Samstag, 30. November 2024

Ein ganz besonderer heiliger Abend

 


  

 Ein ganz besonderer heiliger Abend

 

Dicke schwere Schneeflocken fallen gemächlich vom 

Himmel und hüllen das Land in eine warme weiße 

Decke.

Es ist Hl. Abend und ein ganz besonderes Flimmern 

liegt in der Luft.

Patrick muss an diesem Tag genauso schwer arbeiten 

wie sonst.

Tobias hat ihm einen geschnitzten Esel geschenkt und 

Tildchen, die für den Müller kocht, hat dem Jungen 

heimlich eine Mütze und Handschuhe gestrickt und ihm 

einige Plätzchen zugesteckt.

Nun liegt Patrick oben in seinem Heubett und 

betrachtet die funkelnden Sterne durch die Luke und 

knabbert an seinen Plätzchen.

Er denkt an die Weihnachten, als seine Mutter noch 

lebte.

Wie schön und behaglich es doch immer war.

Patrick seufzt.

Es ist kalt und er kann nicht einschlafen.

„Ding, Dong, Ding, Dong!“

Vom Dorf klingen die Kirchenglocken herauf und rufen 

zur Christmette.

Patrick springt auf, stülpt sich die neue Mütze über den 

Kopf und verlässt leise den Hof.

Im Laufschritt eilt er ins Dorf hinunter.

Von allen Seiten strömen die dick vermummten Leute 

der Kirche zu.

Ein tiefes Glücksgefühl erfüllt Patrick, als er die hell 

erleuchtete Kirche betritt.

Vor dem Altar sind Maria und Josef aufgebaut und 

betrachten liebevoll das Jesuskind, das in der Krippe 

liegt und die Arme ausbreitet.

Der ganze Raum ist erfüllt mit Weihnachtsfrieden und 

Weihnachtsfreude.


Glücklich singen sie die altbekannten und doch so 

schönen Weihnachtslieder und für kurze Zeit ist alle 

Not und Kummer vergessen.

Ruhig stapft Patrick durch den tiefen Schnee nach 

Hause.

Tiefer Frieden umgibt ihn.

Als er den Hof erreicht, schleicht er leise in den Stall zu 

Eulenspiegel.

Der kleine Esel liegt auf seinem Strohlager und schläft.

Liebevoll streicht der Junge seinem Freund über das 

graue Fell und flüstert: „Frohe Weihnachten, mein 

Lieber.“

Eulenspiegel öffnet die Augen.

„Frohe Weihnachten, lieber Patrick.“

Der Junge dreht sich um. „Tobias?“

Ein Kichern ertönt.

„Tobias schläft, ich habe dir frohe Weihnachten 

gewünscht, iaaah, iaaah!“

Der Esel wirft den Kopf in die Höhe und bleckt lachend 

die Zähne.

Patrick sitzt da und schaut, als verstünde er die Welt 

nicht mehr.

Plötzlich beginnt es ringsum laut zu werden.

Die Tiere lachen.

Matilda die alte Milchkuh tief und gutmütig, Heinrich 

der alte Wallach wiehert vergnügt. Hermann der 

Ziegenbock meckert kurz und schrill.

Selbst der kleine Spatz oben auf dem Dachbalken 

kichert fröhlich.

Matilda stößt Patrick mit ihrem weichen Maul vorsichtig 

an der Schulter.

„Weißt du nicht, dass die Tiere am Hl. Abend sprechen 

können?“

Der Junge schüttelt noch immer verwundert den Kopf.

Die Kuh lacht leise.

„Wir sprechen aber nur mit denen, die wir gern haben!“

Und nun reden sie alle durcheinander, denn jeder 

möchte Patrick versichern, wie gern er ihn hat.

Später als die Tiere wieder schlafen, liegt der Junge bei 

seinem Freund dem Esel und sie unterhalten sich die 

ganze Nacht.“


© Lore Platz 2014

Wie`s Gritele mit dem Christkind sprach

 

 


Gibt es etwas schöneres als den Kinderglauben.

Als Kind glaubt man noch, dass die Welt voller Wunder ist und manchmal wenn man Glück hat geschieht tatsächlich ein Wunder.

 

Wie`s Gritele mit dem Christkind sprach


Gritele liegt bäuchlings auf dem Boden vor sich ein Blatt weißes Papier, in der Hand einen blauen Stift.
Eigentlich heißt sie ja Brigitte, aber jeder nennt sie nur Gritele.
Jetzt scheint sie eine Idee zu haben, denn der Stift fährt eifrig über das Blatt und zaubert ein blaues Strichmännchen.
Dann setzt sie noch eine Reihe „Os“ unter die Zeichnung, denn das ist der einzige Buchstabe den sie kennt.
Zufrieden betrachtet sie ihr Werk, springt auf und läuft in die Küche.
Die Mutter strickt und der Vater liest Zeitung.
Gritele legt die Zeichnung stolz vor die Mutter und klettert auf einen Stuhl.
„Wie schön, du hast mir ein Bild gemalt!“ ruft die Mutter erfreut.
Gritele schüttelt den Kopf.
„Nein, das ist ein Brief an das Christkind, du musst ihn zusammen falten und auf die Fensterbank legen, damit die Englein ihn holen können. Ich wünsche mir nämlich ein Puppe zu Weihnachten.“
Die Mutter wird etwas blass und der Vater hebt den Kopf.
„Das Christkind bringt keine Puppe,“ meint er barsch und Gritele sieht ihn mit großen Augen an.
„Aber warum denn nicht? Ich war doch ganz brav?“
Der Vater sieht in die Augen seines Kindes und es schmerzt ihn, deshalb sagt er schroffer, als er
wollte.
„Weil das Christkind nicht zu armen Leuten kommt, also schlag dir die Idee aus dem Kopf.“
Doch Gritele gibt nicht nach.
„Das Christkind kommt zu allen Kinder, ob arm oder reich, denn es liebt die Kinder, so hat der Herr Pfarrer gesagt.“
„Was weiß denn der schon!“ grollt der Vater und die Mutter wirft ihm einen warnenden Blick zu.
„Es gibt keine Puppe und nun will ich nichts mehr davon hören!“
Gritele sieht ihn an, Tränen sammeln sich in ihren Augen und die Unterlippe bebt.
„Du bist gemein, ich mag dich gar nicht mehr leiden!“
Sie springt vom Stuhl und verlässt die Küche.
„Musste das sein?“ fragt die Mutter vorwurfsvoll.
„Glaubst du denn, es tut mir nicht weh, dass ich dem Kind seinen Wunsch nicht erfüllen kann!“
Er springt auf und verlässt ebenfalls die Küche.
Die Mutter aber vergräbt den Kopf in beiden Händen und ihre Schultern zucken.
Seit die große Fabrik schließen musste waren die meisten hier im Viertel arbeitslos und ihr Mann konnte schwer damit fertig werden.
Energisch richtet sie sich auf und wischt sich die Tränen ab.
Dann blickt sie auf den großen Korb mit aufgetrennter Wolle.
Sie hatte zwei ihrer Pullover aufgetrennt, um für Gritele etwas zu stricken, damit wenigstens ein Päckchen unter dem alten Plastikbaum lag.
Die Wolle würde doch bestimmt noch für einen kleinen Teddybären reichen.
Und bald klappern die Stricknadeln mit dem Ticken der alten Kuckucksuhr um die Wette.
Gritele aber sitzt auf der Fensterbank und sieht den Schneeflocken zu, die im Licht er Straßenlaternen tanzen.
Auf ihren Wangen sind noch die Tränenspuren zu sehen und ihr Blick ist traurig.
Die Abendmesse ist vorbei und die Menschen strömen aus der gegenüberliegenden Kirche.
Sie bleiben auf den Stufen stehen, schlagen ihr Mantelkrägen hoch und gehen mit eingezogenen Köpfen die Straße entlang.
Und dann hat Gritele eine Idee.
In der Kirche wohnt doch das Christkind.
Sie wollte hinüberlaufen und mit dem Christkind persönlich sprechen, das war ja noch besser als ein Brief.
Im Flur schlüpft sie in die Stiefel und Jacke und verlässt ganz leise die Wohnung.
Bevor sie über die Straße geht, sieht sie erst nach rechts, dann nach links, wie ihr Mama das beigebracht hat.
Die schwere Kirchentür bereitet ihr etwas Mühe, aber irgendwie schafft sie es einen kleinen Spalt zu
öffnen, durch den sie hindurch schlüpfen kann.
In der Kirche ist es still und es riecht nach abgebrannten Kerzen und Weihrauch.
 


Vorne am Altar ist die Hl. Familie aufgebaut und zielstrebig geht das Mädchen auf die Krippe mit dem Jesuskind zu.
Sie beugt sich hinunter und gibt dem Baby einen Kuss.
Dann steht sie da und weiß nicht wie sie beginnen soll.
Doch dann gibt sie sich einen Ruck und erzählt dem Christkind, dass es ihm einen Brief geschrieben hat, weil sie sich eine Puppe wünscht, aber Papa böse geworden ist und gesagt hat: „Das Christkind kommt nicht zu armen Leuten.“
„Nicht wahr, das stimmt nicht und Papa hat nicht recht, du liebst alle Leute, auch die armen. Bei uns ist es gar nicht mehr schön zu Hause, Papa ist immer schlecht gelaunt, seit er keine Arbeit mehr hat.“
Gritele kraust die Stirn und ruft:
„Ich hab`s, kannst du dem Papa nicht eine neue Arbeit schenken, damit er wieder lachen kann.
Du, du...,“ Es fällt ihr nicht leicht dies zu sagen:
„Du brauchst mir auch keine Puppe bringen!“
Dann beugt sie sich über das Kind und gibt ihm einen Abschiedskuss.
Noch jemand hat die Unterhaltung belauscht.
Der Pfarrer wollte gerade aus der Sakristei treten, als er das Mädchen mit dem Jesuskind sprechen
hörte und blieb stehen, um es nicht zu stören.
Jetzt tritt er heraus.
„Hallo Gritele, bist du ganz allein über die Straße gelaufen.“
Das Mädchen nickt ernsthaft.
„ Ich musste etwas ganz Wichtiges mit dem Christkind besprechen.“
Der Pfarrer nickt.
„Das Christkind wird dir sicher helfen. Aber nun komm, ich bringe dich nach Hause.“
Frau Berger erschrickt, als der Pfarrer mit dem Gritele vor der Tür steht, sie hat noch gar nicht bemerkt, dass die Kleine weg war.
Der Pfarrer lädt sie ein, nach der Kindermette am Heiligen Abend, doch zu der Weihnachtsfeier zu kommen und Frau Berger verspricht es.
Endlich kommt der lang ersehnte Tag und voller Freude öffnet Gritele das Päckchen, das unter dem kleinen Plastikbaum liegt.
Bei der Strickmütze, dem Schal und den Handschuhen liegt auch ein putziger gestrickter Teddybär.
Frau Berger beobachtet etwas ängstlich ihre kleine Tochter, doch diese drückt voller Freude den kleinen Bären an ihr Herz.
Dachte sie doch, das Christkind hätte ihr keine Puppe gebracht, weil sie einen viel größeren Wunsch erfüllen würde. Verschmitzt blickt sie zu ihrem Vater.
Was er wohl sagen würde, wenn das Christkind ihm eine neue Arbeit schenkt.
Nach der Mette geht es hinüber ins Gemeindehaus.
Unter einem großen, bis zu Decke reichender Baum
der herrlich geschmückt ist mit bunten Kugeln, Engeln, und Lametta liegen viele bunte Päckchen.
Nachdem sich alle an die großen Tische gesetzt
haben, die auch weihnachtlich dekoriert sind, tritt Pfarrer Jürgens ans Mikrofon.
„Wie ihr seht war das Christkind bei uns und hat für jedes Kind ein Geschenk da gelassen.
Ich werde jetzt jeden einzelnen aufrufen und ihm sein Paket überreichen.
Es dauerte etwas bis auch Gritele aufgerufen wird. Sie bedankt sich mit einem Knicks und trägt vorsichtig das Paket an den Tisch zu ihren Eltern.
Was da wohl drin war.
Als sie das Papier entfernt lacht ihr eine Puppe entgegen.
Sie erschrickt ein wenig, würde nun Papa sein Geschenk nicht erhalten?
 


Sie schiebt die Puppe weg, nein sie will sie gar nicht haben.
„Gefällt sie dir nicht?“ flüstert ihre Mama und Papa will schon wieder los schimpfen, von wegen undankbar, aber da klopft der Herr Pfarrer an das Mikrofon und ruft:
„Bitte um eure Aufmerksamkeit!
Heute ist Weihnachten, die Zeit der Wünsche und Wunder.
Und heute hat das Christkind nicht nur die Kinder beschenkt, es hat auch an die Erwachsenen gedacht.
Die Firma Grossmann und Co hat einen Käufer gefunden und wird nächstes Jahr wieder eröffnet
und jeder erhält seinen Arbeitsplatz zurück.“
Jubel brandet auf und Gritele schmiegt sich erschrocken an ihre Mutter.
„Warum brüllen die denn alle so?“
„Kind dein Vater wird wieder seine Arbeit bekommen,“ jubelt die Mutter und drückt Gritele ganz fest.
Die aber beginnt zu strahlen und nun endlich nimmt sie ihre Puppe in den Arm.
Das Christkind hatte ihr beide Wünsche erfüllt.



© Lore Platz 2014


Freitag, 29. November 2024

Nikolaus

 

Durch die Globalisierung rückt die Welt doch immer mehr zusammen und ich habe mich im Internet auf die Suche nach Weihnachtsbräuchen in anderen Ländern gemacht.

Ist schon etwas Schönes, dieses Internet.

Als ich früher meinen Nachhilfe-Kindern bei einem Referat half, musste ich immer mehrere Bücher wälzen.

Jetzt gebe ich nur noch ein, was ich wissen möchte und erhalte eine Fülle von Informationen.

Dann wollen wir mal sehen, wie die Holländer feiern.

Die Holländer feiern nicht am 24.12. Weihnachten, sondern die große Feier ist am 6. 12.

Ende November kommt der Sinterklaas, bekleidet mit rotem Bischofsmantel, Bischofsmütze und weißen Handschuhen mit einem Schiff in Amsterdam an und reitet auf seinem Schimmel an Land. Dort werden er und sein Begleiter, der Zwarte Piet in einer großen Prozession zum Königspalast geführt und von Königin Beatrix empfangen.

Die Kinder stellen die Stiefel neben den Ofen, dazu einen Eimer Wasser, eine Mohrrübe und etwas Heu für den Schimmel denn Sinterklaas und der Zwarte Piet reiten nachts über die Dächer der Häuser und verteilen kleine Geschenke.

Am 5.12 wird dann ein großer Sack für Geschenke vor die Tür gelegt und am 6.12.findet ein richtiges großes Familienfest statt, bei der die Kinder und die Erwachsenen beschenkt werden.

Die Geschenke werden aufwendig verpackt, oft steckt eine Schachtel wieder in einer anderen

 

Hattet ihr als Kinder auch immer so Angst vor dem Nikolaus?

Mir war immer so bange, denn der begleitende Knecht Ruprecht war ein rauer Geselle und mit der Rute nicht zimperlich.

Einmal ist unsere Katze auf seinen Sack mit den Geschenken gesprungen und meine Schwester Karin kicherte, bautsch , da hatte sie eine mit der Rute bekommen.

Von meinem Mann wurde eine Geschichte überliefert, die mich immer wieder zum Lachen brachte:

Die Familie saß wartend auf den Nikolaus um den Tisch herum, da stellte sich Klein-Kurtl mitten ins Zimmer und prahlte:

Ich habe keine Angst vor dem Nikolaus, wenn der kommt, dann hau ich ihm eine runter, dass er denkt das Christkind ist ein Adler!“

Da klopfte es an der Tür.

Der noch eben so mutige Prahlhans sprang quer über den Tisch

auf den Schoß seiner Oma.






 „Warum es einen Weihnachtsmann gibt.



Vor vielen vielen Jahren, als das Christkind noch nicht geboren war, da wurden die Kinder von Frau Holle beschenkt und begleitet wurde diese von Jack Frost. Denn auch damals gab es böse, freche Kinder. Doch wenn Jack Frost mit der Rute drohte, oder gar seinen Stab hob, mit denen er sie zu Eis erstarren lassen konnte, wurden selbst die frechsten Buben ganz kleinlaut.

So vergingen viele hundert Jahre und das Christkind wurde geboren und brachte die Freundlichkeit und Liebe in die Welt.

Als es dann zurück zu seinem Vater in den Himmel kam, da überzeugte es auch diesen, dass nicht alle Menschen so böse sind. Gott Vater war nämlich oft sehr wütend über die Menschen, wenn sie mal wieder Kriege anfingen, Menschen töteten und alles zerstörten was er ihnen doch als Geschenk gegeben hatte.

Jesus aber bat seinen Vater, wenn dieser die Erde für immer zerstören wollte, den Menschen doch eine Chance zu geben.

Und eines Tages schlug er ihm vor, dass er einmal im Jahr an seinem Geburtstag auf die Erde gehen wollte und den Menschen die Herzen für die Liebe öffnen wollte.

Und so beschenkte er die Kinder an seinem Geburtstag und zeigte ihnen die Liebe, die er für sie fühlte.

Doch die Welt wurde immer größer, die Menschen immer mehr und nicht alle glaubten an das Christkind.

Da Jesus aber ein gutes Herz hatte und besonders die Kinder liebte, tat es ihm weh, dass nicht alle Kinder beschenkt wurden.

Also fragte er Frau Holle und diese erzählte ihm, dass sie einst mit Jack Frost die Kinder beschenkt hätte.

Jesus wanderte zum Nordpol und fragte den grimmigen Alten, ob er nicht die Kinder zu denen er nicht kommen konnte, weil sie nicht an ihn glaubten, beschenken wollte.

Dieser sah ihn kopfschüttelnd an und seine dicken Augenbrauen wölbten sich wie Würmer.

Du bist ein komischer Kauz, warum willst du denn die Kinder beschenken, die nicht an dich glauben.“

Ein leises Lächeln glitt über das Gesicht von Gottes Sohn.

Weil ich alle Menschen liebe und wenn man jemanden liebt muss man ihm auch die Freiheit lassen anders zu denken und zu sein. Es gibt so viele Religionen auf der Welt und jeder sucht für sich den richtigen Weg. Und ich liebe die Kinder ganz besonders, egal welche Religion oder Hautfarbe sie haben. Darum bitte ich dich als Weihnachtsmann an meiner Stelle diese Kinder zu beschenken. Glaube mir sie werden dich und dein poltrige Art lieben.“

Und so wurde aus Jack Frost der Weihnachtsmann, der jedes Jahr mit seinem Renntierschlitten auf den Dächern landet und durch den Kamin rutscht, um die Päckchen für die Kinder unter den Weihnachtsbaum zu legen.“

Lena ist sehr still, dann sagt sie leise.

Im Kindergarten ist ein Junge, er heißt Achmed und hat eine andere Religion. Sie feiern bei ihm zu Hause auch nicht Weihnachten. Weißt du was, ich werde ihm am letzten Tag im Kindergarten etwas schenken und ihm sagen, dass ist weil wir den Tag der Liebe feiern.“

Oma Karin gibt ihr einen Kuss.

 

Lore Platz 2014


Kann man sich vom Christkind eine Mutter wünschen? Geht das denn?

 


Kann man sich vom Christkind eine Mutter wünschen?

Geht das denn?

Das Waisenhaus in der Amselgasse ist hell beleuchtet.

Rechts und links neben den breiten Stufen steht auf der einen Seite ein großer Weihnachtsmann und auf der anderen Seite Rudolf das Rentier, dessen rote Nase lustig blinkt.

Die doppelseitige Eingangstür ist von einer Lichterkette, deren Lämpchen in verschiedenen Farben blinken, eingerahmt.

Auch das Innere des Hauses ist festlich geschmückt und aus der großen Halle dringt Musik, fröhliche Stimmen und lautes Kinderlachen.

Angelika, eines der Mädchen, das seit zwei Jahren im Waisenhaus ist, wurde adoptiert und darf bereits Weihnachten mit ihren neuen Eltern verbringen.

Es sind auch ihre Adoptiveltern , die dieses Abschiedsfest mit ihren Freunden hier im Waisenhaus, geben.

Alle haben sich in der Halle versammelt, um gemeinsam zu feiern.

Nur im zweiten Stock sitzt Lotta in ihrem kleinen Zimmer, das sie mit Angelika teilt und sieht traurig auf das Bett und den gepackten Koffer ihrer besten Freundin.

Leise wird die Tür geöffnet und Angelika schlüpft herein.

Lotta willst du denn nicht zu meiner Abschiedsparty kommen?“

Das Mädchen schüttelt den Kopf.

Ich bin so traurig!“

Angelika setzt sich neben sie und legt ihren Kopf an Lottas Schulter.

Ich auch, schade, dass sie dich nicht auch adoptiert haben.“

Die achtjährige Lotta seufzt kummervoll.

Mich adoptiert keiner, ich bin viel zu hässlich und mein Temperament bringt mich doch immer wieder in Schwierigkeiten.“

Weißt du was, du könntest doch das Christkind bitten, dass es dir eine Mutter bringt.“

Geht das denn?“ fragt Lotta erstaunt.

Angelika nickt eifrig.

Sicher, ich habe jeden Abend gebetet, dass ich eine Familie bekomme und dann wurde ich adoptiert.“

Sie springt auf und umarmt ihre Freundin.

Ich muss wieder hinunter, kommst du mit?“

Lotta schüttelt den Kopf.

Später vielleicht!“

Als Angelika das Zimmer verlassen hat, stützt Lotta ihren Kopf in die Hände und überlegt.

Vielleicht wäre es doch keine so schlechte Idee mit dem Christkind.

Sie wollte gegenüber in die Kirche gehen, wo das Christkind wohnt und persönlich mit ihm sprechen.

Sie springt auf, schlüpft in ihre warme Jacke und schleicht die Treppe hinunter.

Niemand bemerkt, dass sie das Haus verlässt.

In der Kirche ist es still und es riecht nach Weihrauch.

In der ersten Bank sitzt eine Frau, ganz in schwarz gekleidet und Lotta stellt sich auf die Zehenspitzen, um ganz leise an ihr vorbei zu gehen, denn sie will ja zur Krippe mit dem Jesuskind.

Als sie an der Bank vorbei kommt, sieht sie wie die Frau bitterlich weint und erschrocken bleibt sie stehen.

Leise setzt sie sich neben die Unglückliche.

Diese blickt auf und sieht das Mädchen.

Hallo, ich bin Lotta!“

Die Frau putzt sich die Nase, wischt sich die Tränen aus den Augen und lächelt.

Hallo, ich bin Frau Bergmeister.“

Warum weinst du denn?“

Ich bin traurig, weil meine Tochter gestorben ist.“

Das tut mir leid, ist sie schon beerdigt?“

Ja, sie ist nun schon zwei Jahre tot!“

Und so lange weinst du schon, weißt du denn nicht, dass du dein Kind ganz unglücklich machst und es gar nicht mit den Engeln fröhlich herumtollen und spielen kann.“

Die Frau sieht sie erstaunt an und Lotta erklärt.

Schwester Martina hat uns ein Märchen vom Tränenkrüglein vorgelesen und da hat die Mutter auch so geweint und das Kind im Himmel musste den großen Eimer mit Tränen herumschleppen und konnte gar nicht mit den anderen Engeln spielen.“

Frau Bergmeister ist ganz still und nun fällt ihr auch das Märchen von Ludwig Bechstein ein, dass sie vor vielen, vielen Jahren gelesen hat und es wird ihr ganz eigen zumute.

Eine Weile sitzen die Beiden ganz still da, dann steht Lotta auf.

Nun muss ich aber zum Christkind nach vorne, denn ich habe etwas Wichtiges mit ihm zu besprechen.“

Die Dame sieht das komische kleine Mädchen mit den roten kurzen Stoppeln auf dem Kopf lächelnd an.

Du bist wohl vom Waisenhaus auf der anderen Seite und willst deinen Wunsch dem Christkind persönlich sagen.

Verrätst du mir denn auch was du dir wünscht?“

Lotta setzt sich wieder und meint ernsthaft:

Meine beste Freundin Angelika ist adoptiert worden und feiert eben ihre Abschiedsparty, aber ich konnte nicht hinunter gehen, weil ich so traurig bin und will das Christkind nun fragen, ob es nicht auch eine Mutter für mich finden könnte. Aber es wird wohl schwer sein, denn ich bin eine Heimsuchung!“

Frau Bergmeister zuckt etwas zusammen.

Wie kommst du auf diese Idee?“

Der Niklas ist ein ganz böser Junge und ärgert und schlägt immer die kleineren Kinder.

Er hat dem kleinen Rudi seinen Lutscher weggenommen, da bin ich auf ihn losgegangen, denn vor mir fürchtet der Niklas sich.

Der Feigling ist dann auch davon gelaufen und ich hinterher.

In der Küche dann bin ich über das Fass mit Mehl gestolpert und alles war weiß ,als hätte es in der Küche geschneit.“

Lotta kichert.

Schwester Edeltraud hat die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen und gerufen:

Dieses Kind ist eine Heimsuchung mit ihrem höllischen Temperament!“

Dann hat sie ganz komisch die Augen verdreht und gestöhnt:

Es liegt an den roten Haaren!“

Ich wurde dann auf mein Zimmer geschickt, damit ich nachdenken konnte und ich habe nachgedacht.

Wenn es nur an meinen roten Haaren liegt, dass ich immer in Schwierigkeiten gerate, dann brauchte ich sie doch nur abzuschneiden.

Doch das war dann auch wieder nicht Recht und ich bekam eine Woche keinen Nachtisch.“

Lotta seufzt tief.

Die Erwachsenen sind schon komisch, nie kann man es ihnen recht machen.“

Frau Bergmeister sieht diese seltsame kleine Person an und ihr Blick fällt auf die roten kurzen Haare, die, wie die Stacheln eines Igels, vom Kopf abstehen und dann beginnt sie zu lachen.

Fröhlich und befreiend lacht sie, wie schon seit langem nicht mehr.

Lotta blickt sie erstaunt an.

Erwachsene sind wirklich manchmal seltsam.

Als Frau Bergmeister sich endlich wieder beruhigt hat, streicht sie Lotta über den Kopf und sagt liebevoll.

Lotta dich hat mir der liebe Gott geschickt oder meine Klara, damit ich endlich zur Vernunft komme.“

Das Mädchen nickt, obwohl sie nicht ganz versteht, aber sie mag diese Frau.

Weißt du, ich bin an Weihnachten ganz allein und du bist auch allein, weil deine beste Freundin nicht mehr da ist.

Wir könnten doch Weihnachten gemeinsam feiern?“

Geht das denn?“

Und ob das geht!“ sagt Frau Bergmeister energisch.

Schließlich saß sie im Vorstand der Stiftung, die das Waisenhaus unterstützt.

Vorsichtig schiebt sie Lotta aus der Kirchenbank und nimmt ihre Hand.

Wir gehen jetzt zusammen auf die Abschiedsparty deiner Freundin und anschließend sprechen wir mit der Schwester Oberin.“

Und Hand in Hand gehen die beiden einsamen Gestalten, die ein Zufall zusammengeführt hat, zum Ausgang.

War es wirklich der Zufall?

Oder hatte doch das Christkind die Hand im Spiel?

Vielleicht geht es manchmal doch!


© Lore Platz




Der Engel, der vom Schlitten fiel

 


Der Engel, der vom Schlitten fiel


Frederic lugt vorsichtig in die Backstube, aus der köstliche Düfte seine Nase kitzeln und locken.

Er grinst vergnügt als er niemanden dort erblickt und eilt mit schnellen Schritten zu dem Regal, wo die Plätzchen zum Auskühlen abgestellt sind.

Vergnügt langt er in eine der Dosen, holt sich eine Handvoll heraus und stopft sie in den Mund.

Mit dicken Backen kauend sieht er sich nach einer neuen Sorte der leckeren Kekse um.

Dachte ich doch, dass du Leckermaul hier bist!“, reißt ihn die Stimme seines Freundes Markus aus seinen seligen Gedanken.

St. Nikolaus wartet in der Halle und alle suchen nach dir!“

Frederic schluckt schnell den Rest hinunter, schürzt sein Kleidchen und rast durch den Himmel.

Atemlos erreicht er die große Halle, in der St. Nikolaus neben dem voll bepackten und startbereiten Schlitten bereits auf ihn wartet.

Der weiße Schimmel scharrt schon ungeduldig mit den Hufen.

Petrus der neben Nikolaus steht wirft Frederic einen finsteren Blick zu und grollt.

Länger hätten wir jetzt nicht mehr gewartet und ein anderer Engel hätte St. Nikolaus auf die Erde begleitet!“

Frederic wird rot und wirft dem Bischof einen entschuldigenden Blick zu, dann klettert er blitzschnell auf die Pakete im Rücksitz des Schlittens.

Das große Himmelstor öffnet sich und sie schweben durch die Wolken auf die Erde.

Unten angekommen geht es in Windeseile durch Städte und Dörfer.

Der kleine Engel, der zum ersten Mal auf der Erde ist kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.




Leider verweilen sie immer nur kurz an einem Ort und

Frederic ist so beschäftigt mit Päckchen schleppen und an die Kinder verteilen, dass er wenig von seiner Umgebung sehen kann.

Als sie durch einen Wald fahren, fliegt plötzlich vom Baum eine Ladung Schnee herunter und direkt auf den Engel, der ganz oben auf den Päckchen thront, um ja alles um ihn herum im Blick zu haben.

Er schwankt und stürzt vom Schlitten.

St. Nikolaus , der nichts bemerkt hat, fährt ahnungslos weiter.

Der kleine Engel liegt einen Moment benommen im Schnee.

Als er die Augen wieder öffnet haben sich die Tiere des Waldes um ihn geschart und betrachten ihn neugierig.

Hallo, könnt ihr nicht St. Nikolaus nachlaufen und ihn aufhalten?“

Ein Hirsch, der sich etwas abseits gehalten hat, tritt nun näher.

Tut mir leid, kleiner Engel, aber der Schlitten des Nikolaus ist viel zu schnell für uns, den können wir nicht mehr einholen.“

Ich heiße Frederic,“ stellt dieser sich vor.

Angenehm, mein Name ist Adrian.“

Und wir sind Hoppel, Poppel und Stups!“ rufen die Hasen.

Es raschelt im Gebüsch und ein Eichkätzchen kommt heraus.

Hört mal die kleine Annika sitzt da vorn und weint.“

Dann sieht es den Engel.

Wer bist denn du?“

Der kleine Stups drängt sich nach vorn und erklärt wichtig:

Das ist Frederic, er ist vom Schlitten des Nikolaus gefallen!“

Dieser hat sich inzwischen erhoben und klopft sich den Schnee aus dem Kleidchen.




Wer ist denn Annika und ist sie auch gefallen, oder warum weint sie?“

Annika ist ein kleines Mädchen und wohnt mit ihrer Mutter in dem Häuschen am Waldrand.

Sie ist sehr lieb und immer nett zu uns Tieren.

Warum sie weint, weiß ich nicht, aber du könntest sie ja fragen.

Du sprichst doch die Sprache der Menschen?“

Frederic nickt und zusammen mit den Tieren gehen sie zu dem Mädchen, das auf einem Baumstamm sitzt und bitterlich weint.

Mitleidig umringen sie die Tiere und schniefend fährt sich das Mädchen mit dem Handschuh über die Augen.

Dann starrt sie Frederic mit offenen Mund an.

Du bist ja ein Engel!“

Ja und ich heiße Frederic, aber sag warum weinst du denn?“

Das Mädchen deutet auf den Korb, der neben ihr steht.

Ich habe Tannenzapfen und kleine Äste gesammelt zum Anheizen, dann habe ich den Schlitten des Nikolaus bimmeln gehört und bin losgelaufen, um ihn zu sehen.

Dabei habe ich mich verlaufen!“

Die Tiere können dir bestimmt den Weg nach Hause zeigen, nicht wahr?“ wendet sich der Engel an diese.

Diese nicken.

Und bald sind sie alle zusammen auf dem Weg zum Haus am Waldessrand.

Annika hat Frederic angeboten bei ihnen zu warten, denn der Hl. Nikolaus kommt immer auf dem Rückweg bei ihnen vorbei.

Die Tiere kehren in den Wald zurück und der Engel folgt dem Mädchen ins Haus.

Die Mutter blickt erstaunt auf den Jungen der im Kleidchen und barfuß ihre Stube betritt.

Mein Junge, du musst ja frieren, komm schnell zum Ofen und setz` dich.“

Frederic lacht vergnügt. „Engel frieren nicht!“

Ach du bist ein Engel?“ fragt Annikas Mutter etwas zweifelnd.

Ja, stell dir vor, St. Nikolaus ist mit seinem Schlitten durch den Wald gefahren und Frederic ist herunter gefallen.

Nicht wahr er kann doch bei uns warten, bis der Heilige Bischof heute Abend bei uns vorbeikommt?“

ruft Annika, die sich inzwischen aus dem Mantel geschält hat und mit ein paar flauschigen Pantoffeln in der Hand in die Stube kommt.

Sie hält sie dem Engel hin und dieser schlüpft hinein.

Voller Wohlbehagen lächelt er.

Die sind aber schön weich!“

Mama dürfen Frederic und ich auf mein Zimmer gehen?“

Diese nickt abwesend, sie sitzt bereits wieder an ihrer Nähmaschine, den bald kommt eine Kundin zur Anprobe.

Annika zeigt nun dem Engel ihr kleines Reich.

Auf dem Bett sitzen mehrere Plüschtiere und der Engel erkennt einige, die im Himmel genäht worden sind.

Da meint Annika auch schon:

Die hat mir alle das Christkind gebracht, jedes Jahr eines.“

Was hast du dir denn für dieses Jahr gewünscht?“

Weißt du das denn nicht?“

Aber nein, für die Briefe sind andere Engel zuständig,“ meint Frederic und gesteht etwas verschämt:

Ich kann noch nicht so gut lesen!“

Oh ich kann schon ganz gut lesen! Lesen ist sooo schön!

Ich bin ja auch schon in der zweiten Klasse und ich habe mir vom Christkind ein großes Geschichtenbuch und Schlittschuhe gewünscht, glaubst du ich bekomme das?“

Frederic nickt ernst:

Bestimmt, du bist ja ein ganz braves Mädchen und außerdem sind es ja gar keine ausgefallenen Wünsche.“

Das wäre schön! Willst du mal sehen welche Geschenke ich für Weihnachten gebastelt habe?“

Ihr Menschen fertigt auch Weihnachtsgeschenke?“

Nun staunt der Engel aber.

Aber natürlich, weißt du, die Erwachsenen bekommen doch nichts vom Christkind, also habe ich für Mama eine kleine Schachtel für ihre Nähnadeln ..., warte ich zeig sie dir.“

Sie läuft zum Schrank und kramt darin herum, dann kommt sie mit einem wollenem Tuch und legt es vorsichtig auf den Boden.

Die Beiden setzen sich und Annika schlägt das Tuch auseinander und zeigt ihm ihre Schätze.

Eine hübsch bemalte Schachtel für die Mama, noch eine Schachtel mit buntem Papier beklebt, für die Pfeifenreiniger des Opas und einen gehäkelten Topflappen, der leider etwas schief geraten ist, für die Oma.

Traurig sieht Annika auf ihre Schätze und seufzt.

Nur für die arme Frau Markwart habe ich noch nichts, denn ich weiß nicht was ich ihr schenken soll, hast du keine Idee?“

Ich kenne die Frau doch gar nicht.“

Sie ist ganz ganz lieb, aber sie kann nicht mehr laufen, und muss den ganzen Tag im Rollstuhl sitzen. Morgens kommt immer der Pflegedienst und wäscht sie, dann helfen sie ihr beim Anziehen und dann sitzt sie den ganzen Tag am Fenster und sieht hinaus.“

Hat sie denn keine Kinder?“

Nein sie ist ganz allein, manchmal gehe ich mit Mama hinüber, wir bringen ihr dann eine Suppe oder einen Kuchen.Sie freut sich immer so.

Ach sie ist immer so lieb und freundlich und ich würde ihr so gerne eine Freude machen.“

Frederic stützt den Kopf in die Hände und überlegt angestrengt und Annika beobachtet ihn gespannt dabei.

Könntest du ihr denn nicht auch einen Topflappen häkeln wie deiner Oma.“

Das Mädchen schüttelt den Kopf, „ das geht so schrecklich

schwer und außerdem kocht Frau Markwart ja nicht mehr.“

Frederic wirft einen Blick zum Regal, auf dem einige Bücher stehen.

 


Und wenn du ihr eines deiner Bücher schenkst, du hast doch gesagt , dass Lesen so schön ist.“

Ihre Augen sind so schwach!“

Wieder versinkt der Engel in Gedanken, dann ruft er plötzlich:

Ich weiß etwas, du schenkst ihr Zeit!“

Wie soll das denn gehen?“

Du gehst jeden Tag zu ihr und liest ihr etwas aus deinen Büchern vor, das freut sie bestimmt und sie ist nicht mehr so allein und sie hat jeden Tag etwas worauf sie sich freuen kann.“

Annika umarmt den Engel stürmisch.

Das ist eine gute Idee! Aber wie verschenkt man denn Zeit?“

Schreibe ihr einen Brief!“

Bald liegen beide bäuchlings auf dem Boden und basteln an dem Brief für die alte Frau.

Sie malen große Buchstaben, damit sie es auch lesen kann.

Dann faltet Annika das Blatt zusammen und sie laufen hinunter, denn das Mädchen hat beschlossen nicht bis Weihnachten zu warten, sondern heute zum Nikolaustag ihr Geschenk zu überreichen.

Auch die Mutter findet es für eine gute Idee und gibt ihnen noch eine Tüte mit selbstgebackenen Plätzchen mit.

Wie staunt die alte Frau, die etwas verloren am Fenster sitzt, als ein Engel und die kleine Annika zu ihr kommen.

Und Tränen laufen ihr über das Gesicht, als sie den Brief liest und Annika ihr erklärt, wie das gemeint ist und sie jeden Nachmittag nun vorbei kommt, um ihr vorzulesen.

Als sie nach einer Weile wieder gehen, lassen sie eine glückliche alte Frau zurück, denn nun hat sie etwas auf das sie sich jeden Tag freuen kann.

 



Später kommt dann der Hl. Nikolaus zu Annika.

Er ist auch gar nicht erstaunt, Frederic dort zu treffen, denn die Tiere haben es ihm bereits gesagt.

Lange noch winken Annika und ihre Mutter dem Schlitten nach.


© Lore Platz  2014


Das Weihnachtswunder

 


Das Weihnachtswunder


Endlich schloss sich mit einem Klingeln die Tür hinter dem letzten Kunden. Heute am Tag vor Weihnachten war der Trubel besonders groß.

Gerade die Männer , die ja immer kurz vor Hl. Abend etwas besorgen, wollten ein schönes Schmuckstück für ihre Frauen kaufen.

Aufatmend begann Lieselotte die einzelnen verstreuten Tabletts mit den herrlichen glitzernden Kostbarkeiten in die Vitrine zu räumen, dann ging sie an die Auslage, um mit gekonnter Hand die weihnachtlichen Dekorationen wieder zurecht zu rücken. Sie trat einen Schritt zurück, um ihr Werk zu betrachten.

Obwohl sie nicht gelernte Dekorateurin war, waren ihre Schaufenster wunderschön und oft blieben die Leute draußen stehen, um die schönen Schmuckstücke, die in stilvoller, nicht zu auffälliger Art präsentiert wurden, zu bewundern.

Ella, ihre Chefin, erzählte ihr immer, wie begeistert sich die Kunden über die Schaufensterdekorationen geäußert hätten.

Lieselotte, die schon seit Jahren als 400Euro Kraft hier arbeitete und ein freundschaftliches Verhältnis zu ihrer Chefin hatte, lächelte bei dem Gedanken daran.

Gerne arbeitete sie hier, konnte sie doch für ein paar Stunden dem lieblosen, kalten Zuhause entfliehen.

Auch konnte sie sich etwas eigenes Taschengeld verdienen, denn ihr geiziger Mann hielt sein Geld eisern unter Verschluss. Nur das Nötigste rückte er heraus, wenn es um sie ging. Den beiden Kindern gegenüber war er stets großzügig.

Ella kam aus dem Hinterzimmer. Mach Schluss für heute. Ich habe uns einen Tee gekocht.“

Bald saßen die beiden Frauen an dem kleinen Tischchen und plauderten, während sie die von Lieselotte gebackenen Plätzchen knabberten.

Ella würde morgen wie jedes Jahr mit ihrer Familie nach Italien zu ihren Eltern fahren.

Taktvoll fragte sie, wie Lieselotte den morgigen Tag verbringen würde, denn sie wusste, dass deren Mann heute auf Kur gefahren war und erst im nächstes Jahr wieder kommen würde.

Lieselotte zuckte die Schultern, da ihre Kinder mit ihren Familien auch weg gefahren waren, würde sie den Abend wohl allein verbringen.

Als sich die beiden Frauen verabschiedeten, drückte Ella ihr ein Kuvert in die Hand.

Kauf dir was schönes und mach es dir gemütlich,“ murmelte sie und umarmte Lieselotte.

Erst als die gutaussehende Mitvierzigern den Laden verlassen hat, warf sie einen Blick in das Kuvert. 400 Euro, ein ganzer Monatslohn, was für ein Geschenk!

Sie drehte sich um und sah Ella, die ihr grinsend winkte und dann fielen die Jalousien im Laden herunter.

Es hatte zu schneien begonnen und Lieselotte stellte den Kragen ihres Mantels auf, dann ging sie in Richtung ihrer Pfarrgemeinde, bei der sie ehrenamtlich mithalf.

Viele bewundernde Blicke folgten der gepflegten Frau, doch sie bemerkte sie gar nicht.

Ihre Gedanken waren bei ihrer Familie.

Ihr Mann war auf Kur gefahren ohne sich von ihr zu verabschieden.

Ihre Kinder waren mit ihren Familien in wärmere Länder gereist und vor ihr lag ein einsames Weihnachtsfest. Aber das störte sie nicht!

Einsamkeit hatte sie in ihrer lieblosen Ehe genügend kennen gelernt.

Deshalb war sie auch ehrenamtlich in der Pfarrgemeinde tätig.

Sie schmückten bei besonderen Anlässen die Kirchen, bastelten gemeinsam und betreuten die Kinder während der Predigt.

Auch teilten sie Suppen und Kleider an Obdachlose aus.

Es war eine schöne Aufgabe, die sie von ihren Sorgen ablenkte und sie tat gerne etwas Gutes.

Vor sich sah sie schon die Kirche und daneben das erleuchtete Gemeindehaus. Als sie eintrat wurde sie fröhlich begrüßt. Weihnachtslieder ertönten aus einem CD-Player in der Ecke.

Ursel eine fröhliche mollige Frau stand auf der Leiter und brachte eine Girlande an. Am Fuß der Leiter stand Birgit und dirigierte mit laut tönender Stimme: Mehr nach rechts, halt, halt mehr nach links!“

Schnell entledigte sich Lieselotte ihres Mantels und trat zu dem Weihnachtsbaum und bald hängte auch sie Kugeln und Lametta auf. Dabei schwatzte sie glücklich mit Ria und Betty.

Die Tür ging auf und ein Schwall kalter Luft, begleitet von Schneeflocken drang ins Zimmer.

Entschuldigt meine Verspätung, aber meine Kleine hat Husten, „ meinte Nicole und schüttelte den Schnee aus ihrem Kopftuch.

Du hättest doch zu Hause bleiben können,“ rief Ursel von der Leiter herunter, doch Nicole schüttelte den Kopf.

Schließlich dürfen meine Kinder morgen hier bei der Bescherung dabei sein. Deshalb ist es Ehrensache, wenn ich bei den Vorbereitungen helfe.“

Betty beugt sich vertraulich zu Lieselotte. Wird ein trauriges Weihnachtsfest bei den Stegners dieses Jahr. Ihr Mann ist schon längere Zeit arbeitslos, die kleine Jule hat einen bösen Husten und der kleine Armin kann nicht in den Kindergarten, weil das Geld knapp ist. Geld für einen Weihnachtsbaum und gar für Geschenke ist keines das. Und auch das Essen wird wohl mager ausfallen.

Sie kommen Morgen auch zur Bescherung.

Es ist schon traurig, wie schnell man in die Armutsgrenze fällt.“

Sie wendet sich wieder der Schachtel mit den schimmernden Christbaumkugeln zu und wählt dann eine lila Kugel aus und befestigt sie an einem Zweig, der etwas höher liegt. Sie muss sich auf die Zehenspitzen stellen, um ihn zu erreichen.

Lieselotte hat ein Büschel silbernes Lametta in der Hand und beginnt sie einzeln auf den Zweigen zu verteilen, dabei hängt sie ihren Gedanken nach.

Sie kennt Nicole schon längere Zeit.

Eine liebenswerte freundlich Frau und ihre beiden Kinder, der fünfjährige Armin und die achtjährige Jule sind zwei gut erzogene liebe Kinder.

Auch den Mann hatte sie einmal bei einer Feier gesehen und sich gefreut, wie liebevoll er mit den Kindern und seiner Frau umgegangen ist und nun dieses Unglück.

Wenn man noch so unglücklich war, wie sie in ihrer Ehe, so traf man doch immer wieder auf Menschen, denen es noch schlechter ging.

Hatte sie doch eine warme hübsche Wohnung, einen gefüllten Kühlschrank und es ging ihr finanziell gut, dafür sorgte ihr Mann, der einen guten Job hatte. und ihre schönen eleganten Kleider, finanzierte sie mit ihrem Nebenjob und Liebe, die konnte man sowieso nicht kaufen.

Hier nun waren vier Menschen, die sich liebten und zusammen hielten und ihnen fehlte das Geld für ein schönes behagliches Weihnachtsfest.

Kauf dir was schönes,“ hörte sie Ellas Stimme und gab es etwas Schöneres, als Menschen, die es verdienten, glücklich zu machen?

Lieselotte lächelte und ein glückliches Gefühle durchströmte sie, denn sie wusste nun, was sie tun würde. Leise vor sich hin summend schmückte sie weiter die riesige Tanne.

Nach einiger Zeit waren sie fertig und für die Bescherung der Waisenkinder morgen war alles bereit. Müde aber glücklich zogen die Frauen ihre Mäntel an und verabschiedeten sich voneinander.

Nicole verließ als Erste das Gemeindehaus, denn es drängte sie nach Hause zu ihrem kranken Kind.

Lieselotte eilte ihr nach. Nicole warte auf mich!“

Die Frau drehte sich ungeduldig um, doch da war Lieselotte auch schon bei ihr und drückte ihr das Kuvert mit dem Geld in die Hand.

Mach deinen Kinder und deinem Mann ein schönes Weihnachtsfest, „ murmelte sie, umarmte die Verdutzte und eilte beschwingt nach Hause.

Sie fühlte sich unendlich glücklich. 

Am nächsten Tag im Gemeindehaus begegnet sie vier glücklich strahlenden Menschen, die sich immer wieder bei ihr bedankten.

Bis es ihr zu viel wurde und sie drohte, ihnen die Freundschaft zu kündigen, wenn sie das Wort „Danke“ noch einmal hörte.

Es wurde ein wunderschöner Hl. Abend, wie er sein sollte, die Kinder freuten sich über die liebevoll verpackten Geschenke und überhaupt lag über dem Ganzen die Liebe und der Frieden, den Jesus durch seine Geburt in die Welt gebracht hatte.

Dieses wunderbare Gefühl nahm Lieselotte mit nach Hause und selbst, als auf ihrem Anrufbeantworter weder von ihrem Ehemann noch von ihren Kinder eine Nachricht war, konnte dies ihre gute Laune nicht mindern.

Sie schenkte sich ein Gläschen Wein ein, legte eine schöne CD auf und ließ den Abend mit einem frohen Gefühl und schönen Gedanken ausklingen. Auch an Silvester hörte sie weder von ihrem Mann noch von den Kindern etwas.

Erst am Neujahrsabend rief ihre Tochter an und wünschte ihr ein frohes neues Jahr, auch dass Papa ihr ein frohes Neujahr wünsche.

Langsam legte Lieselotte den Telefonhörer auf. Ihr Mann war nicht einmal fähig, ihr das selbst zu sagen.

Oh, ja, Schweigen war schon immer seine Waffe, um sie klein zu kriegen. Sie erinnerte sich an die Reise nach Griechenland.

Sie waren etwa sieben Jahre verheiratet und die beiden Kinder noch klein. Da sah sie in einem Geschäft ein schönes rotes Kleid und beschloss spontan es für den Urlaub zu kaufen und als sie es anprobierte meinte die Verkäuferin:

Sie sehen aus wie Schneewittchen, mit ihren langen schwarzen Haaren!“

Sie freute sich und präsentierte es stolz ihrem Mann, für den sie schließlich schön sein wollte.

Da war er total ausgerastet und brüllte Wie sie nur so sinnlos Geld verprassen konnte!“Beinahe wäre der Urlaub geplatzt, wenn er nicht schon gebucht hätte.

Doch die ganzen drei Wochen in Griechenland hatte er kein einziges Wort mit ihr gesprochen.

Damals schon hatte sie an Scheidung gedacht, doch die Kinder waren noch klein und hingen sehr an ihrem Vater.

Und sie wollt nicht, dass sie so aufwuchsen wie sie. Ihre Mutter hatte die Familie verlassen, da war Lieselotte erst zehn Jahre alt und musste sich dann um ihre vier kleineren Geschwister kümmern. Von dem strengen verschlossenem Vater bekam sie keine Hilfe.

Aber jetzt, warum nicht?

Die Kinder waren groß und hatten bereits ihre eigenen Familien und sollte man das neue Jahr denn nicht mit guten Vorsätzen beginnen.

Gab es einen besseren Vorsatz, als eine lieblose Ehe durch ein Scheidung zu beenden?

Ein Jahr war vergangen. Man schrieb den 22. Dezember.

Lieselotte verließ die Bank. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie an das Gespräch mit dem Filialleiter dachte.

Die Bank weigerte sich ihr Geld zu geben, da der Überziehungskredit überschritten war und bevor sie nicht diesen Kredit ausglich würde sie kein Geld mehr bekommen.

Sie verfluchte ihren Noch-Ehemann, nun hatte er sie soweit, wie er sie haben wollte.

Was war in diesem Jahr geschehen?

Lieselotte hatte ihre guten Vorsätze wahr gemacht und sich einen Anwalt gesucht und sobald sie eine Wohnung hatte, war sie ausgezogen.

Ein halbes Jahr war das nun her. Ihr Mann hatte getobt und wollte sie nicht gehen lassen. Er verweigerte ihr die Unterhaltszahlung und hatte sogar bei ihrer Chefin angerufen, um sie schlecht zu machen.

Da war er bei Ella aber an die Rechte gekommen! Seine Absicht war es ,wenn sie ihre Arbeit verlor, dann käme sie reumütig zurück gekrochen.

Wütend schüttelt Lieselotte den Kopf. Lieber würde sie verhungern.

Die Menschen die an ihr vorbei hasteten, sahen sie verwundert an. Lieselotte musste lächeln. Die halten mich wohl für verrückt.

Doch dann kamen ihr wieder die Tränen, aber war sie denn nicht verrückt, war ihre Freiheit dies alles wert?

Unwillkürlich straffte sie die Schultern.

Ja, das war es wert! Irgendwie würde es schon weiter gehen. Und gleich nach den Feiertagen wollte sie ihren Anwalt aufsuchen und die Klage auf Unterhalt einreichen. Aber wovon sollte sie bis dahin leben?

Ihre Kinder waren verreist und seit der Scheidungsklage sowieso nicht gut auf sie zu sprechen.

Und Ella war schon seit zwei Wochen in Italien, da ihr Vater schwer erkrankt war.

Ein tiefer Seufzer entfuhr Lieselotte und dann bemerkte sie, dass sie schon vor ihrer Haustür stand. Sie schloss auf und schleppte sich wie eine alte Frau die Treppen hoch.

Glücklicherweise war es warm in der Wohnung. Sie hängte den schweren Mantel auf und zog die Stiefel aus. Ihre ganzen Bewegungen erinnerten an einen Roboter.

Müde sank sie auf das Sofa und dann kam das ganze Elend über sie. Sie vergrub den Kopf in dem Kissen und ließ ihren Tränen freien Lauf.

Als ihr Magen zu knurren begann, erhob sie sich schleppend und öffnete den Kühlschrank. Gähnende Leere, nicht einmal ein Becher Joghurt war noch da.

Wieder rannen ihr die Tränen über die Wangen. Geldbeutel leer, Kühlschrank leer, am besten sie legte sich schlafen. Doch nein, sie wollte noch nicht aufgeben.

Hoffnungsvoll durchstöberte sie die Schränke, doch außer einigen Teebeuteln fand sie nichts.

Sie stellte Wasser auf und der heiße Tee füllte etwas ihren leeren Magen, dann kroch sie ins Bett und vergrub sich in der Decke.

Spät in der Nacht, nach einem unruhigen Schlaf, wachte sie auf. Wieder machte sie sich einen heißen Tee und stellte sich mit der Tasse ans Fenster.

Es war ein sternenklarer Himmel, was bedeutete, dass es kalt werden würde.

Sinnend sah Lieselotte hinauf in das unendliche Universum und plötzlich überkam sie eine entsetzliche Wut und sie begann mit Gott zu hadern.

Schau mich an, was habe ich jemals Böses getan. Habe ich mich nicht um meine kleinen Geschwister gekümmert, als unsere Mutter weg gelaufen war und war doch selbst noch ein Kind. Habe ich den Kleinen zuliebe nicht die bösen Launen unseres Vaters ertragen.

Vielleicht war es ein Fehler, dass ich in eine Ehe geflüchtet bin, um von zuhause weg zu kommen. Aber ich war meinen Kindern eine gute Mutter und bin nicht weg gelaufen. Habe mein eigenes Ich zurückgestellt, um ihnen die Familie zu erhalten.

Und du ,hast du nur einmal, nur ein einziges Mal etwas für mich getan.

Weißt du was? Ich habe es satt. Wenn du mich diesmal wieder im Stich lässt, dann kündige ich dir die Freundschaft!“

Sie stellte die Tasse auf der Fensterbank ab und kroch zurück ins Bett.

Als wäre durch das Hadern mit Gott eine Last von ihrer Schulter genommen schlief sie tief und traumlos. Als sie am nächsten Morgen erwachte, fühlte sich sich so leicht und voller Hoffnung, als hätte ein Engel sie gestreichelt.

Sie kochte sich wieder einen Tee, gab reichlich Zucker hinein und er wärmte und füllte ihren Magen.

Um zehn Uhr musste sie ins Gemeindehaus, um den Saal zu schmücken und dort waren immer Schalen mit Plätzchen, das würde ihr über den ärgsten Hunger hinweg helfen.

Sie lächelte.

Seltsam, sie hatte auf einmal so ein leichtes Gefühl, als würde alles gut werden.

Und als sie unter der Dusche stand, summte sie sogar ein Weihnachtslied.

Birgit schloss gerade das Gemeindehaus auf, als Lieselotte ankam.

Fröhlich schwatzend betraten sie die Halle.

Der Hausmeister hatte gestern Abend noch die hohe Tanne aufgestellt.

Und auf einem kleinen Tischchen stand eine Tupperschüssel mit Plätzchen, die seine Frau für die fleißigen Helfer gebacken hatte.

Lieselotte holte sich gleich einige der köstlichen Kekse.

Ich habe heute noch nicht gefrühstückt,“ erklärte sie.

Birgit lachte. Ich habe zwar schon gefrühstückt, aber sie sehen so verlockend aus.“

Sie pickte sich eine Kokosmakrone heraus.

Nach und nach trudelten die Frauen ein und bald herrschte ein geschäftiges Treiben und fröhliches Lachen.

Weihnachtslieder tönten aus den Lautsprechern.

Lieselotte fühlte sich immer wohler und da Ursel auch noch einige Stollen mitgebracht hatte, war auch ihr ärgster Hunger gestillt.

Nicole beteiligte sich kaum an dem fröhlichen Geplauder.

Sie war auffallend still und warf immer wieder einen seltsamen Blick zu Lieselotte.

Als diese dann abkommandiert wurde, um in der kleinen Küche den Glühwein warm zu machen, eilte Nicole ihr nach.

Schweigend arbeiteten die beiden Frauen zusammen, dann brach es aus Nicole heraus:

Dank deiner Hilfe hatte meine Familie und ich letztes Jahr ein schönes Weihnachtsfest und auch im neuen Jahr hat unser Glücksstern uns nicht verlassen. Mein Mann hat eine Arbeit gefunden, ich eine Halbtagsstelle im Supermarkt an der Kasse und im Laufe des Jahres ging es uns wieder besser.“

Lieselotte drehte die Flamme etwas kleiner, denn schließlich sollte der Glühwein nicht kochen.

Das ist doch schön und freut mich,“ meinte sie freundlich.

Ja, aber weißt du, schon lange wollte ich dir das Geld zurück geben, aber es kam halt immer etwas dazwischen.“

Sie kramt in ihrer Schürze und zog ein Kuvert heraus und reichte es Lieselotte.

Diese sah hinein und stammelt. „500 Euro!“

Nicole lächelte strahlend. Sind Zinsen dabei!“

Mit Tränen in den Augen umarmte Lieselotte die junge Frau.

Ausgerechnet heute, du weißt gar nicht, wie sehr ich es gebrauchen kann.“

Und sie vertraute Nicole ihren Kummer an.

Aber wie kam es, dass du mir gerade jetzt das Geld zurück gibst?“

Tja, das war ganz seltsam. Ich hatte die ganze Nacht einen unruhigen Schlaf und immer wieder kam mir dein Name in den Sinn und die 400 Euro, die du mir letztes Weihnachten gegeben hast. Und so bin ich heute auf dem Weg hierher schnell noch auf die Bank, um das Geld zu holen.

Ich glaube, der liebe Gott hat dein Schimpfen Ernst genommen.“

Die beiden Frauen brachen in herzliches Lachen aus.

Ursel und Birgit erschienen an der Tür.

He trinkt ihr den Glühwein ganz alleine!“

Es wurde noch ein wunderschöner Tag und Lieselotte fühlte sich leicht und beschwingt und sehr glücklich.

Während die anderen sich auf den Heimweg machten, huschte sie hinüber in die Kirche.

Sie kniete sich vor den Altar und dankte Gott. Die Krippe mit dem Jesuskind war schon aufgestellt und während die Frau betete, brach sich ein Sonnenstrahl im bunten Kirchenfenster und landete genau auf dem Christkind.

Und als Lieselotte sich zum Gehen umwandte, glaubte sie das Kind lächeln zu sehen.

Auf dem Heimweg kaufte sie sich noch ein kleines Festmahl für die Feiertage und leistete sich sogar eine gute Flasche Wein.

Und ihr erstes Weihnachtsfest in Freiheit wurde das Schönste und Glücklichste, das sie je erlebt hatte.

Im neuen Jahr sollte ihr Glücksstern weiter über ihr leuchten.

Als ihre Tochter sich nach den Feiertagen bei ihr meldete, erzählte ihr Lieselotte alles und diese wurde so wütend, dass sie sich sofort mit dem Vater in Verbindung setzte und ihm die Hölle heiß machte.

Sie drohte, nie wieder ein Wort mit ihm zu sprechen, wenn er nicht endlich der Mutter den Unterhalt zahlen würde.

Das half!

Ihr Noch- Ehemann überwies ihr den ausstehenden Unterhalt, der die Schulden auf der Bank tilgte und leistete dann regelmäßigeZahlungen.

Lieselotte konnte jetzt, wenn zwar bescheiden, jedoch sorgenfrei der Zukunft entgegen sehen.



© Lore Platz  2013