Freitag, 13. Dezember 2024

Jasper das besondere Rentier

 Heute will ich euch Jasper vorstellen und das hat seinen  besonderen Grund. In dem Adventskalender 2024 kommt auch Jasper vor und zwar wird es die letzte und abschließende Geschichte zu diesem Thema, und dazu  solltet ihr die Vorgeschichte kennen.

Angeregt durch das Lied  Rudolf das Rentier habe ich den kleinen Kerl geschaffen und je länger ich ihn begleitete habe ich ihn ins Herz geschlossen. 

 

Jasper, das ganz besondere Rentier


Es ist Frühling in Norwegen.
Der Ren-Hirsch Tundor steht auf einer Anhöhe und lässt stolz seinen Blick über seine kleine Herde gleiten.
Er hat sie hier auf diese geschützte Bergwiese geführt, damit seine Kühe in Ruhe ihre Kälber zur Welt bringen können.
Neun junge Rentiere springen bereits munter über die Wiese.
Nur Alleschja seine Lieblingskuh hat noch nicht geworfen.
Mit besorgtem Blick sucht er sie in der Herde und bemerkt wie sie zu Boden sinkt.
Er dreht sich um und galoppiert den steilen Weg hinunter. Steinchen lösen sich unter seinen Hufen und kullern über den grasbewachsenen steinigen Boden.
Als er bei Alleschja ankommt, stupst er sie sanft mit der Nase an und bemerkt nicht die eifersüchtigen Blicke der anderen Kühe.
Alleschja stöhnt auf und der kleine Ren-Hirsch ist geboren.
Stolz beobachten die Eltern wie der Kleine tolpatschig versucht auf die Beine zu kommen und immer wieder umkippt. Endlich hat er es geschafft und bleibt schließlich noch etwas zittrig stehen.
Mit tapsigen Schritten stolpert er zu seiner Mutter und hat bald die Zitzen gefunden und beginnt gierig zu trinken.
Jasper wächst zu einem hübschen jungen Rentier heran, auch hat er ein freundliches, vertrauensvolles Gemüt und ist viel zu arglos, um zu erkennen, dass die anderen Jungtiere, aufgestachelt von ihren Müttern ,ihn nicht leiden können.
Aber da er der Liebling von Tundor ist, wagen sie es nicht es offen zu zeigen.
Wieder kommt ein Frühling und Jasper ist nun ein Jahr alt und sein Geweih beginnt sich langsam zu bilden.
Und Jasper ist mächtig stolz auf die kleinen Sprossen auf seiner Stirn.
Im Sommer hat er schon ein stattliches Geweih .
Eines Tages , als er voller Freude über die Wiese und direkt zu seiner Mutter galoppiert, glaubt diese, dass ein Blitzen von Jaspers Geweih aus geht.
Aber als er dann vor ihr steht, denkt sie nur die Sonne hätte sie geblendet.
Bald aber bemerkt sie, dass mit ihrem Sohn nicht alles in Ordnung war.
Immer wenn Jasper sich freut, erschrickt oder übermütig ist, beginnt sein Geweih zu leuchten und zu blitzen.
Nicht lange und auch die anderen Rentiere bemerken es.
Eines Tages, als Tundor zu Alleschja und seinem Sohn geht, läuft ihm Jasper voller Freude entgegen und dabei blinkt und leuchtet sein Geweih in schönstem Rot.
Tundor bleibt stehen und starrt seinen Sohn an.
Alleschja stellt sich neben Jasper und wirft Tundor einen herausfordernden Blick zu.
Dieser sieht sie an. In seinem Blick liegt Entsetzen, Bedauern und Verachtung. Dann wendet er sich um und geht.
Seit diesem Tag meidet er Alleschja und seinen Sohn.
Sobald die anderen Jungtiere mit bekommen, dass Jasper nicht mehr unter Tundors Schutz steht, beginnen sie ihn zu hänseln und zu ärgern.
Jasper wird immer stiller und all seine Fröhlichkeit ist verschwunden.
Er weicht seiner Mutter kaum noch von der Seite und beide halten sich abseits von der Herde.
Inzwischen ist es Herbst geworden.
Jasper liegt neben seiner Mutter im Gras und blickt hinauf zu den Sternen.
„Mama, ist es wegen meinem Geweih, dass alle so gemein zu mir sind und selbst Papa mich nicht mehr lieb hat, obwohl ich doch niemand etwas Böses getan habe ?“
Alleschja schließt die Augen, um die Tränen zurück zu halten.
Liebevoll fährt sie mit der Zunge ihrem Sohn über den Kopf.
„Ich hab dich doch lieb und dein Geweih ist etwas ganz besonderes. Die anderen sind nur zu dumm ,um das zu erkennen.
Der große Herr der Tiere, der im Himmel wohnt hat sich bestimmt etwas dabei gedacht. Sicher wartet eine große Aufgabe auf dich.“
Jasper lächelt , legt seinen Kopf auf die Beine und schließt zufrieden die Augen.
Alleschja aber sieht voller Sorgen hinauf in den Sternenhimmel
Am nächsten Tag haben die beiden die Herde verlassen.
Nun ziehen Alleschja und ihr Sohn allein über die weiten Flächen von Norwegen.
Wenn sie einer Herde begegnen weichen sie aus, denn sie fürchten Häme und Spott.
Alleschja lehrt ihrem Sohn wie man in der Wildnis überlebt.Diesmal kommt der Winter sehr früh und mit eisiger Kälte.
Die Nahrungssuche wird immer schwerer und oft denkt Alleschja, ob es nicht doch besser wäre den Schutz bei einer der großen Rentierherden zu suchen.
Doch dann fällt ihr Blick auf ihren Sohn und sie verwirft den Gedanken.
Eines Abends lagern sie in einer Höhle. Jasper schläft bereits tief und fest, doch Alleschja hebt lauschend den Kopf. Wölfe!
Sie springt auf beugt sich über ihren Sohn, und streicht mit der Nase zart über seine Wange.
Jasper lächelt im Schlaf und sein Geweih flackert freundlich.
Alleschja geht zum Ausgang, dann dreht sie sich noch einmal Abschied nehmend um und sieht mit traurigen Blick auf den Schlafenden.
„Leb `wohl mein Junge, du bist stark und tapfer und wirst nun deinen Weg alleine schaffen.“
Hoch erhobenen Hauptes verlässt sie die schützende Höhle und trabt den Wölfen entgegen.
Als sie ihre Witterung aufnehmen, läuft sie los, um die Wölfe möglichst weit von ihrem Sohn weg zu locken.
Endlich umkreist sie doch das Rudel und als einer der Wölfe ihr mit gefletschten Zähnen an die Kehle springt, stürzt sie mit einem wehen Laut zu Boden.

Jasper in seiner Höhle hebt den Kopf. Obwohl seine Mutter viel zu weit weg ist, als dass er ihren Todesschrei gehört hätte, weiß er doch ,dass etwas Schreckliches geschehen ist und er nun ganz allein weiter wandern muss.
Er springt auf und verlässt die Höhle.
Und während die Tränen in den Schnee fallen wandert er ins Ungewisse.



 Viele Tage ist Jasper nun schon unterwegs. Wenn er einer Herde begegnet versteckt er sich und zieht dann wieder allein weiter.
Nahrung zu finden unter Schnee und Eis ist sehr schwer und oft schläft er abends hungrig ein.
Eines Tages überschreitet er, ohne es zu merken die magische Grenze zum Reich des Weihnachtsmanns.
Als er durch den tiefen Schnee trottet steigt ihm der Geruch von Pilzen in die Nase.
Pilze im Winter?
Doch da erblickt er viele Steinpilze unter einem kahlen Baum und läuft darauf zu.
Endlich nach langem kann er sich wieder richtig satt fressen.
Als er fertig ist, senkt sich der Baum und auf seinen kahlen Ästen erblühen junge frische Triebe.
Was für ein Festschmaus.
Jasper wird ganz vergnügt und marschiert fröhlich weiter.
Auf einmal hört er Stimmen und sieht vor sich einen dicken Schneemann und um ihn herum sitzen viele Schneeflöckchen, die fröhlich kichern.

 Als der Schneemann ihn sieht, winkt er mit seinem roten Regenschirm.
„Komm zu uns, ich erzähle den Kleinen gerade eine Geschichte.“
Vorsichtig und auch ein wenig ängstlich tritt Jasper näher und sein Geweih flackert unruhig auf und ab.
Die Schneeflöckchen jubeln ,fliegen zu ihm und setzen sich auf Geweih und Rücken.
„Das ist ja schön, wie machst du das?“ wollen sie wissen.
Der Schneemann lacht dröhnend, dass es vom Berg widerhallt.
„Das ist ja schön, das gefällt mir. Übrigens bin ich Anton und wer bist du?“
„ Ich heiße Jasper, und wie das mit meinem Geweih funktioniert, das weiß ich nicht. Dort wo ich herkomme nannte man mich eine Missgeburt.“
„Missgeburt, was für ein dummes Wort! Du bist etwas Besonderes, sonst hättest du nicht die magische Grenze überschreiten können.“
„Wo bin ich denn hier?“
Anton lacht vergnügt.
„Na, beim Weihnachtsmann und wir alle hier sind etwas ganz Besonderes.“
„Meine Mutter hat das auch immer gesagt, dass ich etwas Besonders bin,“ murmelt das Rentier.
„Siehst du, Mütter wissen so etwas!“
Jasper betrachtet den gemütlichen dicken Kerl und grinst.
„Was ist denn an dir so besonders, du siehst aus wie ein ganz gewöhnlicher Schneemann.“Anton lacht. „Gewöhnlicher Schneemann? Hast du schon mal einen Schneemann gesehen, der Beine hat.?“
Er springt auf und läuft auf seinen langen Beinen davon und die Schneeflocken folgen ihm kichernd.
Jasper sieht ihnen grinsend nach.
Hier gefällt es ihm.
Und vergnügt trabt er weiter.
Einige Zeit ist er schon gegangen, da hört er hinter sich rufen:
„Achtung da vorne, weg da.“
Erschrocken springt Jasper zur Seite und haarscharf an ihm vorbei flitzt ein schneeweißes Männchen auf Holzskiern.
Es bremst scharf und der aufwirbelnde Schnee hüllt Jasper ein und sein Geweih beginnt wieder heftig zu blinken.
Das Männchen schlägt einen Bogen und kommt auf ihn zu.
Aufmerksam betrachtet er Jasper.
„Tolles Ding hast du da auf dem Kopf. Wie funktioniert das?“
„Weiß nicht genau? Immer wenn ich eine Gemütsbewegung habe, dann blinkt es.“
„Gefällt mir, komm mit, das müssen die Anderen auch sehen.“
Er wendet seine Ski und fährt davon.
Jasper grinst und läuft hinterher.
Vor einem großem Berg hält das Männchen mit der weißen Pelzkappe an und zieht an einer großen Glocke.
Wie von Zauberhand öffnet sich das große Tor.Staunend folgt Jasper seinem Begleiter in die große Halle.
Wohlige Wärme empfängt ihn und überrascht sieht er auf das bunte Treiben.
Unzählige Kobolde und Elfen sind beschäftigt mit allerlei Arbeiten.
Die Einen hämmern und klopfen an Spielzeugen herum.
Elfenmädchen sitzen an schnurrenden Nähmaschinen. Kobolde mit Kochmützen laufen mit Backblechen voller Plätzchen herum.
Und die Luft ist erfüllt mit köstlichen Düften, fröhlichem Singen und Lachen und Rufen.
Jaspers Geweih beginnt vor Freude zu blinken und plötzlich wird es still im Raum.
Dann hört man das Trappeln von kleinen Füßen und alle die Winzlinge stürzen auf Jasper zu und umringen ihn.
„Oh wie ist das schön, wie machst du das, kannst du es uns noch einmal zeigen,“ so schwirrt es durcheinander.
Und Jasper spürt dass die freundlichen kleinen Wesen ihn nicht verspotten und so blinkt er voller Freude.
Viele „Aaah“und „Ooooh“ ertönen.
„Was ist denn hier los!“ ertönt eine laute Stimme und ein dicker Kobold bahnt sich einen Weg durch die Menge.
Nachdenklich betrachtet er Jasper, dann nickt er und murmelt.
„Das ist die Lösung unseres Problems!“
Dann wendet er sich an das Männlein, das Jasper in die Halle gebracht hat.
„Sag mal Schneemännchen, wo stecken eigentlich deine Schneeflocken wieder, Frau Holle sucht sie schon ganz verzweifelt.“
Dieses seufzt: „ Ach Knurrjan, ein Sack Flöhe ist leichter zu hüten als diese Gören. Sicher sitzen sie bei dem dicken Anton und lassen sich Geschichten erzählen. Ich werde sie holen.“
Er dreht sich um und verlässt die Halle.
Knurrjan dreht sich um und klatscht in die Hände.
„Auf, auf, geht zurück an eure Arbeit, oder sollen die Kinder weinend unter einem leeren Weihnachtsbaum stehen?“
Bald wird wieder gehämmert, geklopft, gescherzt, gelacht und die Nähmaschinen schnurren.
„Und du,“ wendet sich Knurrjan an das Rentier, „ kommst mit zum Weihnachtsmann. Wie heißt du überhaupt?“
„Jasper!“
„Gut Jasper, dann komm!“
Er führt ihn durch die Halle in einen langen Flur, von dem rechts und links mehrere Türen abgehen. An der letzten Tür bleibt er stehen und klopft an.
Ein kräftiges „Herein!“ ertönt.
Wie staunt Jasper, als er das Zimmer betritt.

In der Ecke steht ein riesiger geschmückter Weihnachtsbaum überall sind Tannenzweigen im Zimmer verteilt und es duftet wie im Wald.
Goldene Kugeln und Glocken baumeln von der Decke und in dem großen Kamin brennt ein lustiges Feuer.
In einem gemütlichen Lehnsessel sitzt ein kräftiger Mann mit einem weißen Bart und vergnügt funkelnden Augen.
„Hallo, Jasper schön, dass du endlich den Weg zu uns gefunden hast.“
Knurrjan starrt den Weihnachtsmann an.
„Ihr wusstet, dass er kommen wird, aber warum habt ihr denn nichts gesagt und wir haben uns den Kopf zerbrochen, wie wir unser Problem lösen können.“
Der Kobold ist leicht beleidigt.
Der Weihnachtsmann lächelt .
„Knurrjan, ich wusste nicht genau, wann er kommt, ob es dieses Weihnachten oder erst das nächste sein wird. Jasper musste den Weg ganz allein zu uns finden. Nun zieh keine Schnute und bitte Becky, dass sie unserem Gast Wasser und Kastanien bringt, und mir eine schöne große Tasse Kakao.“

(c)RMzV


Der Weihnachtsmann sieht Jasper lächelnd an.
„Einen Sessel kann ich dir wohl nicht anbieten, aber wie wäre es, wenn du dich da vor dem Kamin ausstrecken würdest.“
Jasper legt sich vor das wärmende Feuer und sein Geweih blinkt voll Wohlbehagen.
Es klopft und eine stämmige Koboldfrau, die ein Tablett mit Kastanien, einer Schale Wasser und einem großen Pott mit Kakao mit beiden Händen trägt, betritt das Zimmer.
Sie stellt das Tablett auf dem kleinen Tisch beim Kamin ab, die Tasse Kakao vor dem Weihnachtsmann und Kastanien und Wasser auf die Erde vor Jaspers Nase.Dann klemmt sie sich das Tablett unter den Arm und geht zur Tür.
„Becky, bekomme ich denn keine Kekse?“
Stirn runzelnd wendet sich die Koboldfrau um.
„Ihr hatte heute bereits einen großen Teller voll,“ meint sie streng.
Der Weihnachtsmann tätschelt seinen Bauch.
„Aber Becky, der Weihnachtsmann muss doch einen Bauch haben.“
„Ja aber er braucht nicht dem dicken Anton Konkurrenz machen,“ meint diese schnippisch und die Tür knallt hinter ihr ins Schloss.
Der Weihnachtsmann lacht dröhnend.
„Siehst du Jasper, nicht einmal der Weihnachtsmann darf machen was er will.“
Er nimmt einen kräftigen Schluck aus der Tasse und lächelt voller Wohlbehagen.
Dann streckt er die Füße, die in flauschigen Pantoffeln stecken dem Feuer entgegen und faltet die Hände über dem Bauch.
„Nun Jasper, jetzt will ich dir erzählen, warum ich seit deiner Geburt schon auf dich warte. Seit die Menschen sich den Traum vom Fliegen verwirklicht haben, schwirren immer mehr von diesen eisernen Vögeln durch die Luft. Auch schießen sie ständig irgendwelche Satelliten ins Weltall. Und das Fliegen an Weihnachten ist für meine Rentiere sehr gefährlich geworden, besonders wenn die Sterne nicht durch die dicken Schneewolken scheinen können.
Wir haben Laternen am Schlitten angebracht, doch ihr Licht reichte nicht bis vorn.“
Der Weihnachtsmann nimmt wieder einen Schluck von seinem Getränk.
„Dann haben wir jedem meiner sechs Rentiere eine Laterne um den Hals gehängt, doch die waren zu schwer und hinderten sie am Fliegen.
Als ich von deiner besonderen Begabung hörte habe ich dich beobachtet und gewartet bis du den Weg zu uns findest. Nun bist du hier und wir freuen uns. Willst du meine Rentiere anführen und ihnen leuchten?“
Fragend sieht der alte Mann das Rentier an.
Jasper hebt den Kopf und seine Augen leuchten, doch dann meint er leise.
„Aber ich kann doch gar nicht fliegen?“
Der Weihnachtsmann lacht laut und dröhnend.
„Keines meiner Rentiere kann fliegen, das ist alles Magie. Bevor die Reise los geht streuen wir Sternenstaub auf ihren Rücken.
Nun willst du bei uns bleiben als leuchtender Anführer meiner fliegenden Rentiere?“
Jasper nickt und sein Geweih blinkt so schön, wie es bisher noch nie geblinkt hat. Etwas müde geht St. Nikolaus durch den tiefen Schnee.
Hinter ihm trabt sein treuer Esel Graufellchen, auf dem Rücken den Sack mit den Geschenken, geführt von dem struppigen Knecht Ruprecht.
Recht dünn ist der Sack schon, denn sie sind auf dem Weg zu den letzten zwei Kindern.
Im Haus von Förster Braun steht Peter hinter der Gardine und späht aus dem Fenster.
„Er kommt!“ ruft er aufgeregt, dann setzt er sich schnell neben die Oma, auf deren anderen Seite seine Schwester Vanessa sitzt.
Ein wenig bang fühlt er sich schon, denn so ganz rein ist sein Gewissen nicht.
Auch Vanessa spielt nervös mit ihren Fingern und fragt sich, was wohl im goldenen Buch von St. Nikolaus stehen würde.
Die Oma legt den Beiden die Arme um die Schultern und flüstert:
„Keine Angst, so schlimm wird es schon nicht werden.“
Als es kräftig an der Tür klopft zucken die Kinder zusammen und jedes greift nach der Hand der Oma.
Der Vater und der Opa müssen sich ein Grinsen verkneifen und Verena eilt zur Tür, um den Heiligen Mann und seinen Begleiter herein zu lassen.
Der heilige Mann betritt das Wohnzimmer, gefolgt von dem grimmig drein schauenden Knecht Ruprecht.
„Guten Abend, lieber Nikolaus,“ wird er begrüßt, „ auch dir einen guten Abend, Knecht Ruprecht.“
Dieser schwenkt nur drohend die Rute und stellt sich abwartend in die Ecke, wobei er den Kindern finstere Blicke zuwirft. St. Nikolaus aber erwidert freundlich den Gruß und sieht sich in dem hübsch adventlich geschmückten Raum um.
„Schön habt ihr es hier,“ dann wendet er sich an die Kinder,
„Na Peter, Vanessa , dann kommt doch einmal zu mir.“
Schüchtern treten die Kinder näher.
Vanessa darf den golden Bischofsstab halten und St. Nikolaus öffnet das goldene Buch, nachdem er umständlich seine Brille aufgesetzt hat.
Er lächelt den Kinder aufmunternd zu, bevor er zu lesen beginnt:
„ Der Peter ist ein höflicher, hilfsbereiter Junge und macht seinen Eltern große Freude. Aber er ist sehr sehr schlampig!“
Bei diesen Worten tritt Ruprecht näher, die Rute drohend erhoben und Peter zuckt zusammen, doch der heilige Mann winkt seinen Knecht zurück.
„ Nun Peter ich lese, dass dein Zimmer wie ein Schweinestall aussieht und deine schriftlichen Arbeiten für die Schule sehr schlampig geschrieben sind, auch das Lernen macht dir keinen Spaß und deine Noten könnten beträchtlich besser sein“
Er sieht den Jungen über die Brille hinweg an.
„Versprichst du mir, dich zu bessern?“
Peter nickt mit hochrotem Kopf und der Nikolaus wendet sich an Vanessa.
„ Auch du Vanessa bist ein hilfsbereites, höfliches und auch sehr vernünftiges Mädchen, und machst deinen Eltern große Freude.
Deine Schulnoten sind fantastisch und du arbeitest sehr sauber und ordentlich.
Doch bist du manchmal ziemlich stur, rechthaberisch und gibst deiner Mutter oft schnippische Antworten.
Willst auch du dich bessern?“
Vanessa nickt ernsthaft, ohne sich von Ruprechts finsterem Blick einschüchtern zu lassen und wirft einen scheuen Blick zu ihrer Mutter, die ihr beruhigend zu lächelt.
Nun holt Knecht Ruprecht für jedes der Kinder ein Geschenk aus dem Sack und Michael setzt sich ans Klavier und sie singen zusammen ein Weihnachtslied.
Dann hebt der heilige Mann grüßend seinen Stab und verlässt hinter Verena, gefolgt von seinem Knecht das Zimmer.
Im Flur öffnet Verena eine Tür und lässt die beiden eintreten.
„ Hier könnt ihr euch umziehen, lieber Nikolaus und grüßt mir meine Schwester Lilofee.“, meint Verena, dann geht sie zurück ins Wohnzimmer.
Nikolaus aber nimmt seine Mitra vorsichtig vom Kopf und reicht sie an Ruprecht weiter, zieht sein Bischofsgewand aus und schlüpft in den warmen braunen, pelzgefütterten Wintermantel, den sein Knecht ihm reicht.
Ruprecht aber hat inzwischen das Gewand sorgfältig zusammen gelegt und mit der Mitra im Sack verstaut.
Er schultert diesen, nimmt den goldenen Stab und gemeinsam verlassen sie das Forsthaus. Mit einem freudigen „Iaaaah“ werden sie von Graufellchen begrüßt.
Nikolaus streichelt den Esel.
„Nun mein Alter, nun gehst du mit Ruprecht in den Himmel zurück.“
Er blickt seinen Knecht und Kameraden nachdenklich an.
„Sag einmal Ruprecht, musst du die Kinder immer so erschrecken?“
Dieser grinst lausbubenhaft und sieht gar nicht mehr so grimmig aus.
„Ach es ist einfach zu schön, wenn sie vor Angst schlottern. Und die wildesten Jungen haben immer am meisten Angst.“
„Ruprecht, Ruprecht.“
Kopfschüttelnd sieht der heilige Mann seinen Knecht an, kann sich aber ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Ein Mondstrahl fährt herunter und berührt die Erde und Ruprecht klettert, den Esel hinter sich herziehend an ihm empor in den Himmel.
St. Nikolaus blickt ihnen nach, bis sie in den Wolken verschwunden sind.
Dann schlägt er seinen Kragen hoch, steckt die Hände in die Taschen und marschiert in Richtung Zauberwald. Ein Sonnenstrahl kitzelt Vanessa an der Nase.
Sie öffnet die Augen und streckt sich.
Gestern hatte sie noch bis spät in die Nacht in dem neuen Buch, das ihr der Nikolaus geschenkt hatte, gelesen.
Doch dann kam ihre Mutter und forderte energisch, sie solle das Licht ausmachen und dabei war sie gerade an einer besonders spannenden Stelle gewesen.
Vanessa beugt sich aus dem Bett und angelt nach ihrem Buch.
Zufrieden lehnt sie sich zurück und fängt zu lesen an.
Die Turmuhr aus dem nahen Dorf fängt zu schlagen an und das Mädchen zählt mit.
Neunmal!
Bedauernd legt sie das Buch auf den Nachttisch.

Nach dem Mittagessen fahren die Eltern wieder nach Hause und
Aber vorher wollen Peter und sie noch Tante Lilofee besuchen.
Ab ins Bad, heute genügt Katzenwäsche, schnell in Jeans und Pullover geschlüpft durch die Haare gefahren und die Treppe hinunter in die Küche.
„Guten Morgen, Schlafmütze,“ wird sie von Mama begrüßt und Oma fragt, „möchtest du Kakao?“ und schüttet Milch in einen Topf.
Vanessa will sich gerade setzen, da stürmt Peter in die Küche.
„Endlich, du Trödelliese, komm wir wollen zu Tante Lilofee!“
Er zerrt seine Schwester in den Flur, wo Stiefel und Schneeanzug sind .
„Um ein Uhr wird Mittag gegessen, seid bitte pünktlich!“ hören sie die Mutter noch rufen und schon fällt die Tür hinter ihnen ins Schloss.
Die Oma nimmt den Topf mit der heißen Milch vom Herd.
„Nun ist das arme Kind ohne Frühstück aus dem Haus,“ jammert sie.
„Lass gut sein Mutter,“ lacht Vanessa, „ sie bekommen sicher bei meiner Schwester etwas.“
Die Kinder aber laufen so schnell sie können in den Zauberwald.
Unterwegs liefern sie sich noch eine Schneeballschlacht und erreichen lachend und atemlos das Häuschen ihrer Tante.
Sie stürmen durch die Tür.
„Stopp!“ Matilda, das Känguru hüpft in den Flur.
„Zieht eure nassen Sachen aus und benehmt euch manierlich. Eure Tante hat hohen Besuch.“


Vorsichtig betreten sie das Zimmer und bleiben staunend stehen.
Bei Tante Lilofee sitzt der Nikolaus und führt gerade eine Tasse Tee an den Mund.
„St. Nikolaus!“ ruft Vanessa überrascht und Peter wird rot, denkt er doch an seine Stiefel, die er gerade quer durch den Flur geschossen hat und auch den nassen Schneeanzug hat er einfach auf den Boden geworfen, dabei hat er gestern noch dem Nikolaus versprochen nicht mehr so schlampig zu sein.
St. Nikolaus lächelt ihn wissend an.
„Nun steht nicht so schüchtern da, kommt näher, ihr kennt doch meinen Gast,“ lacht Lilofee.

Zögernd kommen die Kinder näher und begrüßen den heiligen Mann.
Matilda hüpft herein und bringt Kakao und Plätzchen.
Allmählich werden die Kinder zutraulich und plaudern munter mit dem Nikolaus.
Dieser erklärt ihnen, warum er noch nicht im Himmel ist.
Während der Vorweihnachtszeit ist einfach zu viel Trubel dort oben und deshalb hat ihm Lilofee im Zauberwald eine Hütte zur Verfügung gestellt, in der er die Tage verbringen kann und erst am Heiligen Abend kehrt er mit dem Christkind dann zurück in den Himmel.
Viel zu schnell vergeht die Zeit und die Kinder müssen nach Hause, aber sie versprechen am nächsten Wochenende wieder zu kommen. Auch St. Nikolaus verabschiedet sich wenig später von Lilofee und Matilda.
Vergnügt spaziert er durch den knirschenden Schnee, genießt die reine kalte Winterluft und als er vor seinem Häuschen ankommt, betrachtet er es froh und zufrieden.
Er klopft sich die Schuhe ab und betritt den Flur.
Sorgfältig hängt er den schweren Wintermantel an den Haken, stellt die Stiefel ordentlich nebeneinander und schlüpft in seine Pantoffeln.
In der Stube empfängt ihn wohlige Wärme, die von einem lustig flackernden Feuer im Kamin kommt.
Der Zwerg Purzel kniet davor und legt einige Scheite Holz hinein.
Die Tür öffnet sich und zwei Zwerge jeder einen Arm voll mit Holz kommen zum Kamin und stapeln es sorgfältig daneben auf. Purzel beobachtet sie dabei aufmerksam und meint zufrieden:
„Nun lieber Nikolaus, das dürfte eine Weile reichen.
Die Frauen haben einen leckeren Gemüseeintopf gekocht, du brauchst ihn nur noch warm zu machen.
Auch ein Teller Plätzchen steht in der Küche und Viktor, der Gärtner hat noch einen Korb seiner besten Äpfel vorbei gebracht. Wir kommen dann Morgen wieder.“
„Danke meine lieben Zwerge, und auch einen herzlichen Dank an eure Frauen. Lebt wohl, bis morgen.“
Die Zwerge verneigen sich und verlassen die Hütte.
Nikolaus sieht sich vergnügt um, schlüpft in seine gemütliche Hausjacke, setzt die Brille auf die Nase und vertieft sich in sein Buch.

Mit dem vorläufigen Ende wünsche ich euch ein schönes Wochenende. Wie gesagt im Adventkalender 2024  wird die Geschichte endgütig abgeschlossen. Ich war fleißig die letzten Monate (zwinkern)    Auch am Nordpol wird eifrig gearbeitet, denn bis Weihnachten sind es nur noch wenige Tage.
Jasper lebt nun schon einige Jahre im Land des Weihnachtsmannes und an jedem Weihnachtsabend darf er an der Spitze der Rentiere den Schlitten über den Himmel ziehen und sein fröhlich blitzendes Geweih erhellt den Horizont.
Sein besonderer Freund ist der Stalljunge Bertl, ein Kobold der leider immer nur Unsinn im Kopf hat und den gutmütigen Jasper oft in manche Klemme bringt.
Auch heute hat Jasper wieder einmal Hausarrest von einem wütenden Knurrjan bekommen.
Gelangweilt steht er ganz allein im Stall und bedauert sich selber.
Da öffnet sich knarrend die Tür und das schelmische Gesicht von Bertl lugt herein.
Er schlüpft herein und setzt sich neben Jasper auf einen Heuballen.
„Ich habe mich versteckt, so konnte der alte Langweiler mir nicht die Ohren langziehen,“ kichert er.
Vergnügt lässt er seine Beine baumeln und fragt spitzbübisch:
„Hättest du keine Lust zu fliegen?“
Jasper strahlt.
Er fliegt so gerne und ist oft traurig, weil er das nur einmal im Jahr darf.
„Du weißt, dass wir nur einmal im Jahr am Weihnachtsabend fliegen dürfen und außerdem haben wir keinen Sternenstaub.“Bertl grinst verschlagen, greift in die Hosentasche und als er seine Hand öffnet, ist sie voll golden glitzerndem Sand.
„Sternenstaub,“ flüstert Jasper ehrfürchtig. „Woher hast du ihn?“
„Ha, dem alten Knurrjan geklaut!“
„Das gibt mächtigen Ärger!“
„Na und, das ist der Spaß doch wert!“
„Ja, du kannst dich immer verstecken, bis die Luft wieder rein ist, aber ich werde jedesmal eingesperrt.“ brummt Jasper.
Bertl winkt ab.
„Bis jetzt habe ich dich doch immer besucht und dir die Langweile vertrieben.“
„ Ja und versucht mich in die nächste Klemme zu bringen,“ lacht Jasper.
„Aber gib doch zu, seit du mich als Freund hast, ist dein Leben immer aufregend. Also wollen wir eine Runde am Himmel drehen?“
Wie immer lässt das Rentier sich überreden und sie schleichen sich zum Tor hinaus.
Bertl wirft den Sternenstaub über Jasper, springt auf seinen Rücken und sie steigen jubelnd in die Höhe.
Voller Übermut jagen sie über das Firmament und entfernen sich immer weiter von ihrer Heimat.
Jasper schlägt tollkühne Kapriolen und Bertl hält sich kreischend fest.
Tollkühn galoppiert das Rentier über die Wolken, doch dann schreit der Kobold entsetzt auf.
Vor ihnen taucht eine dicke schwarze Wolke auf und Jasper kann nicht mehr bremsen und sie krachen mitten hinein. Durch das Loch, das sie aufreißen fallen dicke schwere Graupeln auf sie nieder.
Jasper keucht erschrocken auf, als eine der Graupeln seine Nase trifft und auch Bertl duckt sich schützend.
So schnell wie möglich versucht das Rentier der Wolke zu entkommen.
Endlich ist es geschafft.
„He, würdest du bitte meinen Hals los lassen!“ keucht Jasper, denn Bertl hatte sich in seiner Angst fest an ihn geklammert und lockert jetzt seinen Griff.
Jasper fängt zu trudeln an, dann stöhnt er.
„Oh,oh, wir sinken!“
Die Ritt durch die nasse Wolke hatte fast allen Sternenstaub abgewaschen und immer schneller verlieren sie an Höhe.
„Vorsicht, wir stürzen!“ ruft Jasper, dann landen sie schon im weichen Schnee.
Einen Moment ist es ganz still, dann rappelt sich Jasper mühsam hoch und sieht sich um. Ein weites Schneefeld breitet sich vor ihnen aus, das auf der einen Seite in den Wald führt und gegenüber steht ein schmuckes Haus, dessen Tür sich jetzt öffnet und zwei Hunde kommen laut bellend heraus geschossen.
„Nichts wie weg!“ Plötzlich taucht Bertl neben Jasper auf, schwingt sich auf seinen Rücken und sie sausen los, wobei das Geweih des Rentiers leuchtet und blinkt.
Die Hunde sind ihnen dicht auf den Fersen, doch da ertönt ein Pfiff und sie bleiben abrupt stehen.und sehen bedauern, wie ihre Beute im Wald verschwindet.
Enttäuscht laufen sie zurück.
Förster Braun bückt sich und streichelt die Hunde, die sich hechelnd und schwanzwedelnd an ihn drücken.
Er geht in die Küche, die beiden Jagdhunde auf den Fersen.
Oma Braun rührt gerade einen Teig für Plätzchen an.
Ihr Mann steckt den Finger in die Schüssel, bekommt einen Klaps auf die Hand, grinst und schleckt genüsslich den süßen Teig ab.
„Hm ,lecker!“
Seine Frau blitzt ihn an:
„Schlimmer wie ein Kind, wirst noch Bauchweh bekommen.“
Er lacht vergnügt und gibt ihr schnell einen Kuss.
Dann wird er nachdenklich.
„Weißt du, was ich eben gesehen habe. Ein Rentier, hier bei uns und es hatte eine riesige Warnblinkanlage auf dem Kopf“
Trudchen reibt eine Zitronenschale in den Teig und meint achselzuckend:
„Im Zauberwald sind so viele seltsame Geschöpfe, warum sollte da nicht auch ein Rentier sein? Aber nun verschwindet aus der Küche, ich habe zu tun.“
Vergnügt pfeifend geht Förster Braun begleitet von den Hunden ins Wohnzimmer und ist bald in seine Zeitung vertieft.
Flick und Flack aber machen es sich vor dem Kamin bequem. Jasper aber rennt mit Bertl auf dem Rücken durch den Zauberwald, der wie ausgestorben wirkt.
Dass sie von vielen Augen beobachtet werden, merken sie nicht.
Trübe Gedanken gehen Jasper durch den Kopf und auf einmal fallen dicke Tränen in den Schnee.
Bertl springt von seinem Rücken.
„Warum weinst du?“
„Wir werden ohne Sternenstaub nie mehr zurück kommen und was wird am Weihnachtsabend ? Wer soll die Rentiere anführen?“
„Tja, diesmal haben wir uns in ein ziemlich große Klemme gebracht,“ seufzt der Kobold.
„Wir ? Du meinst wohl dich! Wer hat denn Knurrjan den Sternenstaub gestohlen und wollte unbedingt mit mir fliegen!“ schimpft Jasper.
„Ach und du wolltest nicht fliegen, ich habe dich nicht gezwungen mitzumachen!“ faucht der Kobold, doch dann lacht er.
„Es wird doch nicht besser, wenn wir uns streiten und uns gegenseitig die Schuld zu weisen.“
Auch Jasper lächelt . „Da hast du recht, aber wie geht es jetzt weiter?“
Bertl runzelt die Stirn.
„Zuerst einmal brauchen wir eine Unterkunft und etwas zu Essen. Am besten wir trennen uns.“
„Ja, aber wie finden wir uns wieder?“
„Das ist doch kein Problem!“ lacht der Kobold, „lass nur dein Geweih schön blinken und ich werde dich finden.“
Sie trennen sich und jeder geht in eine andere Richtung.
Jasper läuft durch den stillen Wald und hält Ausschau nach einer Höhle.
Da hört er fröhliches Lachen und Gekreische und bemerkt einige winzige Kinder, die sich im Schnee kugeln, mit Schneebällen bewerfen und voller Freude herum tollen.
Jasper liebt Kinder und trabt näher und sein Geweih blitzt vor Vergnügen.
Doch als die Kinder das riesige Tier mit dem blinkenden Kopfschmuck erblicken, schreien sie vor Entsetzen auf und verschwinden unter den Wurzeln eines großen Baumes.
Neugierig steckt Jasper seinen Kopf in das Loch, in dem die Kinder verschwunden sind und erblickt eine kleine Stube.
Als die kleinen Winzlinge ihn sehen, schreien sie laut auf und verstecken sich unterm Bett, hinterm Schrank und einige kriechen unter den Tisch. Die kleine stämmige Wichtelfrau aber nimmt einen Besen und haut damit kräftig auf die Nase des Rentiers.
„Verschwinde du Ungeheuer, meine Kinder bekommst du nicht!“
Der Besen kitzelt Jasper an der Nase und er muss niesen.
Die Wichtelmutter wird in die hinterste Ecke des Zimmers geschleudert.
Mühsam rappelt sie sich hoch , packt ihren Besen, rennt nach vorne, und lässt ihn immer wieder kräftig auf die Nase des armen Jaspers sausen.
Dieser zieht den Kopf zurück und schüttelt sich.
Ein unfreundliches Völkchen wohnte hier im Wald.
Lautes Atmen und knirschende Schritte sind zu hören und Jasper sieht sich unwillkürlich nach einem Versteck um.
Erleichtert atmet er auf, als Bertl zwischen den Bäumen auftaucht.
Der muss erst einmal verschnaufen, so weit war er mit seinen kurzen Beinen gerannt, aber mit strahlenden Augen berichtet er seinem Freund.
„Am Waldrand steht eine Hütte, dort wohnt nur ein alter Mann, aber hinter der Hütte ist ein leerer Stall, dort können wir bleiben. Komm mit!“
Der Kobold springt auf den Rücken seines Freundes und weist ihm den Weg.
Im Stall ist es mollig warm und er sieht aus, als wäre er schon lange nicht mehr benutzt worden.
Jasper sinkt ins Stroh.
Der Tag war lange und aufregend gewesen und er merkt jetzt, wie müde er ist.
Bertl öffnet die Stalltür.
„Ich werde uns etwas zu essen besorgen!“
Vorsichtig schleicht der Kobold um das Haus und blickt durch das Fenster in die beleuchtete Stube.
Der alte Mann sitzt am Kamin und ist in ein Buch vertieft.
Geduckt schleicht Bertl weiter und betritt durch die unverschlossene Hintertür die Küche.
Angenehm durftet es hier.
Auf dem Ofen steht ein noch warmer Topf mit Gemüse und der Kobold steckt sich schnell einige Stücke in den Mund, dann wischt er achtlos seine Hand an der Hose ab.
Er zieht ein nicht mehr ganz sauberes Taschentuch hervor und häuft von dem Teller, der auf dem Tisch steht einige Lebkuchen und Plätzchen darauf und verknotet es.
Aus dem Korb mit Äpfeln stibitzt er zwei und verlässt dann leise die Küche.
Die beiden Freund schmausen vergnügt und schlafen dann eng aneinander gekuschelt tief und fest.
Und so bemerken sie auch nicht, wie spät in der Nacht noch ein geheimnisvoller Gast kommt.
St. Nikolaus sitzt gemütlich vor seinem Kamin.
Nachdem die Zwerge nach Hause gegangen sind, hat er von dem Gemüseeintopf, den die Zwergenfrauen für ihn gekocht haben, gegessen.
Nun sitzt er in seinem gemütlichen Sessel mit einer Tasse heißen Tee und einem Teller mit Plätzchen und liest.
Nach einer Weile lässt er das Buch sinken und beobachtet die dichten Schneeflocken die langsam und gleichmäßig vor seinem Fenster im Mondschein vom Himmel fallen.
St. Nikolaus genießt die Ruhe!
Ein lautes Klopfen, die Tür wird aufgerissen und eine vermummte Gestalt begleitet von einem Schwung Schneeflocken stürmt herein, klopft sich polternd die Schuhe und wirft die Tür hinter sich zu.
Die kräftige Gestalt schüttelt sich prustend, schält sich aus der Vermummung, stürzt ins Zimmer, reißt den hl. Mann vom Sessel hoch und zerquetscht ihn fast in einer kräftigen Umarmung.
St. Nikolaus schnappt überrascht nach Luft und sieht sich seinen Besucher genauer an.
Dann lächelt er, der Weihnachtsmann!
Dieser hat sich in den Sessel gegenüber geworfen, die Beine weit von sich gestreckt , die Hände über dem beachtlichen Bauch gefaltet und sieht sein Gegenüber grinsend an.
„Lange nicht gesehen, alter Knabe, du guckst ein wenig verdattert?“
Nikolaus schmunzelt.
„Ist es ein Wunder? Du stürmst herein wie ein Tornado!“
„Hohohohohohooooooooo“ tönt es durch die Stube und der heilige Mann zuckt zusammen.
Ein bisschen ungehobelt war er ja schon, der Kollege vom Nordpol, aber ein herzensguter Kerl, der auch wie er den Kindern an Weihnachten Freude bringen will.
Der Weihnachtsmann wird wieder ernst.
„Eines meiner Rentiere ist mir abhanden gekommen und wir konnten seine Spur bis hierher verfolgen. Dir ist nichts ungewöhnliches aufgefallen?“
Ein feines Lächeln zieht über das Gelehrtengesicht des Bischofs.
„Im Zauberwald ist nichts gewöhnlich.“
Der Weihnachtsmann grinst, wird aber gleich wieder ernst.
„Mach mir ein wenig Sorgen um den Kleinen. Habe Jasper sehr ins Herz geschlossen, seit er damals zu uns kam. Aber seit er mit diesem Bertl zusammen ist, steckt er ständig in irgendeiner Klemme.“
Nikolaus sieht hinaus in das Dunkel der Nacht.
„Heute wirst du ihn nicht mehr finden, du kannst gerne in meinem Gästezimmer übernachten.
„Danke alter Freund, draußen wartet mein Rentier Danza, hast eine Unterkunft für ihn?“
„Ja, hinter dem Haus steht ein leerer Stall, dort kannst du dein Rentier unterbringen.“
Der Weihnachtsmann geht hinaus, nimmt Danza am Zügel und führt ihn um das Haus herum zum Stall.
Als er die Tür öffnet fällt das Mondlicht direkt auf die beiden Schlafenden.
Der Weihnachtsmann dreht sich zu Danza und legt den Finger auf den Mund.
„Pass auf, dass sie nicht davon laufen.“
Dann eilt er zum Haus, klopft an die Fensterscheibe und winkt Nikolaus nach draußen.
Wenig später stehen sie vor den schlafenden Übeltätern.
Der Weihnachtsmann räuspert sich laut und erschrocken zucken die Schlafenden zusammen und öffnen die Augen.
Als sie sehen wer vor ihnen steht, springen sie entsetzt auf.
Bertl wird abwechselnd rot und blass und das Geweih von Jasper blinkt aufgeregt.
Der Weihnachtsmann legt seine Stirn in grimmige Falten und donnert:
„Diesmal habt ihr es ja wohl gewaltig übertrieben. Das gibt mächtigen Ärger, Knurrjan ist schon dabei sich für euch Strafen auszudenken.“
Die beiden Lausbuben senken beschämt den Kopf.
Doch dann sehen sie das vergnügte Funkeln in den Augen des Weihnachtsmannes und amten erleichtert auf, so schlimm würde es schon nicht werden.
Dieser wendet sich an St. Nikolaus und reicht ihm die Hand.
„Nun mein Freund, da ich die beiden Strolche früher gefunden als erwartet, ist es wohl besser gleich nach Hause zu fliegen. Wer weiß, was den für Unsinn noch einfällt. Leb wohl!“
Er setzt sich auf Danza und Bertl klettert auf Jaspers Rücken, dann streut der Weihnachtsmann Sternenstaub und sie fliegen dem Himmel entgegen.
St. Nikolaus sieht ihnen nach, bis sie in den Wolken verschwunden sind.
Dann kehrt er zurück ins Haus und bald verlischt das Licht und Ruhe kehrt ein.Peter und Vanessa sind sehr enttäuscht, als sie am Wochenende zu Lilofee kommen und erfahren , dass der Weihnachtsmann im Zauberwald war.
Doch ihre Tante geht mit ihnen zu den Wichteln und dort erzählt ihnen die Wichtelmama von ihrem Kampf mit dem Ungeheuer.
Dann verbringen sie einen gemütlichen Nachmittage bei St. Nikolaus und lassen sich ganz genau vom Besuch des Weihnachtsmannes erzählen.Am Heiligen Abend nach dem Besuch der Christmette und nach dem Oma und Opa schlafen gegangen sind, gehen die Kinder mit den Eltern in den Zauberwald.
Auf einer Lichtung steht ein riesengroßer leuchtender geschmückter Weihnachtsbaum und alle großen und kleinen Zauberwesen sind darum versammelt.
St. Nikolaus steht neben Lilofee und liest aus der Weihnachtsgeschichte vor, dann singen sie noch fröhliche Weihnachtslieder.
Plötzlich ertönt ein Bimmeln und am Himmel erscheint ein Schlitten von Rentieren gezogen, die von einem leuchtendem Jasper angeführt werden.

Ganz tief fährt er über ihre Köpfe und der Weihnachtsmann winkt mit einem lauten „Hohohohoooo!“ neben ihm erscheint das frech grinsende Gesicht vom Kobold Bertl und auch er winkt mit beiden Händen.
Dann verschwindet der Schlitten in der Ferne.

Vergnügt marschieren die Kinder mit ihren Eltern wenig später durch den knirschenden Schnee zurück ins Forsthaus.

Das war das schönste Weihnachten, das sie bisher erlebt hatten.



© Lore Platz  (26.11. 2021)

 

 

Türchen 14



Das absolute Weihnachts-Wunderland ist Finnland.

Wohnen die Finnen doch in unmittelbarer Nachbarschaft mit dem Weihnachtsmann.

Der Joulupukki, wie die Finnen ihn nennen wohnt im Berg Korvatunturi in Finnisch-Lappland.

Mit seinen Wichteln bereitet er die vielen herrlichen Geschenke für die Kinder vor, die er an Weihnachten in die finnischen Stuben bringt.

Den geheimen Eingang in den Berg hat bisher noch niemand gefunden.






Jasper trifft seinen Vater wieder


Doch einer hat ihn gefunden, Jasper, das Rentier mit dem blinkenden Geweih, vielleicht erinnert ihr euch an die Geschichte, die ich vor einigen Jahren geschrieben habe.

Der kleine Rentierhirsch wurde von allen gehänselt und als auch sein Vater Tundor sich verächtlich von ihm abwandte, da verließ seine Mutter Alleschja mit ihrem Sohn die schützende Herde und wurde von Wölfen getötet, um ihren Sohn zu retten. Jasper irrte nun allein weiter und kam zum Weihnachtsland.

 

Seit vielen Jahren lebt er nun schon da.

Und hier beginnt meine Geschichte.

Es ist Sommer in Finnland und natürlich auch beim Weihnachtsmann.

Jasper und sein Freund Bertl liegen auf der Wiese und träumen im Sonnenschein.

Jasper ist nun ein erwachsener stattlicher Rentierhirsch und lässt sich auch nicht mehr von Bertl zu dummen Streichen verführen, die ihn oft in Schwierigkeiten gebracht haben.

 Ein Wichteljunge läuft über die Wiese auf sie zu.

Etwas atemlos bleibt er stehen. „Jasper, du sollst sofort zum Weihnachtsmann kommen!“ Bertl kichert, „haste was angestellt?“ „dafür bist eher du zuständig,“ grinst Jasper und folgt dem Jungen ins Haus.

Er trabt durch die leere Halle und klopft mit dem Geweih an die Tür, der Weihnachtsmann selbst öffnet ihm.

Statt seinem warmen roten Wintermantel und der Pelzmütze trägt er eine weiße Leinenhose , die etwas über dem Bauch spannt, denn er nascht so gerne Süßigkeiten, und ein weißes Hemd.

Seine langen weißen Haare sind zusammengebunden und sein weißer Bart ist ordentlich gestutzt.

Nur seine sonst so vergnügt funkelnden Augen blicken ernst und Jasper durchforscht sofort sein Gewissen, ob er etwas angestellt hat.

Der Weihnachtsmann gibt ihm ein Zeichen, ihm zu folgen. Jasper kannte den Raum in dem viele runde Bildschirme standen Einer war mit den Werkstätten verbunden, einer mit der Erde, um all die Kinder, die Wünsche an den Weihnachtsmann hatten, zu erfassen.

Auf einem Bildschirm wurden die Briefe der Kinder gespeichert und auf dem Bildschirm daneben die guten und bösen Taten der Kinder.

An all diesen Bildschirmen aber geht der alte Mann vorbei, zieht einen großen Metallschlüssel aus der Tasche und öffnet eine Nebentür.

In diesem Raum stand nur ein großer Bildschirm.

„Damit kann man ins Universum schauen, aber nur in Notfällen kann man ihn benutzen.

Du musst nun stark sein, mein Junge, wenn ich diesen Knopf drücke, dann werden wir mit dem Tierhimmel verbunden und du wirst gleich deine Mutter sehen.“

Er drückt den Knopf und verlässt leise den Raum.

Der Bildschirm öffnet sich und eine Wiese im Sonnenschein ist zu sehen, auf der sich alle Arten von Tieren tummeln.

Eine Rentierkuh galoppiert über die Wiese und bleibt dicht vor Jasper stehen.

„Mama,“flüstert er und beide drücken ihre Nasen an die Scheibe und so verharren sie während ihnen die Tränen aus den Augen tropfen.

Dann tritt Aleschja einen Schritt zurück.

„Mein Sohn was bist du für ein stattlicher Hirsch geworden und nun führst du die Rentiere des Weihnachtsmanns an.

Habe ich dir nicht immer gesagt, dass du etwas ganz besonderes bist.“

„Ja während andere mich nur verspottet und gehänselt haben. Ach Mama warum hast du dich den Wölfen entgegen gestellt.“

„ Weil es meine Bestimmung war. Jedes Lebewesen hat seine Aufgabe in der Welt. Und sieh dich um, im Paradies der Tiere ist es wunderschön und von hier aus kann ich dich jeden Tag sehen und bin immer bei dir.“

“Aber warum hast du dich in all den Jahren nicht bei mir gemeldet?“

„Weil es verboten ist nur in Notfällen dürfen wir Kontakt zu den Lebenden aufnehmen.“

“Du bist in Not, wie kann ich dir helfen?“

“Nicht ich, sondern dein Vater.“

Jaspers Gesicht verschloss sich.

Aleschja sieht ihren Sohn bittend an.

„Er ist dein Vater und er liebt uns beide, genau wie dich kann ich ihn beobachten.

Er hat geweint, als er von meinem Tod erfuhr und hat lange nach dir gesucht.

Ich denke deshalb hat er auch eine allein mit ihrem Sohn herumstreifende Rentierkuh aufgenommen.

Doch diese Patrischa wurde von ihrem Stamm ausgestoßen, weil sie eine hinterhältige Unruhestifterin ist.

Sie möchte. dass ihr Sohn die Herde übernimmt. Und bald sind die Revierkämpfe und Tundor soll in einen bösen Hinterhalt gelockt und getötet werden.

Bitte mein Junge rette deinen Vater!“

Jasper sieht in die flehenden Augen seiner Mutter und nickt.

Langsam verschwindet das Bild.

Leise war der Weihnachtsmann herein gekommen und auf einen Wink folgt Jasper ihm.

Vor dem Bildschirm, der die Erde zeigt, steht Bertl und grinst. „Bertl wird dich begleiten.“

Auf dem Bildschirm ist nun eine Rentierherde zu sehen, Tundor steht auf dem Hügel und wacht über sie.

„Er ist alt geworden,“ flüstert Jasper.

„Er macht sich Vorwürfe, weil er euch im Stich gelassen hat und ist deshalb besonders verwundbar. Deshalb ist es wichtig, dass du ihm hilfst, das wird ihm seinen Lebenswillen wiedergeben.

Inzwischen hast du ja auch gelernt mit deinen Gefühlen umzugehen und dein Geweih blinkt nur noch wenn du es willst.“

 

Er reicht dem Kobold einen Beutel mit Sternenstaub, den sich dieser um den Hals hängt und unter seinem Hemd verstaut, dann klettert er auf den Rücken seines Freundes. „Ich werde euch von hier oben im Auge behalten. Viel Glück!“

Der Weihnachtsmann wirft etwas Sternenstaub über sie und schnell wie der Blitz sausen sie durch die Wolken und stehen auf einer Wiese. Glücklich sieht Jasper sich um und atmet tief. Seit vier Jahren hat er die Erde nur im Winter besucht.

Es raschelt im Gebüsch und drei junge Renhirsche treten auf die Wiese.

Bertl ist längst auf einem Baum verschwunden. Jasper erkennt sie, der eine ist Xerkses der Sohn von Patrischa und die beiden seine Brüder.

Hochmütig hebt Jasper den Kopf und sieht die drei Jungspunde von oben herab an und ahnt nicht wie sehr er in dem Moment seinem Vater gleicht.

„Ach ihr gehört sicher zu der Herde, die ich gewittert habe.“

Er will weiter gehen, doch Xerxes stellt sich ihm frech in den Weg, „Wir nehmen keine Landstreicher auf!“

Jasper sieht ihn von oben herab an. „Da habe ich aber was anders gehört.“

Bertl schreit, „Vorsicht!“

Blitzschnell dreht Jasper sich mit gesenkten Geweih um, schickt den ersten hinterhältigen Angreifer zu Boden, der zweite folgt sogleich und mit den Hinterhufen wehrt er Xerxes ab. Kopfschüttelnd betrachtet er die drei jammernden Gestalten und meint grinsend zu seinem Freund, „dann wollen wir die Wickelkinder mal zu ihren Mamis bringen.“

Als sie das Revier Turanos erreichen kommen von allen Seiten Rentiere gelaufen.

Jasper sieht sich unauffällig um, kann aber seinen Vater nirgends entdecken.

Eine Rentierkuh drängt sich nach vorne und jammert ,“ meine armen Kinder, was hat der Unhold mit euch gemacht?“

„Wir haben ganz harmlos gespielt, da kam er und hat uns einfach verprügelt. “

„Was ist hier los?“

Jasper dreht sich um und lächelt. „Hallo Vater.“ Tundor betrachtet den stattlichen jungen Hirsch, der ihm so ähnlich sieht, voller stolz. „Mutter hat mich hierher geschickt,“

„ Lebt sie denn auch noch?“

„Nein, sie ist im Paradies der Tiere, kann aber alles auf Erden beobachten und ist immer bei uns.

Vor kurzem hat sie mich kontaktiert, damit ich dir helfen soll.

Diese Patrischa und ihr Söhne haben nämlich übles geplant. Sie wollten dich in einen Hinterhalt locken und töten, damit sie hier die Herrschaft übernehmen können.“

Tundor baut sich vor den Übeltätern auf.

„So dankt ihr mir es also, dass ich euch in meiner Herde aufgenommen habe. Aber was geschieht nun mit ihnen,“ wendet er sich an seinen Sohn.

„Überlasst das nur mir,“ ruft Bertl, springt auf den Rücken von Patrischa wirft Sternenstaub über alle und fliegt davon.

Mit weit aufgerissenen Augen starren die Rentiere nach oben.

„Was war denn das?“ „Sternenstaub!“lacht Jasper.“habt ihr noch nie von den fliegenden Rentieren des Weihnachtsmanns gehört.

Ich bin ihr Anführer und deshalb wurde ich so geboren. Und nun lässt er sein Geweih blinken. Und er erzählt den aufmerksam lauschenden, wie er zum Weihnachtsmann kam.

Später liegen Vater und Sohn nebeneinander und Tundor will alles von Aleschja wissen und als der Junge längst schläft sieht er hinauf in den dunklen Sternenhimmel und flüstert: “Danke geliebte Aleschja, dass du von dort oben über mich wachst und danke, dass du mir so einen prächtigen Sohn geschenkt hast.“ Und glücklich lächelnd schläft er ein.

Als Jasper erwacht sitzt Bertl im Schneidersitz neben ihm und grinst ihn an. „Wie lange bist du schon zurück?“

Turano hebt den Kopf. „Ach dein kleiner Menschenfreund?“

Bertl blitzt ihn wütend an. „willst du mich beleidigen, ich bin kein Mensch , sondern einer der Kobolde, die zusammen mit den Wichteln dem Weihnachtsmann helfen.“

Jasper lacht schallend.“Helfen, du stellst mehr Unsinn an!“

Der Kobold wirft ihm einen giftigen Blick zu, verschränkt die Arme und bockt.

Jasper stößt ihn sanft mit der Nase an.

“Aber Bertl, mein Freund, seit wann verstehst du keinen Spaß mehr?“

Dieser lässt die Arme sinken.

„Ich habe die letzten Stunden mit den bösesten Kreaturen verbracht die es auf Erden wohl gibt.

Sie jammerten, beschimpften mich auf das übelste, bedrohten mich und als ich sie endlich hoch in der weit entferntesten Tundra absetzte, da wollten sie mir auch den Sternenstaub abnehmen.“

„Aber,“ fragt Tundor besorgt,“ werden sie denn nicht wieder zurück finden?“

Bertl winkt ab, „Dazu sind sie zu weit weg und außerdem werden sie so beschäftigt sein, vor den Bären und Wölfen davon zu laufen, da bleibt ihnen keine Zeit Pläne zu schmieden.“ „Außerdem, Vater stehst du und deine Herde unter Mamas und meinem Schutz.“

Tandor sah seinen Sohn traurig an. „Nun wirst du wieder zurück gehen?“

Jasper schüttelt lachend den Kopf. „Nein, wir bleiben bis Herbst.“

Und nun begann eine schöne Zeit für Vater und Sohn.

Sie führten viele gute Gespräche und kamen sich immer näher.

Und wenn sie zusammen neben einander auf dem Hügel standen, um die Herde zu bewachen boten sie einen prächtigen Anblick. Bertl aber wurde der Liebling der Herde, besonders der Kinder.

Und als der Herbst begann die ersten Blätter zu färben und die beiden Abschied nahmen waren alle traurig.

Doch als Jasper versprach, dass sie jedes Jahr von Frühling bis Herbst wieder kommen werden, war der Jubel groß.

Am Weihnachtsabend erscheint über dem Winterquartier in das Turan seine Herde gebracht hat, ein heller Lichtschein.

Alle sehen nach oben. Da ist Bertl ruft ein Rentierjunge und nun sehen es auch die anderen.

Ein großer Schlitten, von Jasper, dessen Geweih fröhlich funkelt, gezogen, kommt aus den Wolken.

Bertl springt sofort heraus und begrüßt seine Freunde.

Der Weihnachtsmann folgt etwas langsamer. Er begrüßt Turan und sieht sich anerkennend um.

„Du hast dein Winterquartier klug gequält und damit du nicht weiterziehen musst, hat dein Sohn beschlossen dich und deine Herde zu versorgen.
(c) bonmomo


Auf dem Schlitten dort liegen Säcke mit Gräsern, jungen Triebe, Kräuter und Rinde und Pilzen. Zeig uns wohin Bertl und ich sie tragen sollen.“

Während die beiden den Schlitten abladen stehen Vater und Sohn Kopf an Kopf.

Worte sind überflüssig.

Beide haben Tränen in den Augen.

Und obwohl im Tierparadies niemand weinen muss, so fließen auch aus den Augen von Aleschja Tränen.

Aber es sind Freudentränen.


PS Rentiere unternehmen im Winter lange Wanderschaften, um Nahrung zu finden und benutzen ihre Vorderhufe um Pflanzen unter dem Schnee auszugraben.


© Lore Platz 5. 8. 2024

 


 



























 
       


 
 

































 






Donnerstag, 12. Dezember 2024

Zwurrli feiert Weihnachten

 Zwurrli feiert Weihnachten

Der Wichtel Zwurrli setzte sich laut gähnend im Bett auf und wusste im ersten Moment nicht wo er war.
Dann fiel es ihm wieder ein.
Es hatte seit Tagen so heftig geschneit, dass sie ihre Wohnung unter der Wurzel des Birnbaums nicht mehr verlassen konnten.
Biggi hatte den Schnee vor der Tür weg gefegt und ihnen dann vorgeschlagen, die Wintertage doch im Schuppen zu verbringen.
Der lange Kerl hatte schon vor einigen Wochen die Wände des Schuppens isoliert, wie Biggi das nannte, damit es Susi mit ihren Kindern Annabell und Gustav schön warm hatte.
Kaspar, der ja eigentlich während des Winters im Haus schlafen durfte, war zu seiner Adoptivfamilie in den Schuppen gezogen.
Der lange Kerl hatte auch für Orlando, den Igel eine Kiste gezimmert, in der er seinen Winterschlaf halten konnte.
Als Biggi nun vorschlug, dass sie zu ihren Freunden in den Schuppen ziehen sollten, waren sie sofort einverstanden.
Nur Großvater Knorrwurzel, der seit kurzem bei ihnen wohnte, war dagegen.
„ Ein echter Wurzelwichtel wohnt unter den Wurzeln eines Baumes und nicht bei den Menschen!“ hatte er gewettert.
Donar hatte wie immer den Kopf eingezogen, wenn sein Vater schimpfte, doch Fuchsia hatte die Hände in die Seiten gestemmt und gefaucht:
„Deshalb wohnst du jetzt ja auch bei uns, weil du allein in deiner Wohnung im Wald nicht mehr zurecht kommst.
Wir werden in den Schuppen ziehen, solange das Wetter so schlecht ist, pasta! Du kannst ja hier bleiben und dich einschneien lassen!“
Donar hatte seine Frau bewundernd angesehen, er hätte niemals den Mut gehabt seinem Vater zu widersprechen.
So hatten sie also gestern ihre Sachen zusammengepackt und waren in den Schuppen gezogen und der Opa war, wenn auch murrend mitgekommen.
Biggi hatte in einem Spielwarengeschäft hübsche kleine Möbel besorgt und ihnen eine kleine Wohnung in der Ecke gebaut.
Opa Knorrwurzel hatte wieder gegrummelt, dass ein echter  Wurzelwichtel unten zu den Wurzeln gehört, hatte es sich aber sofort in dem bequemen Ohrensessel gemütlich gemacht.
Zwurrli schlüpfte leise aus dem Bett, denn selbst die kleinen Katzen schliefen noch.
Nachdem er sich warm angezogen hatte verließ er den Schuppen durch die kleine Tür, die Biggi „Katzenklappe“ genannt hatte.
Über Nacht war wieder Schnee gefallen, aber Zwurrli liebte es, durch den Schnee zu laufen, wenn er auch manchmal einsank.
Gerade ging der lange Kerl pfeifend zur Straße. Im Winter fuhr er mit dem Zug zur Arbeit.
Zwurrli huschte schnell zum Haus und kratzte an der Tür.
Gleich darauf ließ seine Menschenfreundin ihn herein und wohlige Wärme umfing ihn.
Er folgte ihr in die Küche, in der es herrlich duftete.
Auf dem Tisch lagen viele Blätter und der Wichtel kletterte hurtig am Stuhlbein hinauf und sprang dann auf den Tisch.
Aufmerksam betrachtete er die bunt bemalten Blätter.
„Aber das bin ja ich!“
Biggi, die gerade ein Marmeladenbrot in ganz kleine Stück schnitt und in eine Puppentasse Milch goss, kam an den Tisch.
Sie räumte die Blätter beiseite und stellt das Frühstück vor den Wichtel, der es sich schmecken ließ.
„ Ich arbeite gerade an einem Bilderbuch. Morgen habe ich Abgabetermin, damit es bis Weihnachten noch fertig wird.“
„Und in dem Buch komme ich vor?“
„Ja, du und deine Familie feiert Weihnachten bei mir und Ricky in dem Buch, ach und auch der Onkel Theobald feiert mit.“
Die junge Frau zog ein Blatt hervor, auf dem der Professor zu sehen war.
Zwurrli kicherte als er seinen Freund sah.
„Was ist eigentlich Weihnachten?“
„Nun am 24. Dezember feiern wir die Geburt von Jesus Christus, der einst auf die Erde kam, um die Welt zu retten.
Und da wir deshalb so glücklich sind, stellen wir an diesem Tag einen schönen leuchtenden Tannenbaum in unser Zimmer und die Kinder werden von dem Christkind beschenkt, denn das freut sich, dass wir seinen Geburtstag so schön und festlich feiern.
Und die Erwachsenen beschenken sich gegenseitig, da sie besonders an diesem Tag daran erinnern wollen wie lieb sie sich haben.
Zwurrli hat den letzten Krümmel gegessen und trank nun einen großen Schluck seiner Milch.
Biggi fuhr flink mit dem Stift über ein weißes Blatt Papier und der Wichtel staunte, als er einen großen geschmückten Baum sah und darunter waren er und seine Familie zu sehen und selbst Opa Knorrwurzel stand mit grimmigen Gesicht etwas abseits.
Seine Menschenfreundin malte nun alles mit Buntstiften aus, dann hob sie es hoch, damit der Wichtel es besser sehen konnte.



„Denkst du, dass ihr gemeinsam mit uns Weihnachten feiern könntet?
Außerdem würde ich mich freuen, wenn Ricky euch endlich auch kennen lernen würde.“
Zwurrli besah sich das hübsche Bild und nickte.
Ehe er sich versah hatte Biggi ihm einen Kuss gegeben und  jubelte:
„Dann weiß ich auch schon das Ende meiner Geschichte und kann sie morgen zum Verlag bringen!“
Sie sammelte die Blätter und legte sie beiseite.
„Hilfst du mir das Frühstück für deine Familie zu bereiten? Denkst du deinem Opa würde ein Grießbrei schmecken?“
Zwurrli kicherte und meinte listig, wenn du einen Klecks deiner leckeren Erdbeermarmelade darauf gibst.“
„Leckermaul!“ grinste Biggi.
Später dann brachten sie die Mahlzeit zum Schuppen. Fuchsia hatte bereits den Tisch gedeckt und der Großvater hatte als erstes seinen Teller leer, was ihn aber nicht hinderte immer wieder einen zornigen unfreundlichen Blick zu Biggi hinüber zu werfen, die gerade die Katzen fütterte.
Nachdem die junge Frau noch nach dem schlafenden Igel gesehen hatte verließ sie den Schuppen.
Zwurrli aber berichtete seiner Familie, dass sie zum Weihnachtsfest bei den Menschen drüben im Haus eingeladen waren.
Alle freuten sich, nur der Opa maulte wieder:
„Unfug, Wurzelwichtel habe bei den Menschen nichts verloren!“
Doch niemand achtet auf ihn, so zog er sich schmollend auf seinen Sessel zurück und paffte sein Pfeifchen.

Biggi hatte das fertige Bilderbuch zum Verlag gebracht und die versprachen es pünktlich zum Weihnachtsverkauf in die Geschäfte zu liefern.

Nun konnte die junge Frau mit den Vorbereitungen zu dem ungewöhnlichen Weihnachtsfest beginnen.
Ricky erzählte sie natürlich nicht, dass außer Onkel Theobald auch die Wichtelfamilie kommen würde.
Wie sie sich auf sein Gesicht freute, denn oft genug hatte er sie wegen den Wichteln verspottet.
Zuerst galt es Geschenke zu besorgen, dass erledigte sie immer schon vor dem ersten Samstag zum Advent, denn da konnte man noch durch die Geschäfte schlendern
ohne erdrückt werdenFür Onkel Theobald fand sie einen großen Bildband über Botanik. Dazu noch einen warmen weichen Kaschmirschal und passende Handschuhe.
Ricky bekam eine neue Aktentasche, denn seine sah schon recht schäbig aus, dazu einige Romane seines Lieblingsschriftstellers. 
Und dann betrat sie freudig erregt das große Spielwarenhaus.
Die Verkäuferin, die sie das letzte Mal bedient hatte erkannte sie sofort wieder und kam freudestrahlend auf sie zu.
„Guten Tag, haben ihrer Tochter die Puppenmöbel gefallen?“
Biggi wurde etwas rot.
„Haben sie auch Puppenkleider?“ 
„Welche Größe?“
Biggi zeigte mit beiden Händen die Größe der Wichtel an.
Bald stand sie an einem Stand mit einem riesigen Sortiment von Kleidungsstücken, von Unterwäsche bis Schuhe gab es alles.
Der Einkaufskorb wurde immer voller. 
Selbst ein Pelzmantel für Fuchsia war dabei und für jeden ein paar pelzgefüttert Stiefel und für den Opa  noch ein paar flauschige Pantoffel.




Zuhause wurden die Geschenke gut versteckt.
In der Adventszeit durften Zwurrli und seine Geschwister beim Plätzchen backen helfen. War das ein Gekicher und Vergnügen und ein Chaos in der Küche.
Aber alle hatten eine Menge Spaß.
Ihre Menschenfreundin hatte jedem einen Fingerhut zum Ausstechen gegeben und so entstanden ganz kleine Plätzchen.
Natürlich durften sie auch beim Verzieren der großen Plätzchen helfen und dabei kamen die lustigsten Kreationen zustande.
Anschließend bekamen sie für jeden Wichtel ein Plätzchen mit, der Rest kam in großen Dosen. 
Klein und Groß schön getrennt.
Der Opa freute sich ganz besonders immer, wenn seine Enkel mit einem der leckeren Kekse für ihn zurückkamen, aber das hätte er um nichts in der Welt zugegeben.

Am heiligen Abend saß Biggi im Schneidersitz neben dem Christbaum und ließ ihren Blick liebevoll durch das Zimmer gleiten.
Neben ihr lag Susi und schnurrte behaglich unter ihrer streichelnden Hand.
Kasper lag vor dem Kamin und beobachtete seine beiden Adoptivkinder, die versuchten das Wollknäuel zu erhaschen, das Onkel Theobald vor ihnen baumeln ließ. Fuchsia bewunderte immer wieder ihren Pelzmantel, während Donar mit Trollo und Tauperle das Kricketspiel ausprobierte.
Opa Knorrwurzel betrachtete glückselig seine neuen Pantoffel und wendete die Füße hin und her vor Behagen.
Als er ihren Blick spürte verfinsterte sich sein Gesicht.
Biggi schmunzelte und sah hinüber zu ihrem Mann, der mit Zwurrli auf dem Sofa saß, scheinbar in eine ernsthafte Unterhaltung verstrickt.


Sie musste grinsen, als sie an den entsetzten  Blick ihres Mannes dachte, wie sie mit der Wichtelfamilie ins Wohnzimmer marschierte.
Zärtliche umfasste ihr Blick alle ihre Lieben und dann strich sie leicht über ihren Bauch.
Nächstes Weihnachten würde ihr kleine Familie sich um ein
Mitglied vergrößern.
Ja Ricky würde heute noch eine Überraschung bevorstehen.

© Lore Platz    13.12.2014
 





Mittwoch, 11. Dezember 2024

Wie Ingelore Weihnachten fand

 2018

 




 

Wie Ingelore Weihnachten fand



ihr wundert euch sicher warum ich alle Einträge der letzten sechs Jahre gelöscht habe. Aber es ist mir etwas schlimmes passiert im Internet und hat mich viel Geld und Nerven gekostet, aber es ist vorbei. Schwamm drüber!
Eine alte Frau hat einmal zu mir gesagt: Es gibt nichts schlechtes in dem auch etwas Gutes steckt.
Und das stimmt!
Wieder einmal habe ich bemerkt wieviel Menschen mich mögen und schätzen.
Und Liebe und Freundschaft kann man sich nicht kaufen.
Da ich weiß wie gerne ihr meine Geschichten lest, werde ich von vorne anfangen und erst mal die alten Geschichten im neuen Gewand bringen und dabei aufpassen, dass ich die Fallstricke des Internets umgehe.

Weihnachten ist ja meine liebste Zeit und bedeutet auch Hoffnung und Liebe.
Lasst euch mit meinen Geschichte ein Licht anzünden und den grauen Alltag erhellen.In diesem Blog werden nur Bilder von mir, meiner Tochter und ihrem Freund und einigen meiner sehr guten Freunde verwendet!
Weihnachten liegt in der Luft und ich möchte euch auf diese wunderbare Zeit schon ein bisschen einstimmen.

 

Wie Ingelore Weihnachten fand


Es ist eine kalte Septembernacht.
Die Sterne funkeln und der Mond scheint auf die kleine Hütte am Rande des Dorfes.
Oben am Dachfenster steht ein kleines Mädchen und schaut in den sternenklaren Himmel.
Es ist die neunjährige Ingelore.
Wegen der Kälte hat sie sich eine Decke um die Schultern gelegt und hält sie zitternd vorne zusammen.
Traurig denkt sie, ob ihre Mutter wohl im Himmel war?
Pfarrer Broderich hatte gesagt: „Sünder kamen nicht in den Himmel!“
Und ihre Mutter war ja wohl eine Sünderin.
„Flittchen, Hure!“ hatten die Leute im Dorf sie bezeichnet und dass sie, Ingelore ein Bastard sei, weil niemand wusste, wer ihr Vater war.
Vor vier Jahren hatte ihre Mutter sie zur Oma gebracht und war wenig später mit Lutz ihrem damaligen Freund tödlich verunglückt.
Ingelore konnte sich noch genau daran erinnern.
Fünf Jahre alt war sie gewesen, als sie eines Nachts erwachte und ihre Mutter nebenan weinen hörte.
„Das kann ich nicht, sie ist doch mein Kind!“
„Nun, überlege es dir, sie oder ich, ich habe keine Lust das Gör nach Amerika mit zu nehmen“
die Stimme von Lutz klang unerbittlich.
„Aber wohin soll ich sie denn bringen,“ rief ihre Mutter schluchzend.
„Gib sie meinetwegen in ein Heim, oder vergiss sie einfach im Supermarkt!“
Ingelore hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. Wie sehr sie den Freund ihrer Mutter doch hasste.
Eine Weile war es still im Nebenzimmer, dann hörte sie Mama mit stockender Stimme sagen:
„Meine Mutter lebt in einem Dorf bei Heidelberg, vielleicht kann ich sie zu ihr bringen?“
„Gut, morgen fahren wir hin, ja eher wir das Gör los sind, umso besser. Aber nun komm, sei lieb zu mir, gib mir einen Kuss!“
Ingelore aber vergrub ihr Gesicht im Kissen, damit niemand ihr Schluchzen hörte.
Sie zitterte am ganzen Körper vor Angst und fühlte sich so allein und einsam.
Wenn es auch nicht immer schön war bei Mama, besonders wenn sie mal wieder einen neuen Freund hatte, so war das doch ihr zuhause, in dem sie sich geborgen fühlte.
Und nun sollte sie weg, für immer, zu einer Oma, von der sie bisher noch nie gehört hatte.
Irgendwann war das Mädchen dann eingeschlafen.
Ihre Mutter hatte rotgeweinte Augen, als sie am nächsten Morgen in ihr Zimmer kam und während sie ihren Koffer packte, erzählte sie etwas hektisch von der Oma, zu der Ingelore für einige Zeit gehen sollte.
Ingelore ließ alles schweigend über sich ergehen. Seit Lutz bei ihnen wohnte schwieg sie sowieso meistens, denn Lutz konnte sehr böse werden, wenn ihm etwas nicht passte.
Still saß sie auch auf dem Rücksitz des Autos und blickte durch das Seitenfenster auf die vorbei fliegende Landschaft.
Sie fuhren durch ein Dorf und hielten vor einem kleinen Häuschen.
„Beeil dich,“ rief Lutz ihnen nach, als sie das
Gartentor öffneten und den Kiesweg entlang auf das Haus zugingen.
Rechts war eine Ziege an einen Pfahl angebunden und meckerte sie an.
Einige Hühner flohen flügelschlagend vor ihnen und eine getigerte Katze saß auf der Fensterbank und blickte ihnen gelangweilt entgegen.
Mama klopfte an die Tür.
Schlurfende Schritte waren zu hören und die Tür öffnete sich einen Spalt.
„Hallo Mama.“
Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete die alte Frau ihre Tochter.
„Lange nicht gesehen, was willst du?“
„Ich wollte dir deine Enkelin Ingelore vorstellen:“
Die Alte warf einen kurzen Blick auf das Kind und bellte unfreundlich.
„Nun, ich habe sie gesehen, du kannst wieder gehen.“
Die Tür fiel ins Schloss.
Die Mama führte Ingelore auf die Bank neben der Tür, stellte den Koffer daneben und sagte:
„Warte hier bis die Oma wieder heraus kommt, sie wird sich um dich kümmern. Leb` wohl!“
Sie umarmte sie flüchtig und lief davon.
Der Motor heulte auf und das Auto fuhr weg.
Still saß Ingelore, mit brav gefalteten Händen auf der Bank.
Stundenlang!
Eine getigerte Katze setzte sich neben sie, als wollte sie sie beschützen.
Als es dämmerte kam die alte Frau aus dem Haus einen Blecheimer in der Hand.
Sie stutzte, als sie das Kind sah, sah sich kopfschüttelnd um, murmelte etwas vor sich hin und
raunzte, „komm rein!“
Das war vor vier Jahren und seitdem ist Ingelore nun bei ihrer Oma.
„Miauuuu“, Minka, die getigerte Katze balanciert geschmeidig über die Dachtraufe und springt dann neben ihr ins Zimmer.
Sie streckt sich, macht einen Buckel und streicht schmeichelnd um die Beine des Mädchens.
Als sich dieses bückt und sie streichelt, schnurrt sie laut.
Minka hat sie als einzige willkommen geheißen und ihr Freundschaft geschenkt und seitdem fühlt Ingelore sich nicht mehr allein.

Bald liegen die beiden eng aneinander geschmiegt im Bett und schlafen tief und fest.

Am nächsten Morgen, nachdem Ingelore sich im Waschhaus mit dem eiskalten Wasser gewaschen hat, eilt sie in die Küche und kniet sich vor den Ofen, um Feuer zu machen, wie es ihre Aufgabe ist.
Ihre Oma kommt mit dem Eimer Milch aus dem Ziegenstall und gießt einen Teil davon in den Topf und schiebt ihn auf den Ofen.
Ingelore hat inzwischen zwei Scheiben Brot von dem großen Laib geschnitten und zusammen mit Butter und Marmelade auf den Tisch gelegt.
Frau Benken schüttet die heiße Milch in zwei dicke Tassen und stellt eine davon vor ihre Enkelin.
Die erste Zeit hat Ingelore sich vor der Ziegenmilch geekelt, aber mittlerweile hat sie sich an den seltsamen Geschmack gewöhnt.
Das Frühstück wird wie immer schweigend eingenommen.
Ingelore stört es nicht, so kann sie ihren Gedanken nachhängen. Heute war der erste Schultag nach den großen Ferien und sie würden eine neue Lehrerin bekommen. Die Tochter vom Apotheker Naumann, der letztes Jahr gestorben war.
Deshalb hatte seine Tochter die Lehrerstelle hier in ihrem Heimatdorf angenommen, um bei ihrer Mutter zu sein.
Wie sie wohl war die neue Lehrerin.
Ingelore war froh, dass Fräulein Hartleitner in Pension gegangen war,denn diese hatte sie immer härter behandelt als die anderen Kinder und war oft ungerecht zu ihr gewesen und mehr als einmal hatte sie Ingelore vor der ganzen Klasse lächerlich gemacht. Fräulein Naumann erwies sich als sehr freundlich und gerecht.
Zum ersten Mal fühlt Ingelore sich nicht vom Unterricht ausgeschlossen, auch war der Unterricht nicht so langweilig wie bei Fräulein Hartleitner und Ingelore macht es richtig Spaß.
Fräulein Naumann duldet auch nicht, dass die anderen Kinder sie verspotten oder ärgern.
Und als der dicke Karl, der Sohn des Bürgermeisters einmal den langen Zopf von Ingelore in das Tintenfass steckt und ihre Kleider danach voller Tinte sind, wird Fräulein Naumann sehr böse.
Karl muss nachsitzen, bekommt eine saftige Strafarbeit und einen Brief nach Hause.
 
Der Bürgermeister hat sich persönlich bei Ingelore und ihrer Oma entschuldigt und sein Sohn muss die Reinigung von seinem Taschengeld bezahlen.
Seitdem wagt keiner mehr Ingelore zu ärgern und diese verehrt ihre Lehrerin seit diesem Tag.
 
Zum ersten Mal in ihrem Leben ist jemand für sie eingetreten.
Der Sohn des Bürgermeisters war ja immer der erklärte Liebling von Fräulein Hartleitner gewesen und wenn er Ingelore etwas antat, dann wurde immer diese bestraft und nicht der Übeltäter.
Das Mädchen merkt, wie gern sie plötzlich in die Schule geht und wie viel Spaß das Lernen macht. Und ihre Noten verbessern sich rapide.
Am Erntedankfest darf sie beim Binden der Garben helfen und Fräulein Nauman bemerkt, was für geschickte Hände das Mädchen zum Basteln hat und wie kreativ sie doch war.
Auch den anderen Mädchen fällt es auf und wenn sie nicht weiter wissen, dann kommen sie zu Ingelore und diese hilft ihnen gerne.
Und so wird das Mädchen stillschweigend in die Klassengemeinschaft aufgenommen.

Mittlerweile ist es schon November und Andrea Naumann sitzt mit ihrer Mutter im Salon bei einer Tasse Tee.
„Weißt du Mama, diese Ingelore ist schon ein besonderes Mädchen, klug, sehr begabt, kreativ, aber auch sehr verschlossen.“
Frau Naumann sieht sie aus ihren gütigen Augen an.
„Sie hat es nicht leicht die Kleine.
Ihre Mutter hat sie bei der Oma abgeliefert wie ein Paket und die alte Benzen, nun sie ist nicht gerade ein fröhlicher Mensch.“
 Andrea nickt.
„Weißt du, was mir Fräulein Hartleitner erzählt hat?
Letztes Jahr ließ sie die Kinder einen Aufsatz schreiben, über ihre Erlebnisse an Weihnachten.
Und Ingelore hat ein weißes Blatt abgeliefert.
Sie bekam eine Sechs!“
Ihre Mutter nimmt einen vorsichtigen Schluck von dem heißen Tee und sieht versonnen aus dem Fenster.
„Ich bin mit Marga,der Großmutter von Ingelore in die Schule gegangen.
Sie hatte keine schöne Kindheit.
Ihr Vater war ein strenger verschlossener Mann und ihre Mutter eine verhärmte verschüchterte Frau.
Sie haben nie Weihnachten gefeiert.
Ich kann mir vorstellen, dass Marga auch heute noch kein Weihnachten feiert.
Wie soll das Kind also über etwas schreiben, das sie gar nicht kennt.
Letztes Jahr hat man sie gesehen, wie sie am heiligen Abend durch das Dorf stromerte und in die hell erleuchteten Fenster sah.
Manche haben sich erschreckt, als sie plötzlich ein Gesicht auftauchen sahen, doch als sie vor die Tür gingen, war sie wie der Blitz verschwunden.“
Andrea schüttelt traurig den Kopf, doch dann erhellt sich ihr Gesicht.
„Mama, wie wäre es, wenn wir ihr dieses Jahr ein unvergessliches Weihnachten bereiten würden?“
„ Gute Idee! Aber nun möchte ich mich etwas hinlegen, meine Knochen schmerzen heute besonders arg“
Frau Naumann blickt aus dem Fenster.
„Morgen wird es schneien, ich spür`s in den Knochen!“ lacht sie.
Andrea hilft ihr aus dem Sessel und umarmt sie.
„Kleiner Wetterprophet!“
Dann flüstert sie.
„Danke, dass du und Papa mir so eine schöne Kindheit gegeben und mir so viel Liebe geschenkt habt.“
Die beiden Frauen sehen sich lächelnd an.
 Am nächsten Tag liegt wirklich eine dicke Schneedecke über dem Land.
Ingelore schippt den Weg zum Gartentor frei, bevor sie frühstückt.
Dann schnappt sie sich ihre Schultasche und macht sich auf den Weg.
Unterwegs trifft sie ein paar Mitschülerinnen und sie liefern sich eine fröhliche Schneeballschlacht.
Nach dem Unterricht nimmt Fräulein Naumann sie zur Seite und fragt sie, ob sie nicht mit ihr für den Weihnachtsbasar, der am 4. Advent vor der Kirche stattfand, etwas basteln wollte.
Ingelore strahlt, doch dann meint sie zaghaft:
„Ich weiß nicht, ob Oma es erlaubt.“
„Dann frag sie doch einfach. Ich erwarte dich um 15 Uhr.“

Pünktlich um 15 Uhr klingelt es an der Villa Naumann und Gretchen, das Hausmädchen lässt Ingelore ein, führt sie in den Salon, wo Mutter und Tochter Naumann Tee trinken.
Ingelore bekommt einen Kakao und ein Stück Gugelhupf, dann geht Andrea mit ihr ins Arbeitszimmer.
Immer wieder staunt die Lehrerin welch wunderschöne Gebilde unter Ingelores Händen entstehen.
Es klopft leise und Frau Naumann trittt herein,
unter dem Arm trägt sie ein dickes großes Buch.
„Seht einmal, was ich gefunden habe. Andrea, dein Buch mit Weihnachtsgeschichten. Soll ich euch daraus vorlesen?“
Sie setzt sich auf den bequemen Sessel, schiebt die Brille auf die Nase und beginnt mit ihrer weichen angenehmen Stimme zu lesen:

" Die kleine Franziska, kurz Franzi, genannt, kniet auf der Fensterbank und drückt ihre Nase an die Scheibe.
„Mama, es schneit!“ ruft sie glücklich und beobachtet staunend die dicken weißen Flocken die dicht und gleichmäßig vom Himmel fallen.
Bald liegt der Garten vor dem Hochhaus unter einer weißen Decke. Auch der Zaun trägt weiße Häubchen und die kahlen Äste der großen Kastanie sehen aus, als hätte man Puderzucker darüber gestreut.
Friedel, ihre Freundin aus dem Nachbarhaus läuft in den Garten und winkt zu Franzi hoch.
„Mama, darf ich in den Garten zu Friedel hinunter?“
„Ja, aber zieh den Schneeanzug an und vergiss Mütze und Handschuhe nicht.“
„Juchhuuuu!“ Das Mädchen springt von der Fensterbank, rennt in ihr Zimmer, zerrt den Schneeanzug aus dem Schrank und schlüpft hinein.
Die Stiefel stehen im Flur, dann stülpt sie sich noch die Mütze über die blonden Locken und schon knallt die Tür hinter ihr ins Schloss.
Friedel und ihr Bruder Klaus formen gerade eine große Kugel.
„Wir bauen einen Schneemann,“ ruft das Mädchen Franzi zu.
„Juchhuuuu!“ ruft diese und mit Feuereifer stürzt sie sich auf die immer größer werdende Schneekugel und zu dritt wälzen sie diese durch den Garten.
Bald ist sie dick genug und der Bauch des Schneemanns ist fertig.
Eine etwas kleinere Kugel wird der Kopf.
Dann stehen die Drei vor dem weißen Gesellen und sehen sich ihr Werk an.
Der alte Hausmeister, der den Gehweg frei gefegt hat, kommt zu ihnen herüber.
Auf seine Schneeschippe gestützt betrachtet er den Schneemann und nuschelt.
„Toll habt ihr das gemacht, aber da fehlt noch einiges.“
Friedel, die den alten Mann sehr gern hat, schimpft er doch nie mit den Kindern, wenn sie mal zu laut waren, nickt ernsthaft.
„Er hat kein Gesicht!“
Der alte Mann schiebt die Mütze zurück und kratzt sich am Kopf.
„Früher haben wir immer Kohlen für die Augen genommen, aber bei den Zentralheizungen heutzutage, gibt es ja fast keine Kohlen mehr.
Kommt mal mit!“
Er führt die Kinder in den Keller zu dem großen Raum, in dem er sein Werkzeug und all die Dinge, die er als Hausmeister so braucht, untergebracht hat.
Er wühlt in einer Kiste und zieht einen Schraubenzieher heraus, der schon etwas stumpf ist, aber einen dicken roten Griff hat.
„Was meint ihr, ginge der als Nase.“
„Ja!“ rufen die Kinder wie aus einem Mund und der alte Xaver reicht ihn an Klaus weiter.
„Sieh mal, dort drüben steht ein alter Besen, der nur noch wenig Borsten hat, hol ihn mal her.“ meint er zu dem Jungen.
Dann beugt er sich wieder über die Kiste und zieht einen verbeulten Eimer hervor, den er Friedel in die Hand drückt, die ihn sofort mit beiden Armen umschlingt.
„Das wäre der Hut, aber was nehmen wir für die Augen?“
Die Kinder sehen ihn erwartungsvoll an.
Xaver kratzt sich am Kinn, dann lächelt er etwas verlegen, greift in die Hosentasche und zieht zwei Kastanien hervor.
„Die trage ich eigentlich wegen meinem Rheuma mit mir herum, aber bis jetzt haben die mir noch nicht geholfen, da kann ich sie dem Schneemann wohl schenken.“
Er reicht sie Franzi, die sie vorsichtig in der Hand verschließt.
Dann verlassen die Vier den Keller und gehen zu dem Schneemann zurück.
Xaver hebt erst Franzi hoch, damit sie die Augen in das Gesicht drücken kann, dann Friedel, die den Blecheimer etwas schief auf dem Kopf platziert.
Klaus, der schon groß genug ist, steckt den Schraubenzieher mitten unter die Kastanienaugen und nun hat der Schneemann eine rote dicke Knollennase im Gesicht.
Überhaupt sieht er gut aus und als der Junge ihm noch den Besen in die Seite steckt, ist er perfekt.
Glücklich betrachten die Kinder ihr Werk.
Der Hausmeister ist bereits wieder auf der Straße, um weiter Schnee zu schippen.
Einige Freunde von Klaus kommen und wollen ihn mitnehmen zum rodeln.
Die Mädchen aber gehen noch zu Friedel zum Spielen.
Nun steht der Schneemann allein da. Immer gerade aus schauen ist doch langweilig.
Die Vögel im Futterhäuschen zwitschern, tschilpen und streiten sich um die Körner und machen soviel Lärm, dass er nicht versteht was sie sagen.
Eine Katze kommt auf ihn zu, ihre Pfoten hinterlassen Abdrücke im frisch gefallenen Schnee. Sie schnuppert an ihm und wendet sich enttäuscht ab.
Ab und zu kommen Leute vorbei und freuen sich als sie den schönen Schneemann sehen und er versucht sich gleich aufrechter hinzustellen.
Er ist stolz auf die lobenden Ausrufe der Vorübergehenden.
Bald wird es dunkel, die Lichter in den Häusern verlöschen, die Straßen sind menschenleer, nur vereinzelt brennen die Straßenlampen.
Auf einmal beginnt es wieder zu schneien und die kecken fröhlichen Schneeflocken setzen sich auf seinen Hut, seine Schultern und seinen dicken Bauch und sie erzählen ihm vom Wolkenschloss der Frau Holle aus dem sie kommen und einst, wenn sie verdunstet sind wieder zurück kehren werden.
Die Turmuhr der nahegelegenen Kirche schlägt zwölfmal. Mitternacht!
Plötzlich erscheint ein leuchtendes strahlendes Licht und eine wunderschöne Frau, ganz in weiß gekleidet, selbst die Haare sind weiß, kommt durch den Garten auf den Schneemann zu.
„Ist das eure Frau Holle?“ flüstert der Schneemann.
„Nein, das ist die Winterfee,“ wispern die Schneeflocken.
Das liebliche Wesen ist nun bei dem Schneemann stehen geblieben.
„Nun lieber Schneemann, ich bin gekommen, um dir deinen Wunsch zu erfüllen.“
„Wo,Wo, Woher weißt du von meinem Wunsch?“ stottert der Schneemann und wird ein wenig rot.
Das liebliche Wesen lächelt.
„Ich weiß alles über meine Geschöpfe des Winters. Mitternacht ist die magische Stunde, in der Wünsche in Erfüllung gehen.“
Sie berührt ihn mit dem Zauberstab und auf einmal hat der Schneemann Arme und Beine. Er juchzt laut und springt auf und ab, wie ein Hampelmann. Der Besen liegt neben ihm im Schnee und der Hut rutscht ihm vom Kopf. Schnell hebt er beide Arme und drückt ihn wieder fest auf sein Haupt.
Die Winterfee hat ihn lächelnd beobachtet und die Schneeflocken, die bei dem Gehopse herunter gefallen sind, liegen kichernd auf dem Boden.
„Nun lauf los und sieh dich um, wie es dein Wunsch war, aber denk daran, beim ersten Sonnenstrahl musst du wieder hier sein. Du willst doch nicht, dass die Kinder weinen, wenn du morgen verschwunden bist.“
Und der Schneemann läuft los, durch die menschenleeren Straßen, hinaus in den Wald.
Erst hier hält er an und verschnauft ein wenig.
Schön war es hier. Die Bäume von majestätischer Höhe trugen alle weiße Schneehäubchen und die weiße Decke auf dem Boden zeigte viele Spuren.
Ein Zeichen, dass der Wald nicht ohne Bewohner war.
Über ihm raschelt es und eine kleine Schneelawine fällt auf ihn herab.
Der Schneemann schüttelt sich und blickt nach oben.
Ein Eichkätzchen flitzt den Stamm hinunter und bleibt neben ihm sitzen.
„Hallo, ich bin Erika und wie heißt du?“
Der Schneemann überlegt einen Moment.
„Ich bin ein Schneemann, ohne Namen.“
„Nun Schneemann ohne Namen, weißt du vielleicht, wo ich meine Wintervorräte versteckt habe?“
Dieser schüttelt den Kopf.
„Es ist zu dumm, eben bin ich aufgewacht, weil ich Hunger habe und mir will einfach nicht einfallen, wo ich mein Versteck habe. Dann muss ich wohl zum Futterplatz.“
„Was ist ein Futterplatz?“
„Der Förster und seine Gehilfen haben eine Futterkrippe errichtet, um den Waldtieren den Winter zu erleichtern. Komm mit Schneemann ohne Namen, hast du Hunger.“
„ Nein, wir Schneemänner müssen nicht essen.
Aber ansehen würde ich mir so eine Futterkrippe gerne.“
Gemeinsam gehen sie nun durch den Wald.
Auf einmal hören sie ein Schnaufen und Prusten hinter sich und erschrocken springen sie zur Seite, als ein kräftiger Keiler an ihnen vorbei prescht.
Eine Truppe Hasen hoppelt herbei.
„Habt ihr das gesehen, dieser ungehobelte Kerl, beinahe hätte er meinen kleinen Tom zu Tode getrampelt!“ empört sich die Hasenmutter.
Der Schneemann, der noch nie einen Hasen gesehen hatte, betrachtet sie aufmerksam.
Das Eichkätzchen stellt ihm nun Gerlinde und ihre Kinder, Tom, Walburga, Bernhard und Kasper vor.
„Und das ist Schneemann ohne Namen.“
Guten Abend, Schneemann ohne Namen, „ ertönt es im Chor.
Dieser verneigt sich, wobei er vorsichtshalber seinen Hut festhält und gemeinsam geht die kleine Gesellschaft weiter durch den Wald.
An der Futterkrippe sehen sie das Wildschwein, das einen großen Eimer umgeworfen hat und nun schmatzend und schnaufend in dem Futter wühlt.
Nicht weit davon steht ein Hirsch mit einem stattlichen Geweih und wirft ab und zu einen verächtlichen Blick auf das Wildschwein.
Von ihm verdeckt stehen einige Rehe, die immer wieder einen scheuen Blick auf den Keiler werfen und dabei vorsichtig mit ihrem weichen Maul das Heu aus der Raufe rupfen.
Die Hasen schlagen einen großen Bogen um das gefräßige Tier und verstecken sich auch hinter dem Rücken das Hirsches.
Der Keiler aber beachtet sie gar nicht. Er hat bis auf den letzten Krümmel alles aufgefressen, dreht sich um und verschwindet laut grunzend im Wald.
Erleichtert atmen die Tiere auf und nun kann sie Erika mit dem Schneemann bekannt machen.
Sie erzählt ihnen, dass die Winterfee ihm erlaubt hat sich ein wenig umzusehen aber er beim ersten Sonnenstrahl wieder zu Hause sein muss.
Der Schneemann erlebt nun ein paar herrliche Stunden mit seinen neuen Freunden. Es wird viel erzählt und gelacht.
Dann sieht der Hirsch zum Himmel und meint.
„Bald geht die Sonne auf. Du musst nach Hause Schneemann ohne Namen.“
Alle verabschieden sich nun von ihm und begleiten ihn noch ein Stück. Das Eichkätzchen aber führt ihn aus dem Wald und als der Schneemann den Kirchturm sieht, weiß er wohin er laufen muss.
Und als die Sonne aufgeht und ihre ersten Strahlen auf die Erde sendet, steht der Schneemann wieder ohne Arme und Beine, still und stumm im Garten. Nur der Besen liegt neben ihm im Schnee.“


Frau Naumann schließt das Buch und legt es neben sich auf das kleine Tischchen. Sie nimmt die Brille ab und lächelt Ingelore an.
„Hat dir die Geschichte gefallen?“
Das Mädchen nickt mit strahlenden Augen.
Sein Blick gleitet zum Fenster, wo große Schneeflocken vom Himmel fallen und es springt auf.
„Ich muss nach Hause!“
„Aber warum so schnell?“

An der Tür dreht sich das Mädchen um.„Ich will einen Schneemann bauen!“

Das Lachen der beiden Frauen verfolgt sie bis auf die Straße.


Daheim angekommen, steckt sie kurz den Kopf durch die Tür und ruft:
„Oma, ich bin wieder da!“
Bald steht ein großer stattlicher Schneemann im Garten.
Später als Ingelore mit Minka im Arm im Bett liegt, denkt sie vor dem Einschlafen.
„Ob mein Schneemann heute Nacht auch spazieren geht?“
 Als Ingelore am nächsten Morgen mit der Schultasche unterm Arm das Haus verlässt, sieht sie, dass ihr Schneemann einen alten ausgefransten Strohhut trägt.
Das war doch der alte Hut der Oma, den Rosa, die Ziege angefressen hatte.
Das Mädchen blickt zurück zum Haus und sieht die Oma am Küchenfenster.
Grinsend hebt Ingelore die Hand und winkt und die Oma lächelt leicht und zaghaft winkt sie zurück.
Beschwingt eilt das Mädchen zur Schule.
Nachmittags um 15 Uhr steht sie wieder vor der
Villa Naumann.
Diesmal geht Frau Naumann gleich mit ins Arbeitszimmer und nimmt das Buch zur Hand.
Und während wunderbare weihnachtliche Gebilde unter den geschickten Händen von Ingelore entstehen hört sie aufmerksam zu.

Als Ingelore am nächsten Tag in die Villa kommt muss sie ihren Kakao mit Andrea allein trinken.

Etwas sehnsüchtig sieht sie später auf den verwaisten Sessel und das dicke Buch auf dem Tischchen.
Andrea, die den Blick bemerkt hat, lächelt.
„Meine Mutter muss heute etwas wichtiges erledigen, aber ich habe eine schöne CD mit Weihnachtsliedern.“
Und bald klingen die herrlichen Töne durch das adventlich geschmückte Zimmer.
Frau Naumann aber steht mit einer großen Tasche in der Hand vor dem ärmlichen Häuschen von Ingelores Oma und klopfte kräftig an die Tür.
Die alte Frau öffnet und sieht sie stumm an.
„Willst du mich nicht herein bitten, Marga?“
Diese dreht sich um und geht in Küche.
Frau Naumann folgt ihr schmunzelnd.
Sie zieht ihren eleganten Mantel aus legt ihn auf das Sofa neben dem Ofen und setzt sich an den Tisch.
Marga hat ihr den Rücken zugewendet und hantiert mit etwas herum.
„Möchtest du Tee?“
„Gerne!“
Bald stehen zwei dampfende Tassen vor ihnen und die alte Frau hat ihr gegenüber Platz genommen.
„Nun Marga, morgen ist Nikolaus und ich werde deiner Enkelin ein Paar Winterschuhe schenken, das will ich dir nur sagen, damit du aus deinem dummen Stolz heraus, dem Mädel nicht die Freude verdirbst.“
Marga presst unwillig die Lippen zusammen, doch
dann grinst sie.
„Christiane versuchst du wieder einmal mit mir dein Pausenbrot zu teilen?“
Die beiden prusten los, wie zwei junge Mädchen und der Bann ist gebrochen.
Und nun geht es ans erzählen, von früher, als sie noch Freundinnen waren.
„Weißt du?“ meint Marga versonnen, dass diese vier Jahr mit dir, meine schönsten Jahre waren?“
Christiane erschrickt ein wenig, sie war immer mit Liebe umgeben gewesen, und als sie ins Gymnasium kam hatte sie sofort viele neue Freundinnen gefunden und das kleine Mädchen aus der Dorfschule bald vergessen.
Aus einem Impuls heraus meint sie.
„Marga, lass uns unsere Freundschaft wieder erneuern. Wir sind beide nicht mehr jung und diesmal wollen wir keine Minute vergeuden.“
Sie reicht ihr die Hand und nach kurzem zögern schlägt diese ein.
Christiane aber greift in die Tasche und zieht ein Wollknäuel heraus.
„Ich möchte dich und Ingelore, die wir sehr ins Herz geschlossen haben für Heilig Abend zu uns einladen. Einen Wintermantel habe ich für deine Enkelin gekauft, er ist rot mit einem weißen Pelzkragen. Da du doch immer so schöne Handarbeiten machen konntest, dachte ich mir, du strickst für das Mädchen einen Schal, eine Mütze und Handschuhe dazu, vielleicht langt die Wolle auch noch für einen Muff.“
Marga nimmt die Wolle und hält sie an ihre Wange.
„Schön weich.“ murmelt sie.
Christiane lächelt.
„Erinnerst du dich noch, wie du für mich immer die Handarbeiten gemacht hast, wenn ich sie mal wieder total verkorkst hatte?“
Sie lächeln sich an.
„Übrigens hat Ingelore deine geschickten Hände geerbt, du sollst sehen welch herrliche Sterne sie gemacht hat für den Weihnachtsbasar. Überhaupt erinnert sie mich oft an dich, sie ist dir sehr ähnlich.“
Marga sieht stumm in ihr Tasse Tee, dann bricht es plötzlich aus ihr heraus.
„ Ach Christiane, ich habe alles falsch gemacht!
Ich habe Ulli geheiratet weil er so fröhlich war und es ihm gelang mich zum Lachen bringen. Du weißt wie streng und ernst mein Vater war und meine Mutter, die sich nie den Mund aufmachen traute.
Doch Ulli war ein Bruder Leichtfuß, dem das Geld nur so zwischen den Fingern verrann und wenn ich ihm Vorhaltungen machte, dann lachte er nur. Dann kam meine Dorle auf die Welt. Sie war ein so schönes Baby und ich liebte sie vom ersten Moment an. Ulli vergötterte seine hübsche Tochter und sie ihn. Er verwöhnte sie wie eine kleine Prinzessin und wenn ich schimpfte, dann war ich immer die böse Mama.
Als Ulli dann verunglückte hat Dorle sich total verändert. Sie redete nicht mehr mit mir und fing an sich mit Jungs herumzutreiben und dann verschwand sie eines Tages bei Nacht und Nebel.
Zehn Jahre später stand sie dann plötzlich mit Ingelore vor meiner Tür. Ich war so verbittert und habe ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen. Und kurz darauf war sie tot!“
Plötzlich fängt Marga zu weinen an, immer heftiger strömen die Tränen aus ihren Augen, als hätte sich ein Damm gelöst und die seit vielen Jahre zurückgehaltenen Tränen losgelassen.
Christiane sitzt ganz still da und legt nur ihre Hände über die verarbeiteten alten Hände ihrer Freundin.
Als das Schluchzen langsam weniger wird, reicht sie Marga ein Taschentuch.
Diese trocknet sich die Tränen und schnäuzt kräftig und steckt es in ihre Schürze, dann lächelt sie.
„Du bekommst es wieder, wenn ich es gewaschen habe, aber vielleicht behalte ich es auch, denn so ein schönes Taschentuch hatte ich noch nie.“
Christiane aber nimmt ihre Hand und sieht sie eindringlich an.
„Marga, wenn wir unsere Kinder zum ersten Mal im Arm halten, dann wissen wir nicht, ob wir immer alles richtig machen und was im Leben auf sie zu kommt und ob wir sie immer vor allem beschützen können. Deine Dorle hat den unruhigen Geist deines Mannes geerbt und sie ist ständig einem Glück nachgejagt, das es gar nicht gibt.
Dort wo sie jetzt ist, hat sie sicher ihren Frieden gefunden.“
„Ich weiß nicht, ob es in der Hölle so friedlich ist!“ meint Marga bitter.
„Marga, wie kommst du denn auf die dumme Idee, dein fehlgeleitetes Kind wäre in der Hölle!“
„Durch Pfarrer Broderick, er war kurz nach Dorles Tod bei uns und wetterte, dass meine Tochter nicht auf seinem Friedhof beerdigt werden würde. Eine so sündhafte Person, die sicher in der Hölle schmort, wäre eine Beleidigung für die vielen aufrechten und ehrlichen Bürger die dort beerdigt wären.“
Christiane schnaubt und flucht:
„So ein verdammter Idiot! Ich konnte den Broderick noch nie leiden, ein Glück dass er in Pension ist, dieser aufgeblasene Wichtigtuer!“
Magda sieht sie verwundert an, dann grinst sie.
„Christiane hast du soeben deine gute Erziehung vergessen?“
Die beiden prusten los wie zwei Teenager.
Doch dann wird Marga wieder ernst.
„Das schlimmste aber war, dass Ingelore auf einmal in der Tür stand und alles mit angehört hat.
Du musst aber nicht glauben,der alte Pfarrer wäre verlegen geworden und hätte freundlich zu dem Kind gesprochen. Nein, jetzt ging er auf Ingelore los, beschimpfte sie als Heidenkind, weil sie nicht getauft war und Kind der Sünde, das einmal neben ihrer Mutter in der Hölle schmoren würde.
Wochenlang hatte die Kleine danach Albträume.“
Christiane schwieg erschüttert.
„Wo liegt denn nun deine Dorle?“
„Ich habe in der Kreisstadt ein Urnengrab gekauft.“
Christiane nickt ernst und meint dann:
„Der neue Pfarrer Gietl ist ein moderner aufgeschlossener Mann, vielleicht kann man mit ihm reden und dein Dorle hierher überführen lassen.“
Margas Augen leuchten auf.
Lange noch reden die beiden Freundinnen miteinander und als Ingelore nach Hause kommt, ist sie ganz erstaunt Frau Naumann bei ihrer Oma zu sehen.
Diese verabschiedet sich und während sie nach Hause geht, denkt sie, wie viel die kleine Ingelore in ihren neun Jahren schon mitmachen musste und trotzdem so ein wunderbares Geschöpf war. So stark wie ihre Oma.

Als Ingelore heute in der Villa eintraf, empfing Grete sie mit einem Kichern, kopfschüttelnd betritt das Mädchen das Zimmer in dem Frau Naumann und ihre Tochter schon auf sie warten.
"Was hat Grete denn?"
"Die ist in Weihnachtsstimmung," lächelt Frau Naumann und als Ingelore sich gesetzt hat, beginnt sie zu lesen.  In diesem Moment pocht es an der Tür, Ketten rasseln und donnernd schlägt etwas blechernes zusammen.
Ingelore zuckt zusammen und blickt erschrocken zur Tür.
„Was ist denn da draußen los?“
Frau Naumann tauscht mit ihrer Tochter einen amüsierten Blick.
Gretchen hat es wohl zu sehr übertrieben.
Schmunzelnd meint Andrea.
„Nun Ingelore heute hat doch der St. Nikolaus Geburtstag. Vielleicht will er dir einen Besuch abstatten.“
Das Mädchen lacht.
„Der Nikolaus ist doch eine Legende und außerdem klang das so,als würden die Köchin und Gretchen einige Töpfe zusammen schlagen.“
Andrea beißt sich auf die Lippen, um nicht laut loszulachen.
Das Kind war einfach zu schlau.
„Weißt du was, wir sehen einfach mal nach.
Sie nimmt Ingelore an der Hand und öffnet die Tür.
Es ist niemand im Flur zu sehen.
Gretchen und die Köchin haben sich versteckt und beobachten leise kichernd was jetzt geschah.
Ingelore sucht mit den Augen den Flur ab dann fällt ihr Blick auf ein Paar wunderschöne Stiefel.
Sie lässt vor Freude einen Quietscher los und bückt sich.
Mit den Stiefeln unter dem Arm und einer Leinentasche in der anderen Hand kommt sie ins Zimmer zurück.
Sie stellt die Tasche vorsichtig auf den Tisch und setzt sich auf den Boden, um in die Stiefel zu schlüpfen.
Dann stolziert sie durch die Stube.
Frau Nauman beobachtet sie schmunzelnd.
„Und passen sie?“
Das Mädchen nickt begeistert, dann fällt sie abwechselnd Mutter und Tochter Naumann um den Hals.
„Danke, danke!“ stammelt sie.
Andrea lächelt. „Hast du denn schon in die Tasche
geguckt.“
Ingelore schüttelt den Kopf und eilt zum Tisch. Vorsichtig zieht sie ein Hexenhäuschen aus dem Beutel und betrachtet es entzückt.
Die Hexe stand vor dem Häuschen mit Hänsel und Gretel, auf dem Dach krümmte eine schwarze Katze ihren Rücken und die freie Fläche um die Figuren und zwischen den zwei kleine Tannenbäumen waren mit Süßigkeiten gefüllt.
„Dieses Hexenhäuschen bekam ich als Kind und nun bekommst du es von mir.“ sagt Andrea leise.
Ingelore streicht vorsichtig über die Porzellanfiguren und denkt träumerisch, wie schön es doch wäre, wenn Fräulein Naumann ihre Mutter sein könnte.
 
Abends als sie der Oma ihre Schätze zeigt, tat diese etwas, was sie bisher noch nie getan hatte.
Sie streicht ihr über den Kopf und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn.
An diesem Abend hat Ingelore der Katze Minka viel zu erzählen, als sie zusammen im Bett kuscheln.

Kurz vor dem 4. Adventssonntag und auch am letzten ihrer Basteltage, sitzt Frau Naumann wieder in ihrem gemütlichen Sessel mit der Brille auf der Nase und dem Buch auf dem Schoß.



 

„Der Stern von Bethlehem

Seit Tagen schon herrscht Aufregung im Himmel, die Engel schwirren umher, der Erzengel Gabriel ist noch strenger und alles war irgendwie anders als sonst.
Mauritzius ein kleiner Engel kauert auf einer Wolke, den Kopf in die Hand gestützt und grübelt darüber nach, was er gehört hat.
Gottes Sohn sollte als Seele in einen kleinen Jungen schlüpfen, den eine Maria einem Josef gebar.
Es hieß, er wolle die Menschen retten.
Mauritzius schüttelt sich bei dem Gedanken, dass der liebenswürdige und nette Sohn Gottes mitten unter diesen Menschen in Zukunft leben sollte.
Und warum müssen diese dummen Geschöpfe überhaupt gerettet werden.
Er, Mauritzius beobachtet sie öfter durch ein Loch in der Wolke und was er sah gefiel ihm gar nicht. Sie stritten, schlugen sich, betrogen sich und waren alles andere als nett zueinander. Dann führten sie wieder Kriege, um anderen ihr Land zu nehmen.
Man musste wohl so gut wie Gott sein, um sie trotzdem zu lieben.
Er, Maurtzius mochte die Menschen überhaupt nicht und bedauerte den lieben Sohn Gottes.
Gisbert sein Freund setzt sich neben ihn.
„Weißt du, dass seit Tagen ein Stern im großen Zimmer eingeschlossen ist.
Er soll den Weisen aus dem Morgenland den Weg zeigen und damit er nicht zu früh los fliegt, hat Gabriel ihn eingesperrt.“
Mauritzius zuckt die Schultern, er hat davon gehört und auch beobachtet wie die Engel sich um das Schlüsselloch scharrten, um einen Blick auf den wunderschönen Stern zu erhaschen.
Ihn interessiert dies nicht, denn er war viel zu traurig über die ganze Sache.
Gisbert zupfte ihn an der Schulter.
„Komm Gabriel hat den Schlüssel stecken lassen, wir wollen uns den Stern betrachten.
Lustlos folgt Maurtzius seinem Freund.
Es steckt tatsächlich der Schlüssel in der Tür.
„Pass auf, dass niemand kommt,“ flüstert Gisbert, dann dreht er den Schlüssel herum und öffnet vorsichtig die Tür.
Etwas stemmt sich dagegen, der Engel purzelt auf den Boden und der Stern schwebt an ihnen vorbei.
Mit offenem Mund starren die zwei Engel dem Stern hinterher.
„Hast du gesehen, wie schön er ist,“ flüstert Gisbert ehrfürchtig.
Mauritzius sieht ihn finster an. „ Ja und hast du bemerkt, dass er entwischt ist und viel zu früh auf der Erde ankommt?“
„Auweia!“
„Ja, auweia, steh auf, wir müssen ihn suchen, bevor er den Himmel verlässt.“
Sie laufen nun durch den Himmel dem Stern nach, dessen langen Schweif sie in der Ferne sehen können. Doch dann ist er auf einmal verschwunden.
Atemlos erreichen sie ein Loch in den Wolken und legen sich bäuchlings hin und sehen hinunter.
Weit unter ihnen schwebt der Stern der Erde entgegen.
„Wir müssen ihm nach und ihn suchen.“ meint Mauritzius entschlossen.
Gisbert wird blass, doch unter dem grimmigen Blick seines Freundes nickt er wenig begeistert.
Sie gehen zusammen zum Sandmännchen.
Natürlich liegt es im Bett und schläft tief und fest.
Schließlich ist es ja die ganze Nacht unterwegs.
Mauritzius rüttelt es sanft.
Das Sandmännchen dreht sich murmelnd um und schläft weiter.
„Bitte, Sandmännchen du musst uns helfen!“
Dieses öffnet die Augen und sieht die beiden Engel nicht gerade freundlich an.
„Wisst ihr Bengel denn nicht, dass ich die ganz Nacht unterwegs war?“
„Doch, aber der Stern von Gottes Sohn ist uns entwischt.“
Nun ist das Sandmännchen hellwach. Es grummelt in seinen Bart und sein Blick ist alles andere als freundlich.
„Ich vermute, ihr habt was damit zu tun?“
Die beiden Engel nicken schuldbewusst.
„Was wollt ihr dann von mir?“
„Kannst du uns helfen auf die Erde zu kommen.“
Seufzend verlässt das Sandmännchen sein warmes Bett, nimmt seinen Sack und folgt den Beiden zu der Wolke.
Er nimmt seinen Sternstaub und lässt ihn durch die Wolken rieseln. Eine breite glitzernde Straße ist zu sehen und die beiden Engel rutschen jubelnd hinunter.
Das Sandmännchen sieht ihnen einen Moment nach, dann dreht es sich um und schlurft zurück in seine Kammer.
Es bemerkt nicht den Erzengel Gabriel der mit verschränkten Armen und einem Lächeln das ganze beobachtet hat.
Mauritzius und Gisbert kommen unten an und landen mitten im Wüstensand.
In der Nähe stehen einige Kamele und glotzen sie dumm an.
Die Beiden rappeln sich auf und klopfen den Sand aus ihren Engelskleidchen.
Ein großes Zelt steht nicht weit vor ihnen und sie gehen vorsichtig darauf zu.
Einer alter Mann sitzt davor,um den Kopf ein weißes Tuch geschlungen und neben sich eine Wasserpfeife.
Er winkt sie heran.
„Ihr gehört wohl auch zu den Fremden, die zur Volkszählung nach Bethlehem wollen.“
„Nein, wir sind E...!“
Mauritzius gibt Gisbert einen Rempler.
„Ist es denn noch weit bis dorthin?“
„Zu Fuß drei Tage, ein beschwerlicher Weg, besonders barfuß.“
Er blickt auf die Füße der Engel.
„Habt wohl kein Geld!“
Er winkt einer jungen Frau und einem Jungen, die Wasserkrüge auf dem Kopf balancieren.
„Großvater , was willst du, wir wollen die Krüge zu Großmutter bringen,“ fragt das junge Mädchen.
Der Alte zeigt auf die Engel.
„Nehmt sie mit, die Großmutter soll ihnen zu Essen geben und Sandalen. Auch soll sie ihnen von der Kleidung von Sali etwas heraus suchen.“
Er wendet sich an die Engel.
„So könnt ihr nicht nach Bethlehem.
Diese kurzen Röckchen sind vielleicht dort geeignet, wo ihr herkommt. Aber hier bei uns brennt die Sonne unbarmherzig vom Himmel, da braucht ihr schon die richtige Kleidung.“
Das Mädchen und der Junge nehmen die beiden Engel mit und während der Junge Sandalen und Kleidung für sie zusammen sucht, setzt ihnen die alte Frau Fladen und Fisch vor.
Sie schöpft mit einer Kelle Wasser aus einem Krug und lässt sie davon trinken.
Nachdem sie sich dann angezogen haben, reicht ihnen die Frau einen großen Wasserschlauch.
„Gute Reise!“ wünscht sie.
Die beiden bedanken sich und als sie am Zelt vorbeikommen, winkt der Alte sie zu sich.
„Hier diesen Esel schenke ich euch. Er ist kräftig genug, euch beide zu tragen.“
Jetzt sehen sie Sali, der grinsend einen Esel hinter sich herzieht.
Die Engel steigen auf und der Alte, seine Frau und
ihre Enkelkinder winken ihnen nach und rufen:
„Gute Reise.“
Als sie eine Weile auf dem Esel geritten sind, meinte Gisbert:
„Diese Menschen waren sehr nett.“
Mauritzius schweigt.
Der Weg führte sie durch die endlose Wüste und sengende Hitze. Nur kurz halten sie an, trinken aus dem Wasserschlauch, gießen etwas in die hohlen Hände und geben dem Esel auch zu trinken.
Als die Sonne wie ein blutroter Ball untergeht, finden sie eine Höhle in der sie schlafen können.
Am nächsten Tag kommen sie in einen Ort.
Am Eingang steht eine kleine Lehmhütte und eine alte Frau tritt gerade heraus.
Sie beschattet die Augen mit der Hand und grüßt.
„Salem, seid ihr auch unterwegs nach Bethlehem zur Volkszählung?“
Die beiden Engel bejahen.
Mitleidig sieht sie ihre verstaubte Kleidung.
„Ihr werdet sicher Hunger und Durst haben. Dort hinten am Brunnen könnt ihr euch waschen.“
Mauritzius und Gisbert waschen sich und betreten dann die Hütte.
Ein Mann, eine junge Frau und zwei Kinder sitzen auf dem Boden und essen aus einer Schüssel.
Die alte Frau, die sie draußen begrüßt hatte, kommt aus dem Hintergrund der Hütte, in der Hand trägt sie einige Fladen. Sie reicht sie der jungen Frau die sie verteilt.
Die alte Frau aber bricht den Fladen, den sie in der Hand hält und gibt jedem der Engel einen Teil.
„Setzt euch und nehmt von dem Hirsebrei.“
Die anderen rückten ein wenig zusammen und still speisen sie, bis die große Schüssel geleert ist.
Der Mann erhebt sich und verlässt die Hütte.
„Mein Schwiegersohn muss aufs Feld.“ erklärt die Frau.
Die Kinder sehen ihre Mutter an.
„Dürfen wir spielen?“
Lächelnd nickt diese, dann wendet sie sich an ihre Gäste.
„Ich werde euren Wasserschlauch füllen und etwas Proviant richten, für eure Weiterreise.“
Und auch sie verlässt die Lehmhütte.
Die alte Frau aber wendet sich mit freundlichem Lächeln an die beiden Engel.
„Bis Sonnenuntergang werdet ihr den nächsten Ort erreicht haben.
Am Eingang steht eine ähnliche Hütte wie unsere, dort wohnt meine Schwester Sarah.
Sagt ihr, dass ihre Schwester Judith euch schickt und sie wird euch aufnehmen.“
Als sie eine Weile auf dem Esel geritten sind, meinte Gisbert begeistert.
„Die Menschen sind aber nett!“
Wieder schweigt Mauritzius.
Auch bei Sarah werden sie freundlich empfangen, bekommen zu Essen und ein Nachtlager.
Am nächsten Tag reiten sie weiter.
Am Nachmittag kommen sie zu einer großen Schafherde.
Die Hirten winken sie herbei und laden sie ein an ihrem Lagerfeuer Platz zu nehmen.
Großzügig werden sie mit Milch, Käse und Fladen bewirtet.
Auf einmal wird es hell und ein Engel erscheint.
Er verkündet den Hirten, dass der Retter geboren sei und als Kind in Windeln in einem Stall in Bethlehem liegt.
Die Hirten sind erst ganz benommen, doch dann stehen sie auf, nehmen zwei Schafe und Proviant und Milch für das Kind und wandern ins nahe gelegene Bethlehem.
Maurtzius und Gisbert folgen mit dem Esel.
In Bethlehmen herrscht großes Gedränge, denn viele Fremde sind in der Stadt und die Hirten stehen etwas ratlos und wissen nicht, in welchem Stall das Kind, das der Messias sein sollte, wohl war.
Mauritzius und Gisbert aber sehen den gesuchten Stern, der über einer Steingrotte schwebt und sie führen die Hirten dorthin.
Staunend scharren sich die rauen einfachen Männer um die Krippe und andächtig sinken sie auf die Knie, denn ein großen Leuchten umgab das kleine Kind.
Der Esel aber stößt ein freudiges „Iaaah“ aus und stellt sich neben die Krippe, auf deren anderen Seite bereits ein Ochse ist.
Plötzlich ist der Erzengel Gabriel da und legt jedem der beiden Engel die Hand auf die Schulter.
Beide werden blass und sehen schuldbewusst zu dem gestrengen Erzengel empor.
Dieser aber lächelt freundlich und erklärt.
„Der Stern von Bethlehem ist keineswegs zu früh auf die Erde gekommen. Gott wollte, dass ihr ihm folgt, damit du Mauritzius die Menschen kennen lernst. Denn es sind nicht alle böse und schlecht.
Es gibt viele gute Menschen und diese zu retten, ist das Opfer das Gott und sein Sohn bringen wohl wert.
Zweifle nie mehr an Gottes Weisheit, lieber Mauritzius.“
Dieser nickt errötend.
„Was wird aus dem Esel?“ fragt Gisbert, der das Tier lieb gewonnen hat.
Gabriel lächelt.
„Das ist der Esel, der die Heilige Familie nach Ägypten bringen wird, um sie vor König Herodes in Sicherheit zu bringen. Nun kommt.“
Und an jeder Hand einen Engel fliegt er in den Himmel.
Und wenn in Zukunft Mauritzius die Menschen durch ein Wolkenloch beobachtet, dann sieht er nicht mehr nur die Bösen, sondern er hält Ausschau nach den Guten.“
 

Frau Naumann lässt das Buch sinken.
„Nun, das ist wohl die letzte Geschichte. Morgen ist der vierte Advent und ihr werdet eure Basteleien auf dem Weihnachtsbasar verkaufen.“
Ingelore ist etwas enttäuscht. War jetzt die schöne in der Villa Naumann vorbei?
Als hätte Andrea ihre Gedanken erahnt, meint sie lächelnd.
„Kannst du morgen früh um sieben Uhr zu uns kommen, dann frühstücken wir gemeinsam und anschließend bauen wir vor der Kirche unsere Basteleien auf.
 Der Verkauf beginnt nach der zehn Uhr Messe, so ungefähr um elf .“
„Ach ja, und bring die Oma mit, die kann mir dann Gesellschaft leisten.“ lacht Frau Naumann.
Eine sehr glückliche Ingelore geht heute nach Haus.  

Am Ende findet Ingelore Weihnachten.
Nicht alles in dieser Geschichte ist erfunden, einiges beruht auf den Kindheitserinnerungen einer sehr guten Freundin, die mir erlaubt hat daraus eine Geschichte zu schreiben.  

Pünktlich um sieben Uhr stehen Marga und ihre Enkelin vor der Villa Naumann. Beide hatten sich fein gemacht.
Ingelore staunt über ihre Oma, die so anders auf einmal ist. Sie lacht und scherzt mit Frau Naumann. Verschwunden ist der strenge mürrische Blick und sie sieht auf einmal jünger und schöner aus.
Der Basar wird ein voller Erfolg. Die Leute scharren sich um ihren Tisch und viele bewundernde Laute ertönen, als sie die hübschen kleinen Krippen und die herrlichen Sterne sehen. Es sind viele Menschen auch aus den Nachbardörfern da und der Stand ist schon halb leer, als Ingelore ihre Oma und Frau Naumann, die Arm in Arm über den Platz schlendern, bemerkt.
Staunend betrachtet Marga die kleinen Krippen. Sie hebt eines der zarten Gebilde hoch und ruft überrascht, „aber da ist ja unsere Minka!“
Ingelore lächelt und freut sich, dass die Oma dies gleich erkannt hat.
Marga stellt die Krippe vorsichtig auf den Tisch und sieht ihre Enkelin stolz und voller Bewunderung an.
„Das hast du wunderschön gemacht. Du bist eine richtige Künstlerin.“
Ingelore läuft um den Tisch herum und fällt ihrer Oma um den Hals. Nach kurzem Zögern drückt diese sie fest an sich.
„Hallo, wird man hier nicht bedient!“ ruft ein älterer Mann etwas ungeduldig.
„Sofort!“
Marga und Christiane sehen noch eine Weile amüsiert zu, wie Ingelore mit dem Mann um den Preis feilscht, dann schlendern sie weiter, um auch die andern Tische zu betrachten.
Ingelore aber legt die Krippe, auf der Minka zu sehen ist, beiseite. Die sollte die Oma zu Weihnachten bekommen.
Andrea hatte ein längeres Gespräch mit Pfarrer Gietl und kommt nun wieder aus der Kirche.
Um ein Uhr war der Tisch leer. Alles war verkauft
und sie hatten beträchtliche Einnahmen, die für einen guten Zweck bestimmt waren.
Andrea zählte das Geld und liefert es dem Pfarrer ab, dieser kommt heraus und reicht Ingelore die Hand.
„Das hast du wirklich gut gemacht. Ich danke dir.“
Das Mädchen errötet vor Freude und macht einen Knicks.
Fräulein Naumann hatte recht, der neue Pfarrer war nicht wie Pfarrer Broderick.
In der Villa Naumann führt Andrea das Mädchen ins Arbeitszimmer.
„ Hier, ich habe noch weihnachtliches Geschenkpapier, damit kannst du die Krippe für deine Oma einpacken.“
Sie hilft ihr dabei und mit den Sternen, die Ingelore auch zurückbehalten hat, wird das Päckchen geschmückt.
Wie zwei Verschwörer betrachten sie ihr Werk.
„Du kannst es ja gleich hier lassen, da ihr sowieso den Heiligen Abend bei uns verbringt.“
Dann gehen sie ins Esszimmer, wo Gretchen bereits aufträgt.
Die vier feiern einen wunderschönen Advent zusammen und als Ingelore glücklich in ihrem Bett liegt, erzählt sie Minka, die geduldig mit geschlossenen Augen zuhört, von ihrem Glück.

Am Mittwoch war Hl. Abend.
Wie staunte Ingelore als sie im Wohnzimmer den großen bis zur Decke reichenden Christbaum sah.
Andrea setzt sich ans Klavier und sie singen Weihnachtlieder und in Ingelores Magen kribbelt es ganz komisch vor Freude und Glück.
Nun darf das Mädchen als erstes ihre Geschenke auspacken und die drei Erwachsenen beobachten sie gespannt.
Jubelnd hält Ingelore den roten Wintermantel an sich und jubelt weiter, als sie die dazu passende Mütze, Schal, Handschuhe und noch einen hübschen kleinen Muff auspackt.
Nun liegt noch ein schweres dickes Paket auf dem Tischchen und als sie das schöne bunte Papier entfernt, kommt das Geschichtenbuch zum Vorschein.
„Damit du auch die anderen Geschichten noch lesen kannst.“ meint Frau Naumann lächelnd.
Das glückliche Mädchen fällt den Dreien abwechselnd um den Hals.
Nun ist Marga dran. Mutter und Tochter Naumann habe sich gegenseitig nichts geschenkt und auch ihre Gäste gebeten, es nicht zu tun.
Zuerst öffnet sie das Geschenk von Ingelore und ist gerührt, als sie die Krippe sieht, die ihr so besonders gut gefallen hat.
Sie nimmt das Mädchen am Kopf und gibt ihr einen liebevollen Kuss.
In dem anderen Paket befindet sich ein Wintermantel und die dazu passende Pelzmütze.
Sie ist ganz stumm vor Freude und hält sich die Mütze an ihre Wange.
Tränen schimmern in ihren Augen und rinnen die Wangen runter, als sie dann den großen Umschlag aufmacht,auf dem ihr Name seht und die beiden Schreiben liest.
Sie umarmt ihre Freundin Christiane.
Das eine war eine Urkunde über eine Grabstätte hier im Ort und das andere eine Bestätigung,
dass am 8. Januar um 10.15 Uhr die Urne der
Dorle Benken von der Kreisstadt P in den Ort S überführt wird.
Marga muss sich setzen und Ingelore sitzt neben ihr und legt ihren Kopf an ihre Schulter.
Die Damen Naumann betrachten die Beiden gerührt.
Vergnügt wird später gefeiert bei, Ingelore zuliebe, Kinderpunsch und Plätzchen.
In der Christmette sitzt Ingelore dann zwischen ihrer Oma und den Damen Naumann.
Nun weiß sie,was das Fest Weihnachten bedeutet.
Es hat mit Liebe zu tun, mit viel Liebe, die man geschenkt bekommt und weiter verschenkt.
Ihr Blick streift Andrea, die sie heute gefragt hat, ob sie sich im Januar taufen lassen will.
Und Andrea wird ihre Taufpatin.
Ingelore lächelt.
Eine Taufpatin war ja auch so etwas ähnliches wie eine Mutter.
Und als sie alle aufstanden und das herrliche Lied:
Stille Nacht, Heilige Nacht... sangen, da sieht Ingelore nach vorne zu dem Jesuskind in der Krippe und ihr Lippen formen: „Danke!“


(c) Lore Platz