geschäft ein schönes rotes Kleid und beschloss spontan es für den Urlaub zu kaufen und als sie es anprobierte meinte die Verkäuferin:
„Sie sehen aus wie Schneewittchen, mit ihren langen schwarzen Haaren!“
Sie freute sich und präsentierte es stolz ihrem Mann, für den sie schließlich schön sein wollte.
Da war er total ausgerastet und brüllte „Wie sie nur so sinnlos Geld verprassen konnte!“Beinahe wäre der Urlaub geplatzt, wenn er nicht schon gebucht hätte.
Doch die ganzen drei Wochen in Griechenland hatte er kein einziges Wort mit ihr gesprochen.
Damals schon hatte sie an Scheidung gedacht, doch die Kinder waren noch klein und hingen sehr an ihrem Vater.
Und sie wollt nicht, dass sie so aufwuchsen wie sie. Ihre Mutter hatte die Familie verlassen, da war Lieselotte erst zehn Jahre alt und musste sich dann um ihre vier kleineren Geschwister kümmern. Von dem strengen verschlossenem Vater bekam sie keine Hilfe.
Aber jetzt, warum nicht?
Die Kinder waren groß und hatten bereits ihre eigenen Familien und sollte man das neue Jahr denn nicht mit guten Vorsätzen beginnen.
Gab es einen besseren Vorsatz, als eine lieblose Ehe durch ein Scheidung zu beenden?
Ein Jahr war vergangen. Man schrieb den 22. Dezember.
Lieselotte verließ die Bank. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie an das Gespräch mit dem Filialleiter dachte.
Die Bank weigerte sich ihr Geld zu geben, da der Überziehungskredit überschritten war und bevor sie nicht diesen Kredit ausglich würde sie kein Geld mehr bekommen.
Sie verfluchte ihren Noch-Ehemann, nun hatte er sie soweit, wie er sie haben wollte.
Was war in diesem Jahr geschehen?
Lieselotte hatte ihre guten Vorsätze wahr gemacht und sich einen Anwalt gesucht und sobald sie eine Wohnung hatte, war sie ausgezogen.
Ein halbes Jahr war das nun her. Ihr Mann hatte getobt und wollte sie nicht gehen lassen. Er verweigerte ihr die Unterhaltszahlung und hatte sogar bei ihrer Chefin angerufen, um sie schlecht zu machen.
Da war er bei Ella aber an die Rechte gekommen! Seine Absicht war es ,wenn sie ihre Arbeit verlor, dann käme sie reumütig zurück gekrochen.
Wütend schüttelt Lieselotte den Kopf. Lieber würde sie verhungern.
Die Menschen die an ihr vorbei hasteten, sahen sie verwundert an. Lieselotte musste lächeln. Die halten mich wohl für verrückt.
Doch dann kamen ihr wieder die Tränen, aber war sie denn nicht verrückt, war ihre Freiheit dies alles wert?
Unwillkürlich straffte sie die Schultern.
Ja, das war es wert! Irgendwie würde es schon weiter gehen. Und gleich nach den Feiertagen wollte sie ihren Anwalt aufsuchen und die Klage auf Unterhalt einreichen. Aber wovon sollte sie bis dahin leben?
Ihre Kinder waren verreist und seit der Scheidungsklage sowieso nicht gut auf sie zu sprechen.
Und Ella war schon seit zwei Wochen in Italien, da ihr Vater schwer erkrankt war.
Ein tiefer Seufzer entfuhr Lieselotte und dann bemerkte sie, dass sie schon vor ihrer Haustür stand. Sie schloss auf und schleppte sich wie eine alte Frau die Treppen hoch.
Glücklicherweise war es warm in der Wohnung. Sie hängte den schweren Mantel auf und zog die Stiefel aus. Ihre ganzen Bewegungen erinnerten an einen Roboter.
Müde sank sie auf das Sofa und dann kam das ganze Elend über sie. Sie vergrub den Kopf in dem Kissen und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Als ihr Magen zu knurren begann, erhob sie sich schleppend und öffnete den Kühlschrank. Gähnende Leere, nicht einmal ein Becher Joghurt war noch da.
Wieder rannen ihr die Tränen über die Wangen. Geldbeutel leer, Kühlschrank leer, am besten sie legte sich schlafen. Doch nein, sie wollte noch nicht aufgeben.
Hoffnungsvoll durchstöberte sie die Schränke, doch außer einigen Teebeuteln fand sie nichts.
Sie stellte Wasser auf und der heiße Tee füllte etwas ihren leeren Magen, dann kroch sie ins Bett und vergrub sich in der Decke.
Spät in der Nacht, nach einem unruhigen Schlaf, wachte sie auf. Wieder machte sie sich einen heißen Tee und stellte sich mit der Tasse ans Fenster.
Es war ein sternenklarer Himmel, was bedeutete, dass es kalt werden würde.
Sinnend sah Lieselotte hinauf in das unendliche Universum und plötzlich überkam sie eine entsetzliche Wut und sie begann mit Gott zu hadern.
„Schau mich an, was habe ich jemals Böses getan. Habe ich mich nicht um meine kleinen Geschwister gekümmert, als unsere Mutter weg gelaufen war und war doch selbst noch ein Kind. Habe ich den Kleinen zuliebe nicht die bösen Launen unseres Vaters ertragen.
Vielleicht war es ein Fehler, dass ich in eine Ehe geflüchtet bin, um von zuhause weg zu kommen. Aber ich war meinen Kindern eine gute Mutter und bin nicht weg gelaufen. Habe mein eigenes Ich zurückgestellt, um ihnen die Familie zu erhalten.
Und du ,hast du nur einmal, nur ein einziges Mal etwas für mich getan.
Weißt du was? Ich habe es satt. Wenn du mich diesmal wieder im Stich lässt, dann kündige ich dir die Freundschaft!“
Sie stellte die Tasse auf der Fensterbank ab und kroch zurück ins Bett.
Als wäre durch das Hadern mit Gott eine Last von ihrer Schulter genommen schlief sie tief und traumlos. Als sie am nächsten Morgen erwachte, fühlte sich sich so leicht und voller Hoffnung, als hätte ein Engel sie gestreichelt.
Sie kochte sich wieder einen Tee, gab reichlich Zucker hinein und er wärmte und füllte ihren Magen.
Um zehn Uhr musste sie ins Gemeindehaus, um den Saal zu schmücken und dort waren immer Schalen mit Plätzchen, das würde ihr über den ärgsten Hunger hinweg helfen.
Sie lächelte.
Seltsam, sie hatte auf einmal so ein leichtes Gefühl, als würde alles gut werden.
Und als sie unter der Dusche stand, summte sie sogar ein Weihnachtslied.
Birgit schloss gerade das Gemeindehaus auf, als Lieselotte ankam.
Fröhlich schwatzend betraten sie die Halle.
Der Hausmeister hatte gestern Abend noch die hohe Tanne aufgestellt.
Und auf einem kleinen Tischchen stand eine Tupperschüssel mit Plätzchen, die seine Frau für die fleißigen Helfer gebacken hatte.
Lieselotte holte sich gleich einige der köstlichen Kekse.
„Ich habe heute noch nicht gefrühstückt,“ erklärte sie.
Birgit lachte. „Ich habe zwar schon gefrühstückt, aber sie sehen so verlockend aus.“
Sie pickte sich eine Kokosmakrone heraus.
Nach und nach trudelten die Frauen ein und bald herrschte ein geschäftiges Treiben und fröhliches Lachen.
Weihnachtslieder tönten aus den Lautsprechern.
Lieselotte fühlte sich immer wohler und da Ursel auch noch einige Stollen mitgebracht hatte, war auch ihr ärgster Hunger gestillt.
Nicole beteiligte sich kaum an dem fröhlichen Geplauder.
Sie war auffallend still und warf immer wieder einen seltsamen Blick zu Lieselotte.
Als diese dann abkommandiert wurde, um in der kleinen Küche den Glühwein warm zu machen, eilte Nicole ihr nach.
Schweigend arbeiteten die beiden Frauen zusammen, dann brach es aus Nicole heraus:
„Dank deiner Hilfe hatte meine Familie und ich letztes Jahr ein schönes Weihnachtsfest und auch im neuen Jahr hat unser Glücksstern uns nicht verlassen. Mein Mann hat eine Arbeit gefunden, ich eine Halbtagsstelle im Supermarkt an der Kasse und im Laufe des Jahres ging es uns wieder besser.“
Lieselotte drehte die Flamme etwas kleiner, denn schließlich sollte der Glühwein nicht kochen.
„Das ist doch schön und freut mich,“ meinte sie freundlich.
„Ja, aber weißt du, schon lange wollte ich dir das Geld zurück geben, aber es kam halt immer etwas dazwischen.“
Sie kramt in ihrer Schürze und zog ein Kuvert heraus und reichte es Lieselotte.
Diese sah hinein und stammelt. „500 Euro!“
Nicole lächelte strahlend. „Sind Zinsen dabei!“
Mit Tränen in den Augen umarmte Lieselotte die junge Frau.
„Ausgerechnet heute, du weißt gar nicht, wie sehr ich es gebrauchen kann.“
Und sie vertraute Nicole ihren Kummer an.
„Aber wie kam es, dass du mir gerade jetzt das Geld zurück gibst?“
„Tja, das war ganz seltsam. Ich hatte die ganze Nacht einen unruhigen Schlaf und immer wieder kam mir dein Name in den Sinn und die 400 Euro, die du mir letztes Weihnachten gegeben hast. Und so bin ich heute auf dem Weg hierher schnell noch auf die Bank, um das Geld zu holen.
Ich glaube, der liebe Gott hat dein Schimpfen Ernst genommen.“
Die beiden Frauen brachen in herzliches Lachen aus.
Ursel und Birgit erschienen an der Tür.
„He trinkt ihr den Glühwein ganz alleine!“
Es wurde noch ein wunderschöner Tag und Lieselotte fühlte sich leicht und beschwingt und sehr glücklich.
Während die anderen sich auf den Heimweg machten, huschte sie hinüber in die Kirche.
Sie kniete sich vor den Altar und dankte Gott. Die Krippe mit dem Jesuskind war schon aufgestellt und während die Frau betete, brach sich ein Sonnenstrahl im bunten Kirchenfenster und landete genau auf dem Christkind.
Und als Lieselotte sich zum Gehen umwandte, glaubte sie das Kind lächeln zu sehen.
Auf dem Heimweg kaufte sie sich noch ein kleines Festmahl für die Feiertage und leistete sich sogar eine gute Flasche Wein.
Und ihr erstes Weihnachtsfest in Freiheit wurde das Schönste und Glücklichste, das sie je erlebt hatte.
Im neuen Jahr sollte ihr Glücksstern weiter über ihr leuchten.
Als ihre Tochter sich nach den Feiertagen bei ihr meldete, erzählte ihr Lieselotte alles und diese wurde so wütend, dass sie sich sofort mit dem Vater in Verbindung setzte und ihm die Hölle heiß machte.
Sie drohte, nie wieder ein Wort mit ihm zu sprechen, wenn er nicht endlich der Mutter den Unterhalt zahlen würde.
Das half!
Ihr Noch- Ehemann überwies ihr den ausstehenden Unterhalt, der die Schulden auf der Bank tilgte und leistete dann regelmäßigeZahlungen.
Lieselotte konnte jetzt, wenn zwar bescheiden, jedoch sorgenfrei der Zukunft entgegen sehen.
©
Lore Platz 2013
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